Die eigentliche Oscar-Party steigt in Oberreitnau
Julia Drache hat noch viele Pläne - Ihre Schwester lernt deutschen Oscar-Preisträger im Hotel kennen
LINDAU - Auch wenn es nicht mit dem Oscar geklappt hat: Die Nominierung hat das Leben der Drehbuchautorin Julia Drache ganz schön auf den Kopf gestellt. Aufträge flattern ins Haus, neue Projekte und Kontakte entstehen. Auch ihre Schwester Jessica Hildebrandt hatte in Los Angeles eine Begegnung, die sie so schnell nicht vergessen wird. Und das, obwohl sie in Los Angeles nicht mal bei der Verleihung dabei sein konnte.
Die Trost-Schoko-Oscars, die es auf der Afterparty gab, sind längst verspeist. Aber wer braucht schon LA wenn Oberreitnau wartet? Denn die richtige After-Oscar-Party fand ohnehin erst am Wochenende in Oberreitnau statt. Dazu hatte ihr Schwager, der Mann von Jessica, eingeladen, und Familie, Freunde und natürlich die Kinder von Julia Drache haben kräftig gefeiert. „Wer kriegt schon so eine Party, obwohl man nicht gewonnen hat?“, sagt Julia Drache lachend. „Ich weiß, alle sagen, dass sie nicht enttäuscht sind. Aber ich bin es wirklich nicht.“Wer sie strahlen sieht, glaubt ihr.
Julia Drache hat sich im Fernsehen die ganze Verleihung in Ruhe noch einmal angeschaut. „Im Publikum war es total laut“, sagt sie, vieles habe sie gar nicht mitbekommen. Vermutlich war sie auch etwas abgelenkt von der Prominenz rundherum. Schließlich hatte sie zuvor auf dem roten Teppich ihren Lieblingsregisseur Ruben Östlund („The Square“) getroffen. „Da dachte ich, ich fall in Ohnmacht“, gesteht die 36Jährige. Ist sie aber nicht, sie haben sich sogar kurz unterhalten.
„Es war gut, die große Schwester dazuhaben“, sagt Julia Drache. Jessica Hildebrandt war mit ihrer besten Freundin nach Los Angeles geflogen, um ihrer Schwester beizustehen. Auch wenn sie nicht ins Dolby Theatre kam: Jessica war ein große Stütze für die etwas kränkelnde Oscarhoffnung, die sie kurzerhand in ihr Hotelbett verfrachtete. Und als ein Fahrer fehlte, übernahm Jessica Hildebrandt auch schnell noch den Chauffeurdienst vors Theater. Immerhin kam sie so dem roten Teppich ganz nah.
Preisträger Gerd Nefzer hilft beim Selfie
Das war nicht ihr einziges Oscar-Erlebnis. Als Jessica am Morgen nach der Verleihung mit ihrer Freundin versuchte, auf der Dachterrasse des Hotels ein Selfie zu machen, wurde ein Mann auf sie aufmerksam. „Wir haben uns etwas blöd angestellt, weil wir das nicht so häufig machen“, sagt Jessica Hildebrandt lachend. Er und seine Frau freuten sich, den wohlvertrauten schwäbischen Dialekt zu hören. „Ich erzählte, dass meine Schwester für den Oscar nominiert war, dass es aber nicht geklappt hat“, so Jessica Hildebrandt weiter. Der Mann meinte dann: „Aber bei mir hat es geklappt“. Es stellte sich heraus, dass es Gerd Nefzer war, der den Oscar für die besten visuellen Effekte gewonnen hatte. „Er hat sich so gefreut“, sagt Jessica begeistert, „er ist ein richtig netter Mensch.“Da Nefzer den gleichen Rückflug gebucht hatte, wollte er ihnen später noch den Oscar, den er im Handgepäck hatte, zeigen. Aber im Flieger haben sie sich dann doch verpasst. „Im A380 waren mehr als 500 Leute“, sagt Jessica. „Der Kapitän hat aber noch durchgesagt, dass ein Oscarpreisträger an Bord ist.“
Die Geschichte ihres Vaters zu verfilmen ist ihr „großer Traum“
Die Drehbuchautorin Julia Drache ist gefragt. „Ich habe im Januar erst mal alles angenommen“, sagt Drache, die an Komödie, Drama und Sitcom gleichzeitig schreibt. In nächster Zeit stehen zwei große Pläne an: Sie arbeitet mit ihrem Freund Steffen Gerdes an einer Mockumentary, einem fiktionalen Dokumentarfilm. Außerdem will sie die Geschichte ihres verstorbenen Vaters verfilmen. Das Drehbuch dafür ist bereits geschrieben. Für diesen „großen Traum“hat sie sogar schon einen Produzenten gefunden: Die Firma Bon Voyage Films, zu der auch Fahri Yardim gehört, einer der großen deutschen Kino-Stars. Der Film über ihren Vater ist Julia Drache sehr wichtig: Er sei die Motivation für ihre Arbeit, der Grund „warum ich das alles mache“.
Nach der Oscarnominierung haben sich viele alte Bekannte bei Familie Drache gemeldet. Auch das Bodensee-Gymnasium möchte sie gern einladen. An ihre Schulzeit hat sie gemischte Gefühle. „In der siebten, achten Klasse habe ich mich schon ziemlich aufgeführt“, gesteht Julia Drache. Aber vielleicht habe sie ja für „Schüler, die es schwer haben“eine Botschaft: „Auch ihr habt Hoffnung, sofern ihr etwas findet, wofür ihr brennt“.
Vorausgesetzt, sie gehen überhaupt hin, wenn irgendeine Frau einen Vortrag hält – „und schwänzen nicht, wie ich es getan hätte“.