Joint statt Alkohol
41-jähriger Oberallgäuer wegen Cannabis-Anbaus verurteilt – Droge sollte Alternative zum Trinken sein
SONTHOFEN/IMMENSTADT (std) Weil er in seiner Wohnung Marihuana angebaut hat, saß ein 41-Jähriger aus Immenstadt jetzt auf der Anklagebank des Amtsgerichts Sonthofen. Im Juli wurden bei ihm drei Cannabis-Pflanzen im Schlafzimmer und vier auf dem Balkon sichergestellt. Im abgeernteten und getrockneten Zustand erreichten sie ein Gewicht von über 130 Gramm – eine juristisch „nicht geringe Menge“. Daneben wurden weiteres Marihuana sowie Cannabis-Samen entdeckt. Vor Gericht zeigte sich der Immenstädter reumütig: „Ich weiß, dass das nicht rechtens war.“
Er habe sich jedoch nicht anders zu helfen gewusst. Der 41-Jährige sagte, dass er seit 20 Jahren starker Alkoholiker sei. Als Folgeerscheinung wurde bei ihm nun eine Leberzirrhose festgestellt. „Die Krankenkasse will eine Behandlung nicht zahlen, deshalb wollte ich selbst etwas gegen die Schmerzen unternehmen.“Ihm sei nach der Diagnose bewusst geworden, dass jeder Tropfen Alkohol von nun an lebensgefährlich wäre, die Sucht aber immer noch da sei.
„Weil ich früher auch schon Drogen genommen habe, wusste ich, dass ich nach einem Joint kein Verlangen mehr nach Alkohol habe.“Deshalb habe er begonnen, Marihuana-Pflanzen anzubauen. Die Droge sollte nicht nur die Schmerzen lindern, sondern auch eine Alternative zum Alkohol sein. „Aber wirklich nur für den Eigenbedarf“, sagte der Angeklagte. Sein 15-jähriger Sohn, der ebenfalls in der Wohnung lebt, habe das gewusst und selbst nie einen Joint geraucht.
Angeklagter: Leben nun im Griff
Der 41-Jährige gab weiter an, dass er sich kurz nach der Entdeckung seiner Zuchtanlage in eine Kemptener Klinik habe einweisen lassen. Dort mache er nun einen Entzug. „Ich trinke seit einem halben Jahr keinen Alkohol mehr.“Der Suchtdruck sei verschwunden und er habe sein Leben nun „im Griff“. Auch das Verhältnis zum Sohn habe sich gebessert. „Er ist stolz auf mich, dass ich das durchziehe.“
Richterin Brigitte Gramatte-Dresse sprach den Angeklagten anschließend noch auf Bilder an, die auf dem sichergestellten Handy gefunden wurden. Darauf zu sehen: Adolf Hitler. „Die bekommt man halt zugeschickt“, erwiderte der 41-Jährige schulterzuckend und erntete dafür ein Kopfschütteln.
Bei der Urteilsverkündung merkte Gramatte-Dresse an, dass der notwendige Verzicht auf Alkohol kein Argument dafür sei, Marihuana zu nehmen oder anzubauen. Auch die Nähe des Sohnes zu den Drogen sei bedenklich. „Sie müssen sich für die Zukunft etwas anderes einfallen lassen.“Das sichergestellte Cannabis sei jedoch nur knapp über einer „nicht geringen Menge“gewesen. Zudem zeuge die Teilnahme des Angeklagten an dem Suchtprogramm im Krankenhaus von gutem Willen.
Die Richterin verurteilte den 41-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Er muss zudem 1500 Euro an die Suchtberatungsund Behandlungsstelle der Caritas in Sonthofen zahlen. Auch das Entzugs-Programm darf nicht unterbrochen werden. Die Bewährungszeit läuft drei Jahre. Zusätzlich muss der Angeklagte einen Aufsatz verfassen, in dem er sich mit Hitler und den verübten Gräueltaten persönlich auseinandersetzt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
„Weil ich früher auch schon Drogen genommen habe, wusste ich, dass ich nach einem Joint kein Verlangen mehr nach Alkohol habe.“Der Angeklagte vor Gericht