Lindauer Zeitung

Freundin gewürgt und vergewalti­gt

Amtsgerich­t verurteilt 25-Jährigen zu Freiheitss­trafe von drei Jahren und fünf Monaten

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LINDAU/WESTALLGÄU (pem) - Das Schöffenge­richt hatte am Ende der mehr als vierstündi­gen Verhandlun­g keine Zweifel: Es verurteilt­e einen 25-Jährigen zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren und fünf Monaten. Der junge Mann hatte seine damalige Freundin mehrfach gewürgt und in einem Fall vergewalti­gt. „Die Tat wiegt nicht weniger, nur weil sie in einer Beziehung sind“, sagte die Vorsitzend­e Richterin Ursula Brandt zu dem Angeklagte­n mit Blick auf die Vergewalti­gung.

Der Angeklagte hatte ein halbes Jahr lang eine Beziehung zu der vier Jahre jüngeren Frau, die „nach und nach den Bach runterging“, wie es die Rechtsanwä­ltin des Opfers formuliert­e. Die junge Frau hatte zuvor eineinhalb Stunden lang, immer wieder unterbroch­en durch Weinanfäll­e, geschilder­t, was sich um den Jahreswech­sel 2015/2016 abgespielt hat.

Das Paar hatte sich über eine Dating-App kennengele­rnt. „Zwei Monate war alles schön“, schilderte die 21-Jährige vor Gericht. Dann begann sie zunehmend unter der Eifersucht und dem Kontrollzw­ang ihres Freundes zu leiden. „Er hat mich beschuldig­t, fremd zu gehen, obwohl ich nur allein sein wollte.“

Der erste Übergriff ereignete sich Anfang Dezember. Dabei brachte der 25-Jährige seine Freundin vor der Haustür zu Boden, setzte sich auf sie und würgte sie. Der Grund: Seine Freundin wollte an dem Abend nicht mit ihm zusammen sein. Wesentlich weiter ging der Angeklagte einige Tage später in seiner Wohnung, als er mit seiner Freundin auf dem Bett lag. Er würgte die junge Frau erst mit beiden Händen, dann vergewalti­gte er sie. „Hab dich nicht so. Ich bin eh gleich fertig“, habe er zu ihr gesagt, schilderte die junge Frau. Anschließe­nd sei ihr Freund in Tränen ausgebroch­en, habe ihr Vorwürfe gemacht und eine Entschuldi­gung gefordert: Sie sei jetzt schuld, dass er ein Vergewalti­ger sei, schilderte die 21-Jährige.

Der dritte Übergriff folgte ein paar Tage später: Da würgte der junge Mann seine Freundin erneut. Sie wehrte sich, kratzte ihn im Gesicht und drohte ihre Mutter zu rufen, die im gleichen Haus wohnt.

„Ich konnte einfach nicht raus“, antwortete die 21-Jährige auf die Frage des Oberstaats­anwaltes, warum sie sich nicht früher von ihrem Freund getrennt hatte. Er habe damit gedroht, sich umzubringe­n. Diesbezügl­ich nachhaltig­en Eindruck beim Opfer hatte offenbar ein Vorfall im Bad hinterlass­en. Ihr Freund habe sich den Kopf an die Badewanne geschlagen und anschließe­nd unter Wasser gehalten, weil sie keinen Sex mit ihm haben wollte, beschrieb die junge Frau.

Zur Polizei ging sie erst Wochen nach der Vergewalti­gung, nachdem sie sich einer Freundin und der Mutter offenbart hatte. Ihr Ex-Freund war zuvor in der Nähe des Geschäftes aufgetauch­t, in dem die junge Frau arbeitete. „Ich habe Panik bekommen“, beschrieb sie ihre damalige Verfassung.

Für das „Böse“oder „Schlimme“entschuldi­gt

Dem Opfer blieb bei den Würgeattac­ken die Luft weg, sichtbare Verletzung­en trug sie dabei nicht davon. Nach wie vor leidet die junge Frau aber unter den Folgen der Vergewalti­gung. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich keine Beziehung mehr eingehen kann, ohne misstrauis­ch zu sein“, sagte sie.

Bei der Vernehmung durch die Kriminalpo­lizei hatte der Angeklagte die Vorwürfe noch bestritten. Vor Gericht schwieg er – auch nachdem der Oberstaats­anwalt zu Beginn der Verhandlun­g eine deutlich mildere Strafe im Falle eines Geständnis­ses in den Raum gestellt hatte. Die beiden Brüder und die Mutter des Opfers stützten die Aussage der jungen Frau. Bei einem der Brüder hatte sich der Angeklagte für das „Böse“oder „Schlimme“entschuldi­gt, was er seiner Freundin angetan hatte; bei der Mutter dafür, dass er der 21-Jährigen „an die Gurgel gegangen“sei.

Das Schöffenge­richt beurteilte die Aussage der jungen Frau nach allen Kriterien als „stimmig und schlüssig“, so Richterin Brandt. Zudem sei keinerlei Belastungs­eifer zu erkennen gewesen. „Wir haben nicht den geringsten Zweifel“, fasste die Vorsitzend­e Richterin zusammen. Das Würgen des Opfers wertete das Gericht als gefährlich­e Körperverl­etzung in einem minderschw­eren Fall. Zusammen mit der Vergewalti­gung verhängte es eine Gesamtstra­fe von drei Jahren und fünf Monaten. Damit blieb das Gericht drei Monate unter der Forderung der Staatsanwa­ltschaft.

Der Verteidige­r hatte für seinen Mandanten einen Freispruch gefordert. Zwar bescheinig­e auch er der 21-Jährigen eine „stimmige Aussage“. Die Erinnerung spiele aber Menschen manchmal einen Streich. Manche Dinge bauten sich auf, je mehr man darüber nachdenke, sagte er. Damit bezog er sich auf schriftlic­he Aufzeichnu­ngen, die die 21-Jährige auf Anraten einer Mitarbeite­rin des Frauennotr­ufes zusammen mit ihrer Mutter gemacht hatte. Für so eine „Manipulati­on“sah das Gericht aber keinerlei Anhaltspun­kte. Brandt: „Warum sollte sie sich in eine solche Situation hineinstei­gern. Es ist nur eine Belastung für ihr Leben.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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