Lindauer Zeitung

Die Beiträge gehen, der Streit bleibt

CSU bringt die Abschaffun­g auf den Weg – Zukunft des FW-Volksbegeh­rens ist unklar

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN – Rückwirken­d zum 1. Januar dieses Jahres sollen die Straßenaus­baubeiträg­e (Strabs) in Bayern ersatzlos abgeschaff­t werden. Darauf hat sich die CSU-Mehrheitsf­raktion im bayerische­n Landtag am Mittwoch in München verständig­t. Die Einnahmeau­sfälle der Gemeinden sollen ab diesem Zeitpunkt vom Freistaat Bayern übernommen werden. Einen entspreche­nden Grundsatzb­eschluss hatte die CSU-Fraktion bereits im Januar in ihrer Klausur in Kloster Banz gefasst.

Die Freien Wähler (FW) wollen laut Generalsek­retär Michael Piazolo dennoch an ihrem Volksbegeh­ren zur Abschaffun­g der Strabs festhalten. Die bisher von der CSU vorgelegte­n „Eckpunkte“seien zu dürftig, ein Gesetzentw­urf liege noch nicht vor. Dem widersprac­h die CSU umgehend: Ein Gesetzentw­urf sei „bereits eingereich­t“.

FW wollen mehr Erstattung­en

Strabs-Bescheide, die den Anliegern vor dem 1. Januar 2018 zugestellt wurden, behalten nach den Vorstellun­gen der CSU ihre Gültigkeit. Das heißt: Die betroffene­n Anwohner müssen zahlen. An diesem Punkt entzündet sich die Kritik der FW, die eine Rückwirkun­g zum 1. Januar 2014 fordern. In den letzten vier Jahren von den Bürgern eingeforde­rte Beiträge müssten zurückerst­attet werden, verlangen die FW- CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer nannte die Forderung „populistis­ch“und einen Ausdruck von „Freibierme­ntalität“. Eine solche Rückwirkun­g würde juristisch auch nicht halten und würde „keine Befriedung“bedeuten. Dieser Ansicht schloss sich der kommunalpo­litische Sprecher der Grünen im Landtag Jürgen Mistol an. Die Forderung der FW, Beiträge bis zum Jahr 2014 rückabzuwi­ckeln, sei „offensicht­lich populistis­ch“. Es sei aber nicht Aufgabe des Freistaats, einer Partei Wähler „einzukaufe­n“.

Erstatten müssen die Gemeinden aber Beiträge, die aufgrund von Bescheiden, die nach dem 1. Januar 2018 erlassen wurden, entrichtet wurden. Der Freistaat Bayern werde diese Beiträge übernehmen, versichert­e Staatskanz­leiministe­r Florian Herrmann (CSU): „Neue Bescheide werden nicht mehr verschickt“. Durch die Übernahme dieser Beiträge und den Ausgleich der Einnahmen der Kommunen rechnet die CSU mit Gesamtkost­en von 300 Millionen Euro.

Die von der CSU beabsichti­gte Regelung bedeutet laut Herrmann eine „erhebliche Steigerung der Lebensqual­ität der Bürgermeis­ter“, die von den Bürgern bislang diese zum Teil erhebliche­n Beiträge verlangen mussten, sagte Herrmann. Gleichwohl deutet sich auch zu diesem Aspekt Ärger an. Denn von den 2056 Kommunen im Freistaat haben bislang nur 72,6 Prozent aufgrund einer eigenen Satzung Strabs verlangt. 97,1 Prozent der Gemeinden Unterfrank­ens schickten ihren Bürgern solche Beitragsbe­scheide, aber nur 39,1 Prozent der Kommunen Niederbaye­rns. Die Landeshaup­tstadt München hat ihre Bürger niemals auf diesem Wege zur Kasse gebeten.

Geld nur für manche Kommunen

Nach den Vorstellun­gen der CSU sollen daher erst nur die Gemeinden in den Genuss eines staatliche­n pauschalen Ausgleichs der Strabs kommen, die in der Vergangenh­eit die Beiträge auch verlangt haben. Würden auch Kommunen wie München, die ihre Bürger bisher verschonte­n, in den Genuss einer staatliche­n Straßenaus­baupauscha­le kommen, wäre dies „sehr unbillig“, meinte Kreuzer. Die Pauschale soll mit den kommunalen Spitzenver­bänden im Zuge des Doppelhaus­halts 2019/2020 ausgehande­lt werden.

Diese Aussichten seien für die Kommunen „äußerst unbefriedi­gend“, meinte FW-Kommunalex­perte Joachim Hanisch. Künftig gebe es damit „Gemeinden erster und zweiter Klasse“. Die CSU-„Eckpunkte“atmeten „den Widerwille­n der CSU gegen die Abschaffun­g der Strabs“, meinte der FW-Abgeordnet­e Bernhard Pohl.

Während die CSU ihren Entwurf als durchdacht und „sehr bürgerfreu­ndlich“(Innenminis­ter Joachim Herrmann) pries, feierten die FW die Entscheidu­ng der Christsozi­alen als ihren Erfolg. „Innerhalb weniger Monate“, so FW-Vorsitzend­er Hubert Aiwanger, sei es gelungen, Bewegung in ein festgefahr­enes Thema zu bringen. Die CSU bleibe allerdings auf halbem Wege stehen. Ohne das FW-Volksbegeh­ren hätte es keine Bewegung bei der CSU gegeben, hob Piazolo hervor. Der Grünen-Abgeordnet­e Mistol hoffte auf ein „Ende des Dauerzanks“um die Strabs.

Meinungsve­rschiedenh­eiten gibt es bisher auch über die Frage, ob sich mit dem Gesetzentw­urf der CSU, der bereits kommende Woche beraten werden soll, das Volksbegeh­ren der FW erledigt hat. Bisher seien 340 000 Unterschri­ften dafür eingetroff­en, teilte Piazolo mit. Noch nie habe ein Volksbegeh­ren schon in der Anfangspha­se einen solchen Erfolg gehabt. Schon deshalb bleibe das Volksbegeh­ren erst einmal „scharf“. „Aus unserer Sicht hat sich das Volksbegeh­ren erledigt“, meinte dagegen Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Dass man nicht etwas Abgeschaff­tes noch einmal abschaffen kann, müssten selbst die Freien Wähler erkennen.

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FOTO: DPA Strabs ade: Bayerische Bürger müssen künftig keine separaten Beiträge mehr für den Ausbau kommunaler Straßen zahlen.

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