Auf der Suche nach dem Duft der Stadt
Wie riecht Kempten? Das haben zwölf Frauen während eines Workshops erkundet.
KEMPTEN - Einem Duft auf die Spur zu kommen – das ist gar nicht so einfach wie gedacht. Zwölf Frauen jeden Alters, die an einem Workshop der Stadtexpedition teilgenommen haben, gaben ihr Bestes, um herauszufinden, wie Kempten riecht. Parfümeurin Beate Nagel aus Oy-Mittelberg wird aus den Eindrücken einen Duft kreieren, der dann in wenigen Wochen in der Mitmach-Ausstellung im Alpin-Museum, die Teil der Feierlichkeiten zum Jubiläum „200 Jahre vereintes Kempten ist, geschnuppert werden kann.
Nun ist die Entscheidung, wie die Stadt riecht, natürlich nicht nur dem weiblichen Geschlecht überlassen. Eine Gruppe Männer hat sich ebenfalls auf die Suche gemacht. Parfümeurin Nagel wird aus diesen Eindrücken einen zweiten Duft zusammenstellen. Die Besucher der Mitmach-Ausstellung können dann beide an der Duft-Station entdecken. Verwendet werden dafür Naturessenzen und nichts Synthetisches. „Das passt auch hier zu der Gegend“, findet die Expertin.
Eine dreiviertel Stunde lang hat Nagel die Frauen auf Entdeckungstour durch die Stadt geschickt. Zwei Dinge oder vielmehr Gegensätze sollte man dabei beachten: drinnen und draußen sowie Geschmack und Geruch. Felicitas Schindler, Alena Musil und Monika Hörmann sind zusammen unterwegs – und zunächst etwas ratlos: Draußen riecht es nach nichts. Der Frühling ist zwar im Anmarsch, aber noch längst nicht alle Blumen und Pflanzen blühen schon.
Und trotzdem: Es ist windig, kühl, eine Frische liegt in der Luft. Aber ist das ein Geruch? Später, als alle Teilnehmerinnen zusammensitzen, schildern noch mehr diesen Eindruck. Nagels Antwort darauf: „Doch, das riecht.“Das wisse man von Menschen, die schon mal ihren Geruchssinn verloren haben und dann einen großen Unterschied feststellen.
Das richtige Adjektiv fehlt
Ein etwas eindeutigerer Duft, der Monika Hörmann immer wieder in die Nase steigt, ist der nach Gülle. Der Geruch liegt jetzt im Frühling in der Luft – das geht auch einigen anderen Teilnehmerinnen so. In der Stadtbücherei in der Orangerie fällt Hörmann dieser eigentümliche Geruch auf, den die Drucker verströmen. „Wie sagt man dazu?“, fragt sie. Es fehlt das richtige Adjektiv. Trocken vielleicht? Trocken und irgendwie chemisch. Beim Überqueren einer Straße, kreuzt ein Bus den Weg der Frauen. Es stinkt nach den Abgasen, findet Felicitas Schindler. Kurze Zeit später steht sie im Eingang eines Restaurants. Den Duft, den ihre Nase dort wahrnimmt, beschreibt sie mit den Worten: „Espresso, Salami, Schinken – alles gemischt.“
Alena Musil fragt die Parfümeurin, ob man riechen trainieren kann. „Ja. Das, was Sie gerade gemacht haben, war auch Training“, erklärt Nagel. Die Zellen, mit denen Geruch wahrgenommen wird, erneuern sich ein Leben lang, sagt sie und rät deshalb, im Alltag immer wieder mal an den Dingen zu riechen.
Nagel notiert sich alle Eindrücke, die die zwölf Frauen schildern. „Kempten ist keine Metall- und auch keine Autostadt“, sagt eine von Ihnen. „Das riecht man.“Andere haben Kässpatzen, Zwiebeln und Bier gerochen, sobald sie eine Gaststättentür geöffnet haben. Im Stadtpark habe es an manchen Sitzbänken nach Alkohol gerochen, erzählt eine der jüngeren Frauen. Und Monika Hörmann spricht von einem Geruch nach „altem Winter“: Der Schnee sie zwar geschmolzen, aber das Gras darunter habe noch keine Chance gehabt, frisch zu wachsen.
„Na, was wird denn das für ein Duft werden!“, sagt Beate Nagel und lacht. Sie wird die Eindrücke der Frauen und der Männer jetzt „bei sich arbeiten lassen“, erklärt sie. Wo sind Parallelen? Was wurde nur ein Mal genannt? „Dann wird angefangen, zu komponieren – wie bei Musik“, erklärt die Parfümeurin.
Die Mitmach-Ausstellung „Kempten macht Museum“ist noch bis 8. Juni im Alpin-Museum zu sehen. Etwa ab Mitte April wird die Duft-Station mit den Kempten-Parfüms fertig sein.