400 Flüchtlinge finden keine Wohnung
Sogenannte Fehlbeleger sind im Landkreis immer noch ein Problem.
LINDAU - Fast 400 anerkannte Asylbewerber leben in den Flüchtlingsunterkünften im Landkreis. Dabei sollten sie diese längst verlassen haben. Denn mit der Anerkennung kommt auch die Pflicht, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Doch die Chancen stehen schlecht.
„Sobald die betroffenen Personen einen Anerkennungsbescheid erhalten haben, besteht kein Anspruch auf Unterbringung in einer Flüchtlingsunterkunft mehr“, schreibt Sibylle Ehreiser, Sprecherin des Lindauer Landratsamts. Dann bekommen die Flüchtlinge regelmäßig Post: Die Regierung von Unterfranken, genauer die zentrale Gebührenabrechnungsstelle in Mellrichstadt, fordert sie auf, die Unterkunft zu verlassen. „Dies gestaltet sich, vor allem in einer attraktiven Urlaubs- und Zuzugsregion wie der Bodenseeregion und dem Allgäu, sehr schwer“, so Ehreiser.
Landratsamt sucht weitere Vermieter
Damit sie nicht auf der Straße landen, werden die sogenannten Fehlbeleger in den Unterkünften geduldet. Denn Platz gibt es in den Flüchtlingsunterkünften im Kreis genug: Dort sind derzeit etwa 270 Betten unbelegt. Statt einer Miete zahlen Flüchtlinge in den Unterkünften eine Gebühr. Unabhängig von der Größe der Unterkunft sind das 278 Euro für eine alleinstehende Person, jedes weitere Familienmitglied kostet 95 Euro.
Dazu kommt noch pro Person eine Gebühr für Nebenkosten und, bei Unterkünften mit Verpflegung, eine Verpflegungspauschale. Vermieter scheuen sich oft davor, ihre Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten. Im vergangenen Sommer berichtete die Lindauer Zeitung über eine junge Afrikanerin, die für sich und ihre beiden Kinder eine Wohnung gesucht hatte. Eine Flüchtlingshelferin erzählte damals, dass viele Wohnungseigentümer ganz offen zugegegeben hatten, grundsätzlich nicht an Flüchtlinge zu vermieten.
Seitdem hat sich nicht viel getan: Noch immer sind etwa die Hälfte der insgesamt rund 750 Flüchtlinge in den Unterkünften im Kreis Fehlbeleger. „Aufgrund des extrem angespannten Wohnungsmarktes im ganzen Landkreis ist die Chance nicht sehr groß, dass ein größerer Teil der Flüchtlinge in absehbarer Zeit hier eine eigene Wohnung findet“, schreibt Ehreiser. Viele Flüchtlinge hätten dies bereits erkannt und versuchten, in anderen Landkreisen eine Wohnung zu finden.
Für anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge ist eine eigene Wohnung ein wichtiger Schritt in Richtung Selbstständigkeit und Integration. Aus diesem Grund hat das Landratsamt jüngst eine Wohnraumbörse ins Leben gerufen. Sie soll anerkannte Flüchtlinge bei der Wohnungssuche unterstützen. Mitarbeiter des Landratsamts und Ehrenamtliche wollen dabei helfen, auf die Problematik aufmerksam zu machen und Hemmschwellen seitens der Vermieter zu senken.
Landratsamt darf Unterkünfte untervermieten
Das Landratsamt darf Flüchtlingsunterkünfte mittlerweile auch anderweitig und nicht mehr nur an Flüchtlinge vermieten. Im August vergangenen Jahres war zum Beispiel die Bundespolizei vorübergehend in eine Flüchtlingsunterkunft in Weiler gezogen. „Auch auf Drängen der Landräte hat die Staatsregierung die Kreisverwaltungsbehörden tatsächlich ermächtigt, leer stehende Flüchtlingsunterkünfte unterzuvermieten“, schreibt Landrat Elmar Stegmann auf Anfrage der LZ. Das war zunächst nicht möglich gewesen: Der Freistaat Bayern ist Mieter der Unterkünfte und hatte die Unterkünfte zunächst nicht für eine andere Nutzung frei gegeben.
Stegmann stellt klar: Ziel ist der Abbau von Leerständen in den Flüchtlingsunterkünften, nicht der Aufbau eines Untervermietungssystems für Fehlbeleger. „Bei Fehlbelegern ist das vorrangige Ziel die Vermittlung auf den normalen Wohnungsmarkt.“