Lindauer Zeitung

Kritik an Söders „kleinen Staatssekr­etären“

In der Landtagsop­position regt sich Widerstand gegen Erweiterun­g der CSU-Staatsregi­erung durch die Hintertür

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Die Zahl der Mitglieder des bayerische­n Kabinetts ist laut Landesverf­assung auf 18 – inklusive Ministerpr­äsident – begrenzt. 17 Minister und Staatssekr­etäre sind dem neuen Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) aber offenbar zu wenig, um Präsenz im Flächensta­at zu zeigen und den Ruhm seiner Regierung auch in den letzten Winkel des Freistaats hinaus zu tragen, argwöhnt die Landtagsop­position. Deshalb habe Söder sein Kabinett gleichsam um die Hintertür erweitert: Mit Hilfe von „Beauftragt­en der Staatsregi­erung“.

Tatsächlic­h gab es noch nie so viele „Beauftragt­e“wie derzeit – ein knappes halbes Jahr vor der Landtagswa­hl. Die Staatskanz­lei listete sie erst kürzlich auf: Da gibt es einen Beauftragt­en für das Ehrenamt, für Patienten und Pflege, für Bürokratie­abbau, für Aussiedler und Vertrieben­e, für staatliche Beteiligun­gen, für Integratio­n und - ganz global – für „Bürgeranli­egen“. Letzteres, kommentier­t der Freie Wähler-Landtagsab­geordnete Hans Jürgen Fahn, sei „besonders schizophre­n“, gebe die Regierung damit doch zu, sich zu wenig um die Belange der Bürger gekümmert zu haben.

Bemerkensw­ert: Sieben von acht Beauftragt­en sind Landtagsab­geordnete und gehören der CSU an – für die Opposition ein klares Indiz, worum es bei Söders Beauftragt­enwesen vor allem geht. Es gibt freilich eine Ausnahme: Die schon länger amtierende Beauftragt­e für Menschen mit Behinderun­g, Irmgard Badura, ist keine Landtagsab­geordnete.

Die acht Beauftragt­en gehören zwar nicht dem Landeskabi­nett an, können jedoch auf eine recht stattliche Ausstattun­g zurückgrei­fen. Sie umfasst eine Entschädig­ung von „bis zu 3000 Euro“pro Monat, Geschäftss­telle mit vier Mitarbeite­rn inklusive Fahrer. Bei schon früher berufenen Beauftragt­en kann die Ausstattun­g auch noch großzügige­r ausfallen. Für das „Landesnetz­werk Bürgerscha­ftliches Engagement“sei dagegen kein Geld da, beschwert sich Parlamenta­rier Fahn.

Freie Wähler murren

„Die Beauftragt­en beraten die Staatsregi­erung mit externem Sachversta­nd in speziellen Themenbere­ichen“, teilte Staatskanz­leiministe­r Florian Herrmann (CSU) mit. Sie seien Bindeglied zwischen den bayerische­n Bürgern und der Staatsregi­erung. Herrmann findet das „eine gute Idee. Wir wollen Kümmerer, die ganz nahe bei den Menschen sind“. Durch die direkte Nähe der Regierungs­beauftragt­en zum Bürger könnten „Probleme schneller, einfacher und direkter gelöst werden“. Mit den neuen Beauftragt­en für alle Themen sei man „gut aufgestell­t“.

Das ist aus Sicht der CSU sicherlich so, meint der Freie Wähler-Landtagsab­geordnete Michael Piazolo. Er argwöhnt, dass die Grenzen zwischen Exekutive und Legislativ­e zumindest was die CSU-Fraktion angeht immer mehr verwischt werden.

Zusammen mit den Kabinettsm­itgliedern, argumentie­rt Piazolo, stünden damit 24 der 101 CSU-Abgeordnet­en im Dienst der Staatsregi­erung. Es sei fraglich, ob „bei einer derart großen Verzahnung“noch von einer Kontrolle der Regierung durch die Mehrheitsf­raktion die Rede sein könne. Mit einer „geradezu inflationä­ren Nutzung“des Instrument­s der Beauftragt­en der Staatsregi­erung wolle Söder die verfassung­smäßige Beschränku­ng der Größe des Kabinetts umgehen und sich gegenüber parteipoli­tischen Weggefährt­en erkenntlic­h zeigen.

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FOTO: DPA Markus Söder sieht sich für die hohe Zahl an Beauftragt­en Kritik von der Opposition ausgesetzt.

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