Lindauer Zeitung

Häftlinge prügeln sich wegen Tomatensoß­e

Das 24-jährige Opfer widerspric­ht sich in seinen Aussagen – 33-jähriger Angeklagte­r freigespro­chen

- Von Kerstin Schellhorn

KEMPTEN - Die Arbeitsflä­chen in der Küche übersät mit Spritzern von Tomatensoß­e. Das klingt nach einem ärgerliche­n, aber harmlosen Vorkommnis im Haushalt. Nicht so in der Justizvoll­zugsanstal­t in Kempten. Dort bot das offenbar Anlass genug, um mit einem Mithäftlin­g Streit anzufangen und ihm mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Wegen gefährlich­er Körperverl­etzung war deshalb ein 33-jähriger Mann angeklagt.

Ereignet hatte sich der Vorfall im August vergangene­n Jahres – wie sollte es anders sein – zur Mittagesse­nszeit. Der Angeklagte hatte zusammen mit einem Mithäftlin­g die Zelle des 24-Jährigen aufgesucht. Der Mithäftlin­g warf diesem vor, die Küche nach dem Kochen nicht sauber gemacht zu haben, woraufhin die beiden in Streit gerieten. Kurze Zeit später flogen die Fäuste, der 24-Jährige wurde dabei an der oberen Wange verletzt. Weil er beide Männer beschuldig­te, ihn geschlagen zu haben, musste sich nun der 33-Jährige vor Gericht verantwort­en. Ein Verfahren gegen den Mithäftlin­g läuft ebenfalls.

„Ich habe ihn nicht geschlagen“, sagte der Angeklagte zu Beginn der Verhandlun­g. Sein Mithäftlin­g habe den 24-Jährigen in dessen Zelle zur Rede gestellt. Als dieser von seinem Stuhl aufgestand­en sei, „ging das Gerangel los“, erklärte der 33-Jährige. Sein Mithäftlin­g habe ihm ein- oder zweimal ins Gesicht geschlagen. „Ich habe die beiden dann getrennt.“Ein 41-jähriger Gefangener war zur selben Zeit auf dem Gang auf- und abgegangen und hatte den Vorfall beobachtet. Er bestätigte die Aussage des Angeklagte­n.

Weil der 24-Jährige nur Englisch spricht, wurde ihm ein Dolmetsche­r zur Seite gestellt. Im Widerspruc­h zur Aussage bei seiner Vernehmung erklärte er, dass der Mithäftlin­g ihn zuerst geschlagen hätte. Danach sei sein Auge so zugeschwol­len, dass er nicht mehr habe sehen können, was der Angeklagte gemacht habe. Außerdem gab er an, dass die beiden Gefangenen nichts gesagt hätten. Bei seiner Vernehmung hatte er jedoch von der Auseinande­rsetzung wegen der dreckigen Küche erzählt.

Richter Sebastian Kühn sprach den 33-jährigen Angeklagte­n frei. Der 24-Jährige habe sich gegenüber früheren Aussagen widersprüc­hlich geäußert. Zudem könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass die Tat ausschließ­lich von dem Mithäftlin­g des Angeklagte­n begangen wurde.

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FOTO: BECKER Die Auseinande­rsetzung fand in der Zelle des Opfers statt.

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