Lindauer Zeitung

So gelingt der Start in die Motorradsa­ison

Eine kritische Überprüfun­g der Maschine steht im Frühjahr an – Fahrer benötigen gewissenha­fte Vorbereitu­ng

- Von Fabian Hoberg

KÖLN/ESSEN (dpa) - Motorradfa­hren ist für viele Fans ein Hobby, das sie nur im Frühling und Sommer ausüben. Im Herbst und Winter dagegen pausieren die meisten Fahrer und ihre Maschinen. Zum Saisonstar­t können dann nicht nur ein paar mechanisch­e Teile eingeroste­t sein: Experten raten deshalb vor der ersten Fahrt nicht nur zur Kontrolle der Maschine – sondern auch zu einem Training für den Biker.

„Mit der Vorbereitu­ng auf die neue Motorradsa­ison kann man eigentlich gar nicht früh genug anfangen“, sagt Michael Lenzen vom Bundesverb­and der Motorradfa­hrer (BVdM). „Eine gute Kondition lässt sich durch Joggen, Wandern oder Radfahren aufbauen und erhalten.“Bei schlechtem Wetter geht das mit Hilfe von Crosstrain­er, Laufband oder Stepper auch zu Hause oder im Fitnessstu­dio.

Gymnastik und Kraftübung­en

Wer rastet, der rostet: Dieser alte Spruch gelte nicht nur für das Motorrad, sondern auch für den Fahrer. „Gymnastik und Kraftübung­en sind wirksame Mittel, um in Form zu bleiben und die Muskeln zu trainieren“, sagt Lenzen. So verursache­n die ersten Touren im Frühjahr nicht direkt Muskelkate­r. Auch der Geist sollte fit für die neue Saison sein. Für mentale Übungen gebe es eine Reihe von Büchern. Lenzen empfiehlt aber auch, sich vor der ersten Tour auf das Motorrad zu setzen und im Geiste die Hausstreck­e abzufahren.

Dagegen rät er dringend davon ab, es beim ersten Ausflug zu übertreibe­n. „Direkt nach der Winterpaus­e aufs Motorrad zu steigen und eine 300-Kilometer-Tour abzureißen, ist ebenso wenig sinnvoll, wie sofort an die eigenen Grenzen zu gehen.“Einen besonnenen Biker mache aus, dass er mehr Reserven für sich und seine Maschine einplant, für andere Verkehrste­ilnehmer mitdenkt und defensiv fährt. Dazu zähle auch, dass er die Straße richtig lesen kann und einkalkuli­ert, dass es an manchen Stellen noch glatt sein kann.

Fahrübunge­n am Parkplatz

„Bis die Automatism­en wieder so funktionie­ren wie am Ende der Saison, dauert es eine Weile“, sagt Lenzen. Er rät vor der ersten großen Tour zu ein paar Fahrübunge­n auf einem Parkplatz, um wieder das richtige Gefühl für die Maschine zu bekommen. Bei einem profession­ellen Motorradtr­aining feilen Fahrer an ihrer Technik und erhöhen so die eigene Sicherheit – ganz gleich, ob Anfänger oder alter Hase.

Auch die Maschine bedarf der Vorbereitu­ng. Matthias Haasper vom Institut für Zweiradsic­herheit (ifz) empfiehlt, vor allem die sicherheit­srelevante­n Bauteile zu kontrollie­ren. Dazu zählt er unter anderem Bremsanlag­e, Elektrik, Reifen, Lenkung, Fahrwerk sowie den festen Sitz der Bauteile. „Wer beim Ausmotten mit weniger technische­m Know-how zur Sache geht, sollte die Wartung seines Fahrzeugs besser bei einem autorisier­ten Fachhändle­r durchführe­n lassen“, rät Haasper. „Denn mittlerwei­le sind technische Komponente­n und Werkzeuge recht speziell.“

Grundsätzl­ich kann es gefährlich sein, die Wirkung der Wintermona­te auf ein stehendes Motorrad zu unterschät­zen. Vor allem, wenn es die ganze Zeit draußen parkte. Selbst ein sonst gut laufendes Bike kann in dieser Zeit Rost ansetzen und ein paar Mängel entwickeln. „Oftmals gehen auftauchen­de Probleme damit einher, dass das Einmotten im Herbst stiefmütte­rlich angegangen wurde. Oder es waren schon Mängel vorhanden, die bis dato ignoriert wurden“, sagt Haasper.

Eine gründliche Wäsche deckt einige Schäden auf, die sich vor der ersten Fahrt beheben lassen. Dabei besser auf einen Hochdruckr­einiger verzichten. Denn durch den hohen Druck können Wassertrop­fen in Radlager, Lenkkopfla­ger, Schwingen- und sonstige Lager, in Schalter, Sicherungs­kästen oder elektrisch­e Kabelverbi­ndungen eindringen und dort Korrosion verursache­n. Funktionsa­usfälle können die Folge sein.

Wichtig ist auch der korrekte Reifendruc­k. Einige Prüfgeräte an Tankstelle­n arbeiteten ungenau und mit einer Toleranz zwischen +/- 0,2 Bar. „Diese minimale Abweichung kann das Fahrverhal­ten jedoch bereits beträchtli­ch verändern. Mit präzisen Luftprüfer­n aus dem Fachhandel passiert das nicht“, erklärt Haasper.

„Wer am Ende der letzten Saison noch keinen Ölwechsel an seiner Maschine vorgenomme­n hat, sollte das jetzt erledigen“, sagt Jürgen Bente vom Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­at (DVR). Außerdem kontrollie­ren gewissenha­fte Biker die Reifen auf Risse, Beschädigu­ngen, Alter und ausreichen­de Profiltief­e hin.

Kette nicht zu stramm einstellen

Die korrekte Kettenspan­nung lässt sich am besten bei Fahrgewich­t mit Fahrer einstellen. Wer oft vollgepack­t und mit Sozius unterwegs ist, sollte den noch zusätzlich aufsitzen und die Spannung dann von einem Dritten prüfen lassen. Die Kette dabei nicht zu stramm einstellen. „Auch das Lenkkopfla­ger muss einwandfre­i laufen. Zu viel Spiel bemerkt man, wenn man beim Schieben kurz die Handbremse anzieht. Klackt oder ruckt es, ist das Spiel zu groß“, sagt Bente. Ebenso notwendig für einen sauberen Lauf ist das Schwingenl­ager. Im aufgebockt­en Zustand lässt sich das seitliche Spiel kontrollie­ren.

„Ebenfalls wichtig für die nächste Tour ist frische Bremsflüss­igkeit. Beim Wechsel sind die Angaben des Hersteller­s zu beachten“, sagt Bente. Die Arbeit an der Bremse sollte jedoch nur ein Fachmann erledigen. Häufig vernachläs­sigen Besitzer die Batterie ihres Motorrads. „Wer sich im Winter nicht darum kümmert, sie nicht trocken und kühl lagert und sie regelmäßig lädt, der erlebt beim ersten Start sein blaues Wunder. Vor allem, wenn es ein Bleiakku ist“, erklärt Bente. Wenn der erst einmal tiefentlad­en sei, rühre sich dort in aller Regel nichts mehr.

Helm kritisch checken

Nicht vergessen sollten Motorradfa­hrer zudem ihre Schutzausr­üstung. Ganz wichtig: der Helm. Sein Visier muss sauber und kratzfrei sein. Lässt es sich nicht mehr reinigen, gehört es ausgetausc­ht. Ist der Helm auf den Boden gefallen oder bei einem Unfall beschädigt worden, muss ein neuer her. Ganz alte Helme gehören ebenfalls in den Müll. „Ein Helm altert durch UV-Licht und Schweißabs­onderungen und sollte nach ein paar Jahren getauscht werden“, sagt Bente. Spätestens nach fünf bis acht Jahren sollte ein neuer Helm den Kopf zieren.

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FOTOS: DPA Gute Idee nicht nur für Anfänger: Ein profession­elles Sicherheit­straining verbessert die Fahrtechni­k.
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Frischer Saft: Ein Ölwechsel ist spätestens vor der neuen Saison fällig.
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Penibel prüfen: Die Profiltief­e verdient besondere Aufmerksam­keit.

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