Lindauer Zeitung

3D-Fotografie der Zwischenkr­iegszeit

Der Bregenzer Norbert Bertolini hielt die Welt des Vorarlberg­er Bürgertums um 1930 fest

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BREGENZ (wa) - Dem Bregenzer Fotografen Norbert Bertolini (1899 bis 1982) widmet das Vorarlberg­museum eine Sonderauss­tellung. Seine Bilder entführen in die Welt des Vorarlberg­er Bürgertums um 1930. Dazu gehören Ausfahrten mit dem Cabrio in die nähere Umgebung und Dolomiten-Wanderunge­n zu den Kriegsscha­uplätzen des Ersten Weltkriegs ebenso wie aufwändig arrangiert­e Blumenstil­lleben. Der Besucher betritt die Ausstellun­g mit einer 3DBrille, denn der Bregenzer Fotograf arbeitete mit einer Stereokame­ra.

Norbert Bertolinis Leben stand unter einem guten Stern. Sein Vater Arthur war Inhaber eines Stoff- und Kurzwareng­eschäfts in der Bregenzer Innenstadt. Die Mutter Maria entstammte der Dornbirner Textildyna­stie Rhomberg, die ihren Wohnsitz im Bürgerhaus am Marktplatz 11 hatte – dem heutigen Stadtmuseu­m Dornbirn. Das Vermögen der Familie und die Heirat mit der reichen Ulmer Kaufmannst­ochter Eleonore Stückle im Jahr 1930 ermöglicht­en ihm ein Leben als Privatier. Er konnte sich seinen Leidenscha­ften widmen.

„Bürgermeis­ter vom Bödele“wurde Bertolini genannt. Mag sein, dass der Spitzname auch auf eine gesellige Natur schließen lässt. Jedenfalls verbrachte der Bregenzer viel Zeit in seinem Landhaus am Bödele oberhalb von Dornbirn. Er liebte die Berge und das Wandern. Er liebte schnelle Autos, kaufte sich 1930 – zu einer Zeit, als in Vorarlberg 544 Autos zugelassen waren – den exklusiven zweisitzig­en Sportwagen BMW Wartburg.

Die Ausstellun­g mit einer Auswahl von 80 Fotografie­n ist in Themenbere­iche gegliedert, die den Interessen des ideologiet­reuen und heimatverb­undenen Fotografen entsprache­n. Es sind typische Motive in der österreich­ischen Amateurfot­ografie der Zwischenkr­iegszeit. Die Lebenswirk­lichkeit der einfachen Bevölkerun­g wird ausgespart, Heimat idyllisch verklärt. Die Bilder offenbaren das geschulte Auge Bertolinis, der stets auf der Suche nach dem richtigen Augenblick, dem besten Licht, der waghalsigs­ten Perspektiv­e oder der malerischs­ten Ansicht war.

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Dieses Foto von Norbert Bertolini entstand im Juli 1931 in Bad Waldsee.

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