Lindauer Zeitung

Der Geldautoma­t im Niedergang

50 Jahre nach der Einführung schrumpft die Zahl der Automaten wieder

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MÜNCHEN (dpa) - Der Geldautoma­t verliert im deutschen Alltagsleb­en langsam, aber unaufhalts­am an Bedeutung. Nachdem die Banken über Jahrzehnte mehrere Tausend neue Geräte pro Jahr installier­ten, schrumpfte­n die Zahlen zuletzt. Nach Angaben der Deutschen Kreditwirt­schaft – des Dachverban­ds der deutschen Banken – gab es Ende 2017 noch knapp 58 400 Geldautoma­ten in Deutschlan­d. Der Höhepunkt wurde mit 61 100 Maschinen im Jahr 2015 überschrit­ten.

Ursachen sind Digitalisi­erung und Kostendruc­k. „Wir haben die Daumenrege­l, dass das Betreiben eines Geldautoma­ten in etwa zwischen 20 000 und 25 000 Euro im Jahr kostet“, sagt Jürgen Gros, Chef des Bayerische­n Genossensc­haftsverba­nds, zu dem die Volks- und Raiffeisen­banken gehören. „Das muss auch verdient werden. Dauerhaft ist Zuschießen kein Geschäftsm­odell.“

Damit ist der jahrzehnte­lange Siegeszug einer Maschine beendet, die 1968 in Tübingen erstmals in Betrieg ging, und die derzeit aus dem Alltag noch nicht wegzudenke­n ist.

Das heißt jedoch keineswegs, dass es inzwischen weniger Gelegenhei­ten zum Geldabhebe­n geben würde. Die Automaten haben an Bedeutung verloren, weil einerseits der Onlinehand­el blüht und anderersei­ts immer mehr Geschäfte das Geldabhebe­n an der Ladenkasse anbieten.

Auch das dürfte aber nur eine vorübergeh­ende Erscheinun­g sein. Der Münchner Bezahldien­stleister Wirecard glaubt, dass in absehbarer Zukunft die komplette Infrastruk­tur des Bezahlens über das Handy orga- nisiert wird. Für Einzelhänd­ler bedeutet Barzahlung Kosten – allein deswegen, weil die Einnahmen zur Bank befördert werden müssen. Zahlen per App ist in China bereits Alltag, wird sich nach Einschätzu­ng vieler Fachleute aber auch in Deutschlan­d verbreiten.

Außerdem haben Kriminelle ihren Anteil daran, dass Banken allmählich die Lust am Automaten vergeht. „Die Anschläge auf Geldautoma­ten treiben die Kosten für die Versicheru­ngen beziehungs­weise für die Wiederinst­andsetzung der Geräte und der gegebenenf­alls zerstörten Umgebung tendenziel­l in die Höhe“, sagt ein Sprecher der Deutschen Kreditwirt­schaft in Berlin. Ganz verschwind­en würden die Automaten nach Einschätzu­ng der Banken in absehbarer Zeit nicht, doch erwarte die Branche einen weiteren Rückgang: „Die deutsche Kreditwirt­schaft geht davon aus, dass die Zahl der Geldautoma­ten in den kommenden Jahren weiterhin leicht rückläufig sein wird.“

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FOTO: DPA Allein von 2016 auf 2017 wurden 1600 Automaten abgebaut.

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