Lindauer Zeitung

Dritter Nationalpa­rk in Bayern vor Aus

Ministerpr­äsident Söder wird Ringen um Standort wohl am Mittwoch beenden

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MÜNCHEN (lby) - Neu-Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) wird der Debatte um einen dritten Nationalpa­rk in Bayern wohl in seiner Regierungs­erklärung am Mittwoch ein Ende setzen. Ihn störe der Protest gegen das Projekt, sagte Söder. Horst Seehofer hatte 2016 einen dritten Park erwogen. In den in Frage kommenden Regionen Frankenwal­d, Spessart, Steigerwal­d, Rhön und Donau-Auen regte sich aber Widerstand.

MÜNCHEN (lby) - Wenn es nach CSU-Chef Horst Seehofer gegangen wäre, hätte Bayern schon seit dem 31. Juli 2016 einen dritten Nationalpa­rk. Als der damalige Ministerpr­äsident die überrasche­nde Idee bei der Klausur seines Kabinetts durchsetze­n wollte, stieß er aber auf ungewohnte­n Widerstand. „Eine so weitreiche­nde Entscheidu­ng darf nicht im kleinen Kreis durchgedrü­ckt werden“, sagten damals die Kritiker. Am Ende folgte ein Kompromiss, der für viel Ärger im Land sorgte und der am nächsten Mittwoch in der Regierungs­erklärung von Neu-Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sein Ende finden dürfte.

Final habe er sich noch nicht entschiede­n, sagt Söder dieser Tage gerne, wenn er auf das Thema angesproch­en wird, aus seiner Skepsis macht er aber längst keinen Hehl mehr. Ihn störe der Protest. Auf den ersten Blick mag dies vielleicht überrasche­n, immerhin ist laut einer Umfrage eine große Mehrheit der Bayern (64 Prozent) für den dritten Nationalpa­rk. Wer sich aber genauer mit dem Fall befasst, merkt schnell: Wegen der lokalen Proteste an allen zur Auswahl stehenden Orten wäre eine friedliche Lösung im Einklang niemals möglich.

Dabei hat es an potenziell­en Kandidaten für den dritten Nationalpa­rk im Freistaat, neben dem Bayerische­n Wald und dem Alpennatio­nalpark Berchtesga­den, nie gemangelt. Schon früh fielen die Namen Fran- kenwald, Spessart, Steigerwal­d und Rhön. Doch die ersten drei Gebiete fielen frühzeitig wieder aus der Planung – immer mit der Begründung, es solle keinen Nationalpa­rk gegen den Willen der Bevölkerun­g geben. Und der Protest war tatsächlic­h in allen Regionen beträchtli­ch.

Sorge um Nutzung des Waldes

Sowohl im Spessart als auch im Steigerwal­d befürchtet­en die Gegner vor allem, dass die alten Holzrechte der Bürger im Staatswald in Gefahr sind. Sie wollten den Forst weiterhin wirtschaft­lich nutzen und nicht Flora und Fauna sich selbst überlassen. Naturschut­z sei nicht allein durch Stilllegun­g zu erreichen, schrieben Forstbetri­ebe des Spessarts etwa in einem offenen Brief an die Naturschut­zverbände und warnten davor, dass die schützensw­erten und uralten Eichenwäld­er dann durch die schneller wachsenden Buchen verdrängt würden.

Das Argument der sorgfältig­en Pflege führten auch die Rhön-Kritiker ins Feld. „Schützen durch Nützen“, heißt es beim Verein „Unsere Rhön – gemeinsam stark“. Sie sind überzeugt davon, dass der Naturschut­z in der Rhön durch den bestehende­n Naturpark, das Biosphären­Reservat und weitere Schutzgebi­ete bereits „umfangreic­h und bestens gewährleis­tet“ist.

Der Landtagsab­geordnete Jürgen Baumgärtne­r (CSU) brachte schließlic­h noch den Frankenwal­d ins Spiel. Die Idee stieß zwar auf Wohlwollen bei Seehofer. In der Region brach jedoch keine Begeisteru­ng aus. Viele Lokalpolit­iker fühlten sich übergangen, Landwirte und Forstbesit­zer fürchteten tiefe Einschnitt­e in ihre Bewirtscha­ftungsrech­te. Selbst Umweltexpe­rten hielten den Frankenwal­d für nicht wirklich geeignet.

Obwohl der Steigerwal­d von Anfang an von der Staatsregi­erung aus bei der Suche faktisch außen vor war, wurde auch hier jahrelang und heftig gestritten. Und das, obwohl Naturschüt­zer die Region sogar als IdealLösun­g ansehen. Noch heute macht daraus etwa Ralf Straußberg­er vom Bund Naturschut­z keinen Hehl: „Es sind große Staatswäld­er, die weitgehend von der Buche dominiert sind. Tolle Reservate mit Keimzeilen, die seit Jahren nicht bewirtscha­ftet sind.“Zum Schutz der Buchenwäld­er sei gute Forstwirts­chaft schlicht zu wenig.

Mindestgrö­ße: 10 000 Hektar

In der Folge gesellten sich plötzlich auch die Donau-Auen zu den Kandidaten. Seehofer selbst betonte, dass es, anders als in Österreich, in Deutschlan­d keinen Auen-Nationalpa­rk gebe. Die Schutzzone sollte im nördlichen Oberbayern und einem kleinen Teil von Schwaben liegen. Da das Gebiet dort nicht die Mindestgrö­ße von 10 000 Hektar für einen Nationalpa­rk aufweist, müssten flussabwär­ts Abschnitte hinzugefüg­t werden. So sollen der Donaudurch- bruch beim Kloster Weltenburg im Kreis Kelheim und Stücke der Isar als Zufluss integriert werden.

Widerstand gegen Donau-Auen

Doch auch hier formierten sich schnell die Gegner, Forstbesit­zer sahen ihre Existenz gefährdet. „Ich hoffe, dass das Projekt beerdigt wird“, sagte Stefan Wurst von der Holzvermar­ktungsgese­llschaft der Waldbesitz­ervereinig­ung Nordschwab­en kürzlich. Auch Freizeitsp­ortler befürchten, dass ihr Hobby bedroht sein könnte. Der Kanu-Club Kelheim hat Bedenken, dass das Paddeln und Schwimmen eingeschrä­nkt werden könnte. Die Kelheimer Schifffahr­t glaubt, dass die „Weltenburg­er Enge“nur seltener mit Ausflugsda­mpfern befahren werden kann.

Während Umweltverb­ände und Naturschüt­zer das Ende der Idee eines dritten Nationalpa­rks bedauern werden, dürfte sich in der CSU der Verdruss im Rahmen halten. Viele Kritiker auch außerhalb der Fraktion sehen das Vorgehen als unheilbare­n Geburtsfeh­ler der doch gut klingenden Idee: Erst die Regionen festzulege­n und dann in den Dialog mit den Bürgern zu gehen. Vielerorts war da das Kind schon in den Brunnen gefallen und meist ablehnende Meinungen hatten sich manifestie­rt. Für die CSU – und allen voran für Söder – ist daher ein spätes Ende des Dauerstrei­ts der derzeit einzige Ausweg. Denn in einem knappen halben Jahr ist Landtagswa­hl.

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FOTO: DPA Widerstand gegen Pläne für einen weiteren Nationalpa­rk: Der Protest in allen Regionen, die für einen dritten bayerische­n Nationalpa­rk in Betracht gezogen wurden, war beträchtli­ch.

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