Über Gefahren von Elektroautos
Feuerwehr muss lernen, wie die neuen Autoantriebe funktionieren.
LINDAU - Florian Lenz und Christian Daniel haben in der Hauptwache der Lindauer Feuerwehr einen E-Mobilitäts-Workshop organisiert. Zweck der Aktion: Sie wollten ihren Feuerwehrkollegen die Angst nehmen, im Ernstfall mit Autos umzugehen, die alternative Antriebe haben.
Es ist zumindest eine ordentliche Portion Respekt angebracht, wenn klar wird, welche Technik in gasbetriebenen Autos oder gar in mit Wasserstoff oder Brennstoffzelle betriebenen Fahrzeugen verbaut ist – vom Hochspannungsteil eines ElektroAutos mal ganz zu schweigen. Vereinheitlicht ist bei den verschiedenen Herstellern, bei E-Autos und Hybrid-Autos nur wenig. So können die Trennstellen, die den Niedrigvoltbereich vom Hochvoltbereich abkoppeln, einmal grün, ein anderes Mal orange eingefärbt und irgendwo untergebracht sein, erfuhren die Teilnehmer des Workshops. Einige Fahrzeuge haben den Stecker im Motorraum, andere vor dem Beifahrersitz in großer griffiger Ausführung.
Es ging außerdem darum, ob das Abtrennen des Hochvoltbereichs überhaupt notwendig sei, wenn man als Feuerwehr „nur“eventuell eingeschlossene Passagiere befreien will und darum, wie gefährlich ein gasbetriebenes Fahrzeug für die Einsatzkräfte sein kann.
Allein anhand dieser vielen Fragen lässt sich nachvollziehen, dass es für die Einsatzkräfte der Feuerwehr nicht einfacher wird, bei Verkehrsunfällen technische Hilfe zu leisten, im Gegenteil. Die Akkus werden immer leistungsfähiger bei den E-Autos, damit aber auch gefährlicher im Ernstfall, vor allem die Lithium-Ionen-Akkus. In Mobiltelefonen oder Laptops haben solche Akkus bereits zu Explosionen geführt. In Autos sind wesentlich größere Akkus verbaut. Und bei wasserstoffbetriebenen Autos wird durch eine der ASäulen in der Regel ausströmendes Gas nach oben abgeleitet. Hier schneidet man im Notfall wohl besser nicht. Andererseits ist die ASäule bei E-Autos sicherer, da hier keine Hochvoltleitungen verlegt sind.
Bei allem Willen, im Ernstfall Menschenleben zu retten, geht die Eigensicherung vor. Zug- und Gruppenführer müssen also vor dem Einsatz die Lage erkunden. Daher wurden diese zu dem Workshop eingeladen. Was Max Witzigmann und seinen Vize Florian Kainz besonders gefreut hat, war die Tatsache, dass von der benachbarten Weißensberger Feuerwehr Interessierte gekommen waren, ebenso Vertreter der Feuerwehr Lochau.
Christian Daniel und Florian Lenz erarbeiteten zum einen ein ausführliches Handout, zum anderen konnten sie Fahrzeughändler in Lindau und Rothkreuz dafür gewinnen, einige unterschiedliche Autotypen in der Hauptwache bereitzustellen, um den Teilnehmern des Workshops die Gelegenheit zu bieten, sich die Technik am Original anzuschauen. So fanden seitens BMW je ein i3 und ein i8 zum Thema Elektroauto sowie ein Mini in Hybridausführung den Weg in die Wache, von Mercedes wurde ein Hybrid-E-Klasse-Auto geliefert, Renault stellte einen ZOE sowie einen Hybrid-SUV zur Verfügung, komplettiert wurde die Sammlung durch einen gasbetriebenen Up und einen E-Golf. Hinzu kamen noch Mitarbeiter der Autohäuser, die weitere Auskünfte geben konnten.
Das Fazit: Es gibt keine einheitlichen Standards und damit auch keine schnelle Erkenntnis darüber, um was für ein Fahrzeugantriebskonzept es sich handelt. Eine Lösung könnte ein sogenannter QR-Code im Tankdeckel (so vorhanden) sein, was theoretisch gut gemeint ist, aber in der Praxis nicht wirklich funktioniert, zumal nicht überall Netzempfang gegeben ist.
Feuerwehr muss sich digital richtig ausrüsten
So bleibt am Ende nur die Rettungskarte, auf der vermerkt ist, was wo im Fahrzeug verbaut ist und auf was zu achten ist. Problem dabei ist: Wer hat schon eine derartige Karte im Fahrzeug dabei und wenn, wo? Hier könnte fast nur Abhilfe geschafft werden, indem auf Tablets der Feuerwehr alle möglichen Rettungskarten abgespeichert sind.
Ähnlich sieht das auch Kommandant Witzigmann: „Wir müssen uns in diesem Bereich umgehend digital richtig ausrüsten, da führt kein Weg daran vorbei.“Denn mit den Rettungskarten für die verschiedenen Autos sei nur ein erster Schritt getan, weitere seien erforderlich durch die immer weiter voranschreitende Automation in Gebäuden, Hausanlagen und vielem mehr. Witzigmann weist auf ein Regal mit unzähligen Aktenordnern in der Wache. „Das hier wird auch immer mehr, das sind die ganzen Pläne von Brandmeldeanlagen in Lindau, die mit uns verbunden sind“, sagt er und unterstreicht, dass auch diese Infos digital in den Fahrzeugen mitgeführt werden müssten. Ansonsten müsse bei einem Anschlussalarm erst in die Hauptwache zurückgefahren werden, um den neuen Ordner zu holen. Das benötige kostbare Zeit, die man im Ernstfall oft nicht hat.