Der „Wilde Mann“in Aalen ist eher handzahm
wenn die in der Werbung versprochenen Wunder in Wort und Bild am Ende nicht eingelöst werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die als cremig angepriesene Sauerampfersuppe. Da nun mal augenblicklich keine Saison für das Blattgemüse ist, stammt selbiges höchstwahrscheinlich aus dem Gefrierfach, was ihm schon rein optisch nicht gut bekommt. Denn das Grün des Sauerampfers ist durch die Verarbeitung zu einem verwaschenen Bundeswehr-Oliv geworden, das auch im Geschmack neben Säure kein aromatisches Alleinstellungsmerkmal aufweist. Während die Idee grundsätzlich gut ist, kommt die geschmackliche Absicht nicht richtig am Gaumen an. Die Sonne geht indes beim Salat auf, der mit großer Frische und viel Geschmack glänzt – nicht zuletzt ein mustergültiger, weil saftiger Kartoffelsalat sticht dabei positiv hervor. Ein wenig zu meckern gibt es an den hausgemachten Maultaschen mit geschmälzten Zwiebeln und Bratensoße. Zwar ist der Nudelteig zu dick und neigt zur Schwammigkeit. Doch die ordentliche Fleischfülle erfreut sich solider Würzigkeit. Die Zwiebeln sind sehr schön gebräunt und entfalten ihr süßliches Röstaroma optimal. Die Bratensoße allerdings ist schwach auf der Brust und schmeckt vollkommen beliebig und nicht nach einem handwerklich guten, angesetzten Bratenfond.
Als Spezialität des Hauses offeriert die herzliche und stets um das Wohl ihrer Gäste bemühte Bedienung das Dessert „von ällem ebbes“. Tatsächlich kommt eine veritable Platte an den Tisch, auf der sich allerlei Süßes tummelt. Auch hier gilt: Licht und Schatten liegen dicht beisammen. Zum Beispiel ist im Parfait der Geschmack sommerlicher Kirschen gut konserviert, sodass er mit zartem Schmelz dem Gaumen schmeichelt. Die Crème brûlée allerdings schmeckt unter der bitteren, weil zu dunkel abgeflämmten Zuckerschicht, vollkommen nichtssagend und weist eine merkwürdig geronnene Konsistenz auf, die mit einer Creme wenig gemein hat. Daneben liegt eine Kugel leckeres Karamelleis, das den gebräunten Zucker geschmacklich schön anklingen lässt. Gegenüber hockt eine Nocke Schokoladenmousse, die leider nichts von der sündigen Luftigkeit einer echten, nur mit Ei, Sahne und Schokolade aufgeschlagenen Mousse hat. Damit steht der „Wilde Mann“nicht eben für eine wilde, junge Küche. Am ehesten noch für Solidität mit wenig Überraschung.