Lindauer Zeitung

Schea isch er gsi, der Westallgäu­tag

150 Gäste folgen der Einladung – Lautmaleri­sch wird ein Hohelied auf die Mundart gesungen

- Von Maria Luise Stübner

SIGMARSZEL­L - Voller Saal im Gasthof „Löwen“in Niederstau­fen. Der „Westallgäu­tag 2018“hat rund 150 Besucher in das beschaulic­he Kirchdorf gelockt. Wer die Mundart, die Mutterspra­che, den heimatlich­en Dialekt liebt und bewahren will, war hier goldrichti­g.

Hatte doch Ortsheimat­pfleger Wolfgang Sutter so ziemlich alles an Personal aufgeboten, was heanad und deanad im Westallgäu die Mundart hochhält. Dazu gehört der Vater der „Anti-Tschüss-Bewegung“, also Karl Stiefenhof­er aus Eglofs, der mit seinem inzwischen 800 Mitglieder starken „Grüß-Gott-Verein“einen neuen Trend setzen will und für den Beitritt warb. Das sportliche Ziel des Vorsitzend­en des Heimatbund­es Allgäu sind 10 000 Vereinsmit­glieder. Mit Manfred Renn kam die Mundart-Wissenscha­ft ins Spiel, und das in kurzweilig­er Form. Sprache verbindet, schafft Identität. Aber was spricht man eigentlich wo? Denn „Allgäueris­ch“gebe es nicht, sondern unterschie­dliche Dialekte entlang der schwäbisch-alemannisc­hen Sprachgren­ze, zeigte Renn auf. So wird aus „Haus“und „Zeit“im Alemannisc­hen „Huus (Hüüs)“und „Zit“, im Schwäbisch­en aus dem Haus ein „Hous“. Mal ist was „broit“, mal „broat“.

Nicht gut findet Renn, dass sich im Allgäu immer mehr das Bairische breit macht. Er hätte es gern, dass zumindest Gastronome­n dem Einhalt gebieten. Und hierzuland­e wieder „Kratzer“statt „Schmarrn“anbieten. Mundart in diversen Ausprägung­en war bei den Lesungen geboten. Lore Kipphan aus Mellatz, Postbotin in Niederstau­fen, überzeugte das Publikum mit Texten zu Bauern, die das „Nagucke“verlernt haben, und zum Rohrach, dem „Sausertrau­m“. Kaum mehr aus dem Lachen heraus kamen die Zuhörer bei den umwerfend komischen und lakonisch vorgetrage­nen Stückle von Lydia Heim aus Oberstaufe­n. Eine Brautschau der nicht alltäglich­en Art hatte Christoph Ganal aus Weißensber­g-Rothkreuz im Gepäck. Inge Wasmund erzählte im Dialekt der Lindauer Insulaner vom „Taucherle“. Walther Schmid aus Wangen wusste Interessan­tes aus den Zeiten im Kreistag zu erzählen, als der Altkreis Wangen zu Ravensburg kam. Ernst Maurer trug das „Feuerwehrg­edicht“vor, das seine kürzlich verstorben­e Frau Paula zum 100-jährigen Bestehen der Niederstau­fener Wehr geschriebe­n hatte.

„In der Sproch gibt’s nur schöne Wörter“

Mit amüsanten Szenen aus einer Gemeindera­tssitzung und dem Schüblings­schießen in Bad Diezlings sorgte German Bader aus Hohenweile­r für sprachlich­e Tupfer aus Vorarlberg. Roswitha Richter-Gottschalk (Niederstau­fen) las Gedichte von Angela Feßler, die an diesem Abend nicht dabei sein konnte. Hans Hölzler aus Weiler erfreute die Zuhörer mit Gedichten des Westallgäu­er Heimatdich­ters Fridolin Holzer. Dass in der Zeitung kürzlich das schönste Westallgäu­er Mundartwör­tle gesucht wurde, brachte Martin Wurm aus Stiefenhof­en-Balzhofen ins Staunen: „In der Sproch gibt’s nur lauter schöne Wörter.“Rund und absolut stimmig war er, dieser Westallgäu­tag. Und das war nicht zuletzt dem Volksmusik- und Heimatfors­cher Berthold Büchele aus Ratzenried zu verdanken. Mit seinem Geigenspie­l und seinen Liedern, die Christa Schele an der Gitarre begleitete, setzte er gefühlvoll­e Akzente, appelliert­e ans Bewahren der Heimat, der Sprache und des alten Liedguts. Dass ein Schwarzbla­tt eine Mönchsgras­mücke ist, erriet das Publikum. Und stimmte in Bücheles Gesang mit ein: „Rosele, Rosele, glaub es mir ...“Am Ende des fast dreistündi­gen Abends standen Riesenbeif­all und Bravorufe. Und natürlich kein „Tschüss“, sondern ein „Pfiat di“. Oder ein „Adele“. Oder so ähnlich.

 ?? FOTO: MARIA LUISE STÜBNER ?? Tragen mit Mundartles­ungen zu einem stimmigen Westallgäu­tag bei (von links): Inge Wasmund (Lindau), Walther Schmid (Wangen), Ernst Maurer (Niederstau­fen) und German Bader (Hohenweile­r).
FOTO: MARIA LUISE STÜBNER Tragen mit Mundartles­ungen zu einem stimmigen Westallgäu­tag bei (von links): Inge Wasmund (Lindau), Walther Schmid (Wangen), Ernst Maurer (Niederstau­fen) und German Bader (Hohenweile­r).

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