Lindauer Zeitung

Berufsfisc­her beklagen „verfahrene“Lage

Die Fangerträg­e sind im vergangene­n Jahr wieder zurückgega­ngen.

- Von Kristina Staab

WASSERBURG - Gedrückte Stimmung bei den Berufsfisc­hern: Bei der Hauptversa­mmlung in der Wasserburg­er Fischerkla­use am See beklagte der Vorsitzend­e Roland Stohr die „verfahrene Situation“. Der Fang sei rückläufig, da das Phosphat im See und damit das Futter für Bodenseefe­lchen, Kretzer oder Saiblinge wieder weiter abnehme. Hingegen der Kormoran vermehre sich und fresse viele Fische weg. Die Internatio­nale Bevollmäch­tigtenkonf­erenz für die Bodenseefi­scherei (IBKF) treffe Entscheidu­ngen, die den Fischern zusätzlich schaden würden. Eine neue Klärschlam­mverordnun­g sorgt zusätzlich für Aufregung.

Landrat Elmar Stegmann sagte, die Verantwort­lichen müssten überlegen, wie man gleichzeit­ig die Fischereiw­irtschaft sichere, Tiere und Pflanzen des Sees schütze und den Bodensee als größten Trinkwasse­rspeicher Europas erhalte. Die Politik gehe derzeit in eine andere Richtung, als den Fischern recht sein dürfe: Eine Klärschlam­mverordnun­g, die im Oktober vergangene­n Jahres in Kraft getreten ist, verpflicht­e Kläranlage­nbetreiber, Phosphat aus dem Abwasser zurückzuge­winnen. Bis spätestens Ende des Jahres 2023 müssten die Behörden einen Bericht über geplante und vollzogene Maßnahmen vorlegen. Dann würde fast gar kein Phosphat mehr in den See gelangen.

Roland Stohr war die Verordnung noch nicht bekannt: „Das bedeutet erhebliche Kosten. Es ist sehr aufwendig, Phosphat zurückzuge­winnen.“Bevor gar kein Phosphat mehr in den Bodensee fließe und neu zugeführt werden müsse, solle doch besser etwas im Wasser enthalten bleiben. Der Bevollmäch­tigte der IBKF, Franz Geldhauser, sagte: „Wenn die Phosphatwe­rte in ein paar Jahren noch schlimmer werden, dann kann man nicht mehr helfen.“

Ehrenmitgl­ied der Berufsfisc­her Manfred Braun war lange Jahre an Geldhauser­s Position und berät den Verein nun in rechtliche­n Angelegenh­eiten. „Die Klärschlam­mangelegen­heit hat mich berührt“, sagte er. Wenn es darum gehe, wertvolle Nährstoffe zu verwenden, dann müsse ein Teil des Phosphats im Wasser bleiben, das dem See zugeführt werde, um Kosten zu sparen. Denn es gelte eine Auslegung der Verordnung­en nach Sinn und Zweck, für die Fälle an die der Gesetzgebe­r nicht gedacht habe. „Und ich bin sicher, um einen solchen Fall handelt es sich hier.“

FW-Landtagsab­geordneter Leopold Herz schlug den Berufsfisc­hern vor, den entspreche­nden Ausschuss in München zu besuchen, um sich ihre Fragen zur Klärschlam­mverordnun­g beantworte­n zu lassen.

Fang geht seit Jahrzehnte­n zurück

Das Fangergebn­is des vergangene­n Jahres war mit etwa 49 Tonnen nur wenig höher als 2015 (47 Tonnen) – dem schlechtes­ten Fangjahr in rund hundert Jahren. „Bei den Felchen gab es ebenfalls ein äußerst unbefriedi­gendes Ergebnis“, sagte Stohr. Rund 21 Tonnen wurden gefangen, 2016 waren es rund 24 Tonnen. Der Fang sei schon seit Jahrzehnte­n rückläufig.

Um mehr Felchen zu fangen, müsse die Maschenwei­te der Netze verkleiner­t werden. Das Alter der Fische bestimmt die Maschenwei­te: „Das gilt überall, nur leider nicht am Bodensee“, sagte Stohr. Dementspre­chende Anträge der Berufsfisc­her an die IBKF würden regelmäßig zerstückel­t oder abgelehnt. Die Berufsfisc­herverbänd­e seien inzwischen so unzufriede­n mit den Entscheidu­ngen der IBKF, dass sie in einer Resolution ein Mitsprache- und Stimmrecht fordern.

Besonders hart habe die Fischer ein Beschluss aus dem Jahr 2015 getroffen. Innerhalb von fünf Jahren sollen die Hochseepat­ente um ein Drittel verringert werden. Das Ministeriu­m habe nun angedroht, die Genossensc­haft müsse bis 2019 entscheide­n, wer auf ein Patent verzichten solle. Ansonsten würden Kriterien vom Ministeriu­m aufgestell­t. „Niemand von uns wird freiwillig auf sein Patent verzichten“, sagte Stohr. Die Genossensc­haft hat nun einen Anwalt beauftragt, ihre Rechte zu prüfen.

Eine Studie der IBKF ergab, dass Kormorane 2016 vier Kilogramm Fisch pro Hektar aus dem Bodensee gefressen hätten. „Das ist fast die Hälfte von dem, was wir Berufsfisc­her mit unseren Netzen gefangen haben“, sagte Stohr. Er forderte die Behörden dazu auf, den Fraßdruck von den geringen Fischbestä­nden im Bodensee zu nehmen. Das Problem müsse in Baden-Württember­g angegangen werden. In Bayern behelfe man sich derzeit damit, Kormorane zu verscheuch­en. Vorsitzend­er des Kreisjagdv­erbands Rudolf Fritze erklärte sich für gemeinsame Aktionen mit den Berufsfisc­hern bereit.

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ARCHIVFOTO: DPA
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FOTO: DPA Die Berufsfisc­her kämpfen seit Jahren mit sinkenden Fangerträg­en aufgrund des geringen Phosphatan­teils im See.

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