Kritik an Söders „kleinen Staatssekretären“
In der Landtagsopposition regt sich Widerstand gegen Erweiterung der CSU-Staatsregierung durch die Hintertür
MÜNCHEN - Die Zahl der Mitglieder des bayerischen Kabinetts ist laut Landesverfassung auf 18 – inklusive Ministerpräsident – begrenzt. 17 Minister und Staatssekretäre sind dem neuen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) aber offenbar zu wenig, um Präsenz im Flächenstaat zu zeigen und den Ruhm seiner Regierung auch in den letzten Winkel des Freistaats hinaus zu tragen, argwöhnt die Landtagsopposition. Deshalb habe Söder sein Kabinett gleichsam um die Hintertür erweitert: Mit Hilfe von „Beauftragten der Staatsregierung“.
Tatsächlich gab es noch nie so viele „Beauftragte“wie derzeit – ein knappes halbes Jahr vor der Landtagswahl. Die Staatskanzlei listete sie erst kürzlich auf: Da gibt es einen Beauftragten für das Ehrenamt, für Patienten und Pflege, für Bürokratieabbau, für Aussiedler und Vertriebene, für staatliche Beteiligungen, für Integration und - ganz global – für „Bürgeranliegen“. Letzteres, kommentiert der Freie Wähler-Landtagsabgeordnete Hans Jürgen Fahn, sei „besonders schizophren“, gebe die Regierung damit doch zu, sich zu wenig um die Belange der Bürger gekümmert zu haben.
Bemerkenswert: Sieben von acht Beauftragten sind Landtagsabgeordnete und gehören der CSU an – für die Opposition ein klares Indiz, worum es bei Söders Beauftragtenwesen vor allem geht. Es gibt freilich eine Ausnahme: Die schon länger amtierende Beauftragte für Menschen mit Behinderung, Irmgard Badura, ist keine Landtagsabgeordnete.
Die acht Beauftragten gehören zwar nicht dem Landeskabinett an, können jedoch auf eine recht stattliche Ausstattung zurückgreifen. Sie umfasst eine Entschädigung von „bis zu 3000 Euro“pro Monat, Geschäftsstelle mit vier Mitarbeitern inklusive Fahrer. Bei schon früher berufenen Beauftragten kann die Ausstattung auch noch großzügiger ausfallen. Für das „Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement“sei dagegen kein Geld da, beschwert sich Parlamentarier Fahn.
Freie Wähler murren
„Die Beauftragten beraten die Staatsregierung mit externem Sachverstand in speziellen Themenbereichen“, teilte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) mit. Sie seien Bindeglied zwischen den bayerischen Bürgern und der Staatsregierung. Herrmann findet das „eine gute Idee. Wir wollen Kümmerer, die ganz nahe bei den Menschen sind“. Durch die direkte Nähe der Regierungsbeauftragten zum Bürger könnten „Probleme schneller, einfacher und direkter gelöst werden“. Mit den neuen Beauftragten für alle Themen sei man „gut aufgestellt“.
Das ist aus Sicht der CSU sicherlich so, meint der Freie Wähler-Landtagsabgeordnete Michael Piazolo. Er argwöhnt, dass die Grenzen zwischen Exekutive und Legislative zumindest was die CSU-Fraktion angeht immer mehr verwischt werden.
Zusammen mit den Kabinettsmitgliedern, argumentiert Piazolo, stünden damit 24 der 101 CSU-Abgeordneten im Dienst der Staatsregierung. Es sei fraglich, ob „bei einer derart großen Verzahnung“noch von einer Kontrolle der Regierung durch die Mehrheitsfraktion die Rede sein könne. Mit einer „geradezu inflationären Nutzung“des Instruments der Beauftragten der Staatsregierung wolle Söder die verfassungsmäßige Beschränkung der Größe des Kabinetts umgehen und sich gegenüber parteipolitischen Weggefährten erkenntlich zeigen.