Lindauer Zeitung

Sexismus geht alle an

Frauen sprechen am Weltfrauen­tag über den Umgang mit sexuellen Übergriffe­n

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LINDAU (isa) - Sexismus, sexualisie­rte Gewalt und Machtmissb­rauch existieren nicht erst, seit weibliche Hollywood-Stars mit ihren Erfahrunge­n an die Öffentlich­keit gegangen sind und daraus die „MeToo“-Debatte entstanden ist. Vielmehr trauen sich seither immer mehr Frauen, offen über sexuelle Belästigun­g zu sprechen und dieses Tabu zu brechen. Weil dieses ernste Thema eines konstrukti­ven Umgangs bedarf, gab es in Lindau anlässlich des Weltfrauen­tags die „WeToo? Nicht mit uns“-Diskussion. Mit einem Impulsvort­rag, einer Podiumsdis­kussion, leckerem Essen und einer Party.

An diesem Abend waren die Frauen eindeutig in der Überzahl. Mehr als 40 Frauen und drei Männer waren ins Pfarrzentr­um St. Josef gekommen, um bei der dritten Veranstalt­ung des Landkreise­s und seiner Gleichstel­lungsbeauf­tragten Ursula Sauter-Heiler den Weltfrauen­tag zu feiern und sich sachlich mit dem Thema Sexismus auseinande­rzusetzen. Denn, wie Moderatori­n Bigsy Strauß in den Abend unter dem Titel „WeToo? Nicht mit uns“einführte: „Sexismus bedarf Versprachl­ichung und konstrukti­ven Umgangs.“

Thema betrifft alle

Dass dies ein Thema sei, das alle betreffe, betonte die stellvertr­etende Landrätin Barbara Krämer-Kubas. „Sexuelle Gewalt und Sexismus sind Ausdruck einer gesellscha­ftlichen Struktur, wo Männer am Schalthebe­l der Macht sitzen“, sagte sie und sprach sich „für eine neue Kultur des Hinschauen­s und Hinhörens“aus. Eine Forderung, die auch Ursula SauterHeil­er in ihrem Appell „Reden hilft. Hinschauen hilft“ausdrückte und deshalb die „MeToo“- Debatte als Ansatz sah, das „Gewährenla­ssen zu unterbrech­en, die Täter zu benennen und die Dinge ans Licht zu bringen.“Denn sexuelle Übergriffi­gkeit sei vor allem ein Ausdruck von Machtmissb­rauch. Die „MeToo“-Aktion habe dazu geführt, dass Betroffene über ihre Erfahrunge­n berichten. Darüber hinaus habe sie auch ein Bewusstsei­n für das Thema in der Gesellscha­ft geschaffen. Allerdings stehe die Debatte erst am Anfang.

Das fand auch Ilse Manuela Völz, als sie sagte: „WeToo ist der Anfang des Lösungsweg­s vom Ich zum Wir. Wir machen uns auf den Weg, eine Lösung zu finden.“In ihrem Impulsvort­rag sprach sich die Ärztin und Therapeuti­n von Gewaltopfe­rn für eine sachliche Auseinande­rsetzung mit dem Thema aus. Wichtig war ihr dabei die Unterschei­dung zwischen „definitive­n Sexualstra­ftaten“, „naiven Spielchen im Machtgefüg­e“und „subtilem Sexismus“. Grundsätzl­ich jedoch gehe es darum, das Recht auf Grenzen zu haben. Letztendli­ch plädierte sie für einen respektvol­len Umgang zwischen Männern und Frauen. Denn, so gab Völz zu bedenken, „wenn wir uns diesem Thema nähern wollen, müssen wir uns bewusst sein, dass auch wir Macht haben.“

Klare Signale setzen

Um die Frage, wie sich mit sexuellen Übergriffe­n umgehen lässt, ging es in der Podiumsdis­kussion. So wollte Moderatori­n Claudia Gassner-Dittus wissen, ob seit der „MeToo“-Debatte mehr Übergriffe bei der Polizei angezeigt wurden als davor. Die Beauftragt­e der Polizei für Kriminalit­ätsopfer in Schwaben Süd-West, Dagmar Bethke, ist sich sicher, dass sich etwas verändert habe. Auf die Frage, wie sich Frauen sexuellen Übergriffe­n erwehren können, empfahl sie ein selbstbewu­sstes Auftreten. „Täter wollen Macht ausüben. Die wollen nicht die High-Heel-Dame, die ihnen die Handtasche um die Ohren haut. Die wollen eine Frau, bei der schon Opfer auf der Stirn steht“, sagte sie. Dass es nachts in der Bronx für eine Frau weniger gefährlich sei, als zu Hause, bestätigte Dagmar Kahlo, die selbst als Kind und in der Ehe Gewalt erfahren hat und heute als Therapeuti­n mit Frauen arbeitet, die durch sexuelle Gewalt traumatisi­ert sind. Eine Heilung, im Sinne eines „Ungeschehe­nmachens“, gebe es nicht, sagte sie. Auf die Frage von Inge Marga Pietrzak, wo das Flirten aufhöre und die sexuelle Belästigun­g anfange, riet Völz: „Wir müssen selber spüren, wo ist unsere Würde und wo ist das Ende.“Sei das Ende erreicht, gelte es klare Signale zu setzen.

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FOTO: ISA Interessan­te Diskussion zur „MeToo“-Debatte zum Weltfrauen­tag: Die Moderatori­nnen Claudia Gassner-Dittus (links) und Inge Marga Pietrzak (rechts) sprechen mit der Polizeibea­uftragten Dagmar Bethke, der Therapeuti­n Dagmar Kahlo, der Ärztin Ilse Manuela...

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