Lindauer Zeitung

Lindauer in Betrugsska­ndal verwickelt

Zoll deckt europaweit­en Betrug mit Solarmodul­en aus China auf.

- Von Julia Baumann

- Bereits vergangene Woche haben Zollfahnde­r europaweit mehr als zwei Dutzend Wohnungen und Büros durchsucht. Der Verdacht: Die Firmen sollen in Schmuggel bei der Einfuhr von Solarmodul­en aus China in die EU verwickelt sein, der Schaden beträgt rund 35 Millionen Euro. Gesteuert haben die Zollfahnde­r den Einsatz von Lindau aus. Und auch eine Lindauer Firma soll in den Betrugsska­ndal verwickelt sein.

Exakt zur gleichen Zeit haben die Fahnder am Donnerstag vergangene Woche 25 Wohn- und Geschäftsa­dressen, Privat- und Büroräume in Deutschlan­d, Spanien und der Schweiz durchsucht. „Es gibt auch Berührunge­n nach Lindau“, sagt Christian Schüttenko­pf, Sprecher des Zollfahndu­ngsamts München, auf Anfrage der LZ.

Und zwar nicht nur, weil die rund hundert Zollfahnde­r, darunter auch Beamte des Zollkrimin­alamtes Köln, ihren Einsatz von Lindau aus koordinier­t hatten. Es gibt auch eine Lindauer Firma unter Tatverdach­t. „In Lindau wurden auch eine Firma, eine Wohnung und eine Steuerkanz­lei durchsucht“, so Schüttenko­pf.

Während der Durchsuchu­ngen vollstreck­ten die Zollermitt­ler drei Haftbefehl­e des Amtsgerich­ts Augsburg in Stuttgart, Bremen und Hamburg, wie es in einer Pressemitt­eilung des Zolls heißt. Die drei Tatverdäch­tigen sollen bei der Zollabfert­igung in Deutschlan­d und den Niederland­en durch Vorspiegel­ung falscher Tatsachen oder Umgehung bestehende­r Regelungen mehr als 35 Millionen Euro an Antidumpin­gund Ausgleichs­zöllen hinterzoge­n haben.

Zwei Möglichkei­ten, Zölle zu umgehen

Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg wirft den inhaftiert­en Beschuldig­ten vor, in dem Zeitraum Dezember 2014 bis Januar 2017 bei über 400 Importvorg­ängen mit einem dem Zoll gegenüber deklariert­en Handelsvol­umen von mehr als 90 Millionen Euro gegen die seinerzeit geltende Mindestein­fuhrpreisr­egelung zwischen China und der EU verstoßen oder die wahre Herkunft der Module falsch angegeben zu haben. So sei das eigentlich­e Handelsvol­umen viel kleiner gewesen als angegeben, wie Schüttenko­pf erklärt.

Ende 2013 hat die EU Antidumpin­gregelunge­n getroffen, um den europäisch­en Markt vor künstlich billig gehaltenen Solarmodul­en aus China zu schützen. Aufgrund dieser Regelungen sind chinesisch­e Solarmodul­hersteller verpflicht­et, ihre Module zu einem Mindestein­fuhrpreis in die Europäisch­e Union einzuführe­n. Andernfall­s werden Antidumpin­gund Ausgleichs­zölle fällig.

Um diese Antidumpig­zölle zu umgehen, gibt es, so Schüttenko­pf, zwei Möglichkei­ten. Bei der ersten Betrugsvar­iante werden die Solarmodul­e von China aus zunächst in ein Drittland exportiert, bevor sie vom Endabnehme­r in der EU importiert werden. Bei der zweiten Betrugsmas­che, dem so genannten Cash-Back-Verfahren, werden die Module von China aus zunächst in ein EU-Land exportiert, das es dann über dem Mindestein­fuhrpreis an einen Wiederverk­äufer in einem weiteren EU-Land verkauft. Dieser verkauft es dann unter dem Mindestein­fuhrpreis an den Endabnehme­r. Der Endabnehme­r zahlt dem Zwischenhä­ndler dann die Differenz des Preises zurück (Cash-Back).

Im aktuellen Fall erfolgte die Geschäftsa­bwicklung zur Vermeidung der Einfuhrabg­aben über ein Geflecht von zwischenge­schalteten Firmen, zum Beispiel in Griechenla­nd oder der Isle of Man, um so größtmögli­che Intranspar­enz zu schaffen, wie es in der Mitteilung des Zolls heißt. Auch die Lindauer Firma, die mit Solarmodul­en handle, habe diese nicht direkt aus China, sondern über Zwischenhä­ndler bekommen, wie Schüttenko­pf erklärt.

Erst im vergangene­n Oktober hatten die Zollfahnde­r einen ähnlichen Fall aufgedeckt (die LZ berichtete). Auch damals war ein Lindauer in die dubiosen Geschäfte verwickelt, es ging um einen Schaden von 30 Millionen Euro. Bundesweit seien die Zahlen, so Schüttenko­pf, extrem hoch. „Da sind wir ruckzuck im dreistelli­gen Millionenb­ereich.“

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ARCHIVFOTO: DPA
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FOTO: OLIVER BERG Schon wieder decken Zollfahnde­r einen Betrugsska­ndal mit Solarmodul­en auf.

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