Der Unterricht ist in Buchloe digital
Laptops, Tablets, digitale Tafeln – Darauf setzen Lehrer an einer Grundschule im Allgäu
BUCHLOE - Wenn die Erstklässler der Comenius-Grundschule in Buchloe das Alphabet lernen, dann fahren sie die Buchstaben in einer Lern-App auf ihrem Tablet nach. Ob die Schüler die Worte wie „Hose“und „Hase“richtig geschrieben haben, hören sie über ihre Kopfhörer. Ihre Lehrerin hat dann Zeit, die Stift- und Sitzhaltung der Schüler zu korrigieren.
Die Digitalisierung ist in der Buchloer Grundschule bereits weit fortgeschritten und verändert vor allem die Lehrmethoden der Pädagogen. Neben Lesen, Rechnen und Schreiben bezeichnet Schulleiter Georg Heinecker die digitalen Medien als „vierte Kulturtechnik“. „Das ist für die Zukunft der Kinder unerlässlich. Es wird keinen Beruf mehr geben, der ohne digitale Medien auskommt.“Die Comenius-Grundschule nimmt an dem bayernweiten Modellversuch „Digitale Schule 2020“teil. Seitdem sind Tablets, Laptops und digitale Tafeln fester Bestandteil im Unterricht. Ziel ist eine kritische Medienkompetenz für die Grundschüler.
Technik spart Zeit
Die Technik hat auch so manchen Vorteil: „Die digitale Tafel spart Zeit in der Vorbereitung und in der Übungsphase“, sagt Heinecker, der seit 1991 unterrichtet. Früher hätten die Lehrer Wortkarten vorbereitet, laminiert und mit Magneten an die Tafel geheftet. Heute gibt Heinecker die Daten einfach in den PC ein und kann sie damit auf die digitale Tafel übertragen – und natürlich jederzeit ergänzen.
Die digitale Unterrichtsvorbereitung schafft neue Möglichkeiten: Jeder Lehrer ist über seinen privaten Laptop mit dem Schulserver verbunden. Tafelbilder können so für das gesamte Kollegium zugänglich gemacht werden. Fällt mal ein Lehrer krankheitsbedingt aus, kann ein anderer Pädagoge mühelos auf die Materialien zugreifen und für die Vertretungsstunde verwenden. „Ein großer Vorteil“, sagt Heinecker. Auch die Methodik hat sich über die Jahre verändert: Partner- und Gruppenarbeit löste den reinen Frontalunterricht ab.
Der größte Unterschied, der Heinecker über die Jahre auffällt, betrifft jedoch die Autorität eines Lehrers. „Früher hatten Lehreraussagen viel Gewicht. Heute werden alle pädagogischen Maßnahmen von den Eltern hinterfragt“, sagt Heinecker. Das sieht auch seine Vorgängerin Gabriele Schlund so. „Die Wertschätzung von Gesellschaft und Eltern geht zurück.“In Finnland dagegen sei ein Lehrer eine hochgeschätzte Persönlichkeit.
Auch die Bedeutung von Bräuchen nehme ab. „Früher wurde der Jahreskreis viel mehr gelebt“, sagt Heinecker. Heute sei die Adventsfeier und der Nikolausbesuch nur noch eine Aktion für die Schüler. „Selbst in einer Multi-Kulti-Gesellschaft darf das eigene Brauchtum nicht verloren gehen“, sagt Schlund.
„Früher waren die Klassen und Eltern homogener. Das Unterrichten war beschaulicher“, sagt die 66-Jährige. Als Schlund 1975 mit dem Lehren anfing, gab es auch noch keinen 45-Minuten-Unterrichtstakt. Das erste Lernmaterial kam in den 1980er-Jahren auf den Markt, erinnert sie sich. „Dann gab es Freiarbeit, Lük-Kästen – ein Lernsystem mit Selbstkontrolle – und Rechenstäbe.“
In den 1990er-Jahren richtete das Lehrerkollegium an der Grundschule eine Lernwerkstatt ein. Damit sollten Schüler auch das wissenschaftliche Arbeiten lernen. „Zum Thema Wasser haben wir da beispielsweise untersucht, was schwimmt, was nicht und wie viel Wasser ein Körper verdrängt.“
Selbstverständlicher Umgang
Von dem digitalen Lernen und Lehren war Schlund anfangs „absolut nicht überzeugt“. Doch die Kinder gehen mit der Technik völlig „selbstverständlich und angstfrei“um. „Nach meinem Empfinden ist das auch nicht gesundheitsschädigend oder schlecht für die Psyche“, sagt Schlund. Heineckers Erfahrung: Kinder, die mit dem Computer arbeiten, wollen nicht unbedingt darauf spielen. Und nachmittags sollen die Schüler trotzdem auf den Spielplatz – dafür seien die Eltern zuständig. Aber der Einsatz von Technik setze auch Fachleute voraus. „Wir Lehrer können nicht Unterrichten und Erziehen und gleichzeitig technische Schrauber sein“, sagt Schlund. Da brauche es Administratoren, die die Technik auf dem neuesten Stand halten und den Server betreuen. „Da muss der Staat Geld investieren.“