Berufsfischer beklagen „verfahrene“Lage
Die Fangerträge sind im vergangenen Jahr wieder zurückgegangen.
WASSERBURG - Gedrückte Stimmung bei den Berufsfischern: Bei der Hauptversammlung in der Wasserburger Fischerklause am See beklagte der Vorsitzende Roland Stohr die „verfahrene Situation“. Der Fang sei rückläufig, da das Phosphat im See und damit das Futter für Bodenseefelchen, Kretzer oder Saiblinge wieder weiter abnehme. Hingegen der Kormoran vermehre sich und fresse viele Fische weg. Die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) treffe Entscheidungen, die den Fischern zusätzlich schaden würden. Eine neue Klärschlammverordnung sorgt zusätzlich für Aufregung.
Landrat Elmar Stegmann sagte, die Verantwortlichen müssten überlegen, wie man gleichzeitig die Fischereiwirtschaft sichere, Tiere und Pflanzen des Sees schütze und den Bodensee als größten Trinkwasserspeicher Europas erhalte. Die Politik gehe derzeit in eine andere Richtung, als den Fischern recht sein dürfe: Eine Klärschlammverordnung, die im Oktober vergangenen Jahres in Kraft getreten ist, verpflichte Kläranlagenbetreiber, Phosphat aus dem Abwasser zurückzugewinnen. Bis spätestens Ende des Jahres 2023 müssten die Behörden einen Bericht über geplante und vollzogene Maßnahmen vorlegen. Dann würde fast gar kein Phosphat mehr in den See gelangen.
Roland Stohr war die Verordnung noch nicht bekannt: „Das bedeutet erhebliche Kosten. Es ist sehr aufwendig, Phosphat zurückzugewinnen.“Bevor gar kein Phosphat mehr in den Bodensee fließe und neu zugeführt werden müsse, solle doch besser etwas im Wasser enthalten bleiben. Der Bevollmächtigte der IBKF, Franz Geldhauser, sagte: „Wenn die Phosphatwerte in ein paar Jahren noch schlimmer werden, dann kann man nicht mehr helfen.“
Ehrenmitglied der Berufsfischer Manfred Braun war lange Jahre an Geldhausers Position und berät den Verein nun in rechtlichen Angelegenheiten. „Die Klärschlammangelegenheit hat mich berührt“, sagte er. Wenn es darum gehe, wertvolle Nährstoffe zu verwenden, dann müsse ein Teil des Phosphats im Wasser bleiben, das dem See zugeführt werde, um Kosten zu sparen. Denn es gelte eine Auslegung der Verordnungen nach Sinn und Zweck, für die Fälle an die der Gesetzgeber nicht gedacht habe. „Und ich bin sicher, um einen solchen Fall handelt es sich hier.“
FW-Landtagsabgeordneter Leopold Herz schlug den Berufsfischern vor, den entsprechenden Ausschuss in München zu besuchen, um sich ihre Fragen zur Klärschlammverordnung beantworten zu lassen.
Fang geht seit Jahrzehnten zurück
Das Fangergebnis des vergangenen Jahres war mit etwa 49 Tonnen nur wenig höher als 2015 (47 Tonnen) – dem schlechtesten Fangjahr in rund hundert Jahren. „Bei den Felchen gab es ebenfalls ein äußerst unbefriedigendes Ergebnis“, sagte Stohr. Rund 21 Tonnen wurden gefangen, 2016 waren es rund 24 Tonnen. Der Fang sei schon seit Jahrzehnten rückläufig.
Um mehr Felchen zu fangen, müsse die Maschenweite der Netze verkleinert werden. Das Alter der Fische bestimmt die Maschenweite: „Das gilt überall, nur leider nicht am Bodensee“, sagte Stohr. Dementsprechende Anträge der Berufsfischer an die IBKF würden regelmäßig zerstückelt oder abgelehnt. Die Berufsfischerverbände seien inzwischen so unzufrieden mit den Entscheidungen der IBKF, dass sie in einer Resolution ein Mitsprache- und Stimmrecht fordern.
Besonders hart habe die Fischer ein Beschluss aus dem Jahr 2015 getroffen. Innerhalb von fünf Jahren sollen die Hochseepatente um ein Drittel verringert werden. Das Ministerium habe nun angedroht, die Genossenschaft müsse bis 2019 entscheiden, wer auf ein Patent verzichten solle. Ansonsten würden Kriterien vom Ministerium aufgestellt. „Niemand von uns wird freiwillig auf sein Patent verzichten“, sagte Stohr. Die Genossenschaft hat nun einen Anwalt beauftragt, ihre Rechte zu prüfen.
Eine Studie der IBKF ergab, dass Kormorane 2016 vier Kilogramm Fisch pro Hektar aus dem Bodensee gefressen hätten. „Das ist fast die Hälfte von dem, was wir Berufsfischer mit unseren Netzen gefangen haben“, sagte Stohr. Er forderte die Behörden dazu auf, den Fraßdruck von den geringen Fischbeständen im Bodensee zu nehmen. Das Problem müsse in Baden-Württemberg angegangen werden. In Bayern behelfe man sich derzeit damit, Kormorane zu verscheuchen. Vorsitzender des Kreisjagdverbands Rudolf Fritze erklärte sich für gemeinsame Aktionen mit den Berufsfischern bereit.