400 Beschäftigte legen ihre Arbeit nieder
Verdi ruft zu Warnstreiks im öffentlichen Dienst auf – Kundgebung ist in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Rund 400 Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind durch die Häfler Innenstadt gezogen. Sie sind dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi am Mittwoch zu Warnstreiks gefolgt und haben an diesem Tag ihre Arbeit in öffentlichen Einrichtungen wie in Kindergärten, im Bauhof, im Krankenhaus oder auch im Rathaus niederlegt.
Mit Plakaten und Westen mit der Aufschrift „Wir sind es wert“– dem Motto des Warnstreiks – zogen die Beschäftigen aus der Region vom Hafenbahnhof zum Rathaus und dann weiter zum Buchhornplatz. „Wir haben die Macht, alles zum Erliegen zu bringen, was wir sonst Tag für Tag aufrechterhalten“, sagte Hanna Binder, stellvertretende Landesbezirksleiterin von Verdi in BadenWürttemberg, bei ihrer Ansprache vor dem Rathaus.
Funktion ist Streikenden bewusst
Die Gewerkschaft fordert eine Gehaltserhöhung von sechs Prozent – von mindestens 200 Euro. Auch das Gehalt von Auszubildenden und Praktikanten soll tariflich geregelt werden und um 100 Euro angehoben werden. Außerdem möchte Verdi erreichen, dass die Angestellten in Krankenhäusern mehr Geld bekommen, wenn sie nachts arbeiten. „In den Krankenhäusern sind die Nachtzuschläge geringer als sonst wo, das wollen wir verändern“, sagte Binder.
Unter den Streikenden waren auch Beschäftigte des Klinikums Tettnang. Sie, so verriet ein Ordner, mussten erst einmal mit ihren Kollegen klären, wer an dem Streik teilnehmen könne, denn schließlich sollte der Notdienst im Klinikum trotzdem noch funktionieren.
Den Streikenden sei bewusst, dass sie eine wichtige Funktion haben. „Uns ist es nicht egal, dass es Ausfälle gibt. Die Beschäftigten arbeiten im Dienst der Bürger und niemand verletzt gerne die, für die er das tut. Aber manchmal ist es so, dass man auch mal die eigenen Interessen vorne ran stellen muss“, sagte Binder. Und dafür sei gerade jetzt, in guten wirtschaftlichen Zeiten, der richtige Zeitpunkt.
Der Tenor unter den Streikenden war eindeutig. Ihnen fehle eine Wertschätzung für ihre Arbeit. „Wir sorgen jeden Tag dafür, dass die Bürger sicher an ihren Arbeitsplatz kommen. Wenn jemandem etwas passiert, sorgen wir dafür, dass derjenige von der Feuerwehr aus dem Fahrzeug befreit wird und in die Klinik gebracht wird, wo er auch wieder von Beschäftigten im öffentlichen Dienst gesund gepflegt wird“, sagte ein Mitarbeiter von einem Bauhof über die Arbeit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Eine Mitarbeiterin im Landratsamt Friedrichshafen kritisierte vor allem, dass die Mitarbeiter in den unteren Gehaltsklassen zu wenig verdienen. „Sie arbeiten oft am meisten und sorgen für eine gute Infrastruktur. Sie halten jeden Tag den Kopf für uns hin, ob es im Krankenhaus ist, im Kindergarten oder auf der Straße und die haben überhaupt keinen gemütlichen Beamtenjob“, sagte sie.
Einigung zieht sich hin
In den vergangenen zwei Tarifrunden wollten sich die Arbeitgeber nicht auf die Forderungen der Gewerkschaft einlassen. „Die Arbeitgeber haben ein Faible für die Zahl Null“, sagte Binder. Trotz höherer Steuereinnahmen seien die Kommunen nicht bereit, die Arbeit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst entsprechend zu würdigen. Die nächste Tarifrunde steht am 15. und 16. April in Potsdam an. Hanna Binder wird an den Gesprächen teilnehmen.
Wenn es keine Einigung geben wird, steht für sie fest, wie es weitergehen wird. „Möglicherweise wird es dann weitere Streiks geben, die dann auch noch ausgeweitet werden“, sagte sie.