Gesangsklasse der Musikschule begeistert
Junge Gesangstalente im Club Vaudeville – „‘s g’hört so!“: Regina Kuhn reißt ihre Schüler mit
LINDAU - Der Club Vaudeville gilt nicht unbedingt als klassischer Raum für Musikschulkonzerte. Dort geht der Punk ab oder der Hip Hop. Manches Mal knallt Schwermetall, also Heavy Metal aus den Boxen. Doch es gibt alle zwei Jahre das Kabaräh, das ein ganz anderes Publikum anlockt. Und genau so ist es mit den Konzerten der Schülerinnen und Schüler um Gesangslehrerin Regina Kuhn. All diese haben eines gemeinsam: die Extrovertiertheit. Unter allen musikalischen Instrumenten gilt die Gesangsstimme als eines der problematischsten, denn das Instrument sitzt im eigenen Körper. Um dieses richtig zum Klingen zu bringen, dürfen der Sänger oder die Sängerin nicht introvertiert in sich hineinhauchen, sondern müssen voller Überzeugung aus sich rausgehen. Und wenn irgendwas nicht so läuft, wie es eigentlich geplant war, heißt es bei Regina Kuhn: „‘s g’hört so!“Damit ist auch schon der Programmtitel erklärt.
Was Kuhn lebt und ihren Schülern hervorragend mitgibt, besser vielleicht: wie sie ihre Schüler mitreißt, ist eben das Extrovertierte. Wenn nicht im Leben, so aber auf der Bühne. Und dafür bietet sich der Club Vaudeville bestens an. Das ist kein gehobenes Ambiente, wo einem aus Respekt vor der Kulisse schon gleich die Stimme versagt. Nein, hier darf man Laut geben, auch seitens des Publikums.
Dieses Extrovertierte lässt sich kaum in Kunstliedern wie dem „Veilchen“oder der „Forelle“ausdrücken, zumindest nicht als Schüler, eher in Liedern aus Musicals. Daher haben Kuhn und ihre „Sangeskinder“ein buntes Programm zusammengestrickt und szenisch mit teilweise kuriosen Kulissen ausgestattet. Das alles aber immer mit einer kräftigen Portion Augenzwinkern.
Natürlich nicht ohne Ausnahme: Sven Tittes stürzt sich lieber in Ernstes wie „The Unforgiven“oder die Szene der „Bohemian Rapsody“von Queen, die in der Todeszelle mit allen Fantasmen spielt. Aber auch Klassisches wurde an diesem Abend geboten: Solveighs Lied aus Peer Gynt, das Alicia Plieninger sang. Hier wurde ein Problem deutlich: Kann oder soll klassischer Gesang mit Mikrophon oder Headset dargeboten werden? Ja, weil Alicia sonst akustisch in dem Raum untergegangen wäre, da alle anderen Programmpunkte fast ein Mikro bedingten. Und nein, weil dieses intime Lied dadurch zu laut aus den Boxen knallte. Einen Mittelweg zu finden, ist da sehr schwer, und das soll Alicias Leistung auch nicht schmälern.
Ein mitreißender Auftritt stand schon am Beginn des Abends an: Im Saal verteilt starteten Vivian Stock, Karlheinz Grübel, Alicia Plieninger, Frank Martin, Lili Mauderer Sophia Lay und Maria Kuhn mit „Hello!“aus dem „Book of Mormon“, bis sie sich alle auf der Bühne wiederfanden. Zweimal durfte auch die Gesangslehrerin singen, einmal im Duo mit Melanie Thurnher, später bei der Zugabe, als die fröhliche Apokalypse wiederholt wurde. Sie sorgte für beste Unterhaltung während der Umbaupausen, allein das ist schon ein Besuch der Konzerte ihrer Gesangsklasse wert. So bekräftigte sie, dass in dem Sarg, der als Kulisse für „My Man‘s Gone Now“aus Porgy and Bess mit Feline Kristukat, Lili Mauderer und Maria Kuhn angefertigt wurde, niemand drinläge, nicht mal der Schreiner, der ihn gebaut habe.
Zähne putzend und sich mit einer Gabel die Haare kämmend, fragte sich Sophia Lay „Was ist nur los mit ihm“aus „Rebecca“, nachdem vorher sich Mina Schneider und Amelia Walczak fragten: „Ist da jemand?“– bis Vivian Stock als Wolf schließlich kam, die beiden Rotkäppchen abschleppen wollte und die Rechnung ohne eine Spielzeugpistole gemacht hatte. Denn die erledigte ihn final.
Tango auf Französisch beeindruckt
Ein Mutter-Tochter-Duell, aber nur in musikalischer Hinsicht, sangen Ute und Julia Müller. „Mrs de Winter bin ich“hieß das Lied, ebenfalls aus „Rebecca“. Ebenfalls beeindruckend der Auftritt Lili Mauderers mit El Choclo, einem der Tangos schlechthin und hier auf französisch gesungen. Charly Grübel, Maria Kuhn, Vivian Stock und Frank Martin waren da lebende Kulisse und gleich danach für die fröhliche Apokalypse bestens eingestimmt, denn Grübel hatte die anderen schon als Kellner mit Getränken bedient.
Martin glänzte als liebestrunkener Solist bei „Una Furtiva lagrima“aus „L‘elisir d’amore“, endete später mit Lucia Fechner und „You raise me up“auf der Parkbank. Carolina Reutin startete als Meerjungfrau, die sich während des Lieds „Part of your world“Schwimmflossen anlegte, bevor Alicia Plieninger die Meerjungfrau übernahm und Maria Kuhn als Meerhexe in „Poor Unfortunate Souls“ihre Stimme vertraglich abgab, um zu ihrem geliebten Menschen zu können.
Immer wieder dienten Videoclips oder Bilder als Kulisse, dies war vor allem hilfreich bei „Tomorrow Never Dies“, dem James-Bond-Lied, vorgetragen von Vivian Stock, denn da liefen kurze Sequenzen des Filmes ab. Und alle waren abschließend als Chor auf der Bühne, um Sven Tittes bei seiner Version von Freddy Mercury’s „Bohemian Rhapsody“zu unterstützen.
Ein begeisternder Abend, der ein glückliches Publikum in die frühlingshafte Nacht entließ und glückliche Sänger um ihre hochzufriedene Lehrerin hinterließ. Hat irgendetwas nicht so geklappt? Doch, weil „‘s g’hört so!“