Blütenrekord: Jetzt müssen die Bauern ausdünnen
Nach einem Jahr mit wenigen Früchten haben die Bäume viel Kraft für die neue Blüte
FRIEDRICHSHAFEN - Wo vergangenes Jahr zu wenig war, ist dieses Jahr zu viel: Auf das schlechte Erntejahr 2017 folgt derzeit ein Blütenrekord was aber noch keine Rekordernte bedeutet. Das Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee empfiehlt den Bauern, ihre Bäume auszudünnen, weil diese gar nicht genug Kraft für so viele Früchte haben.
1992 war das letzte Jahr, in dem die Obstbäume so stark geblüht haben wie jetzt. Das weiß Michael Zoth, Produktionstechniker beim Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee. Er sagt: „Wir sind selbst überrascht, wie massiv die Blüten dieses Jahr treiben.“Als Grund für den Blütenrekord sieht er den Frost im April 2017, bei dem viele Blüten erfroren sind. Die Folge: An den Bäumen hingen wenig Früchte, die geerntet werden konnten. Hermann Gabele vom Landwirtschaftsamt Bodenseekreis erklärt: „Die Bäume mussten vergangenes Jahr nur wenig Kraft in die Früchte stecken und kommen jetzt gestärkt in den Frühling.“Noch mehr Blüten, wie es sie dieses Jahr im Raum Friedrichshafen gibt, das „geht nicht“.
Kleinere Äpfel möglich
Kommt nach der Flaute vom vergangenen Jahr also diesen Sommer ein Erntehoch? Wenn das Wetter mitspielt und es keinen Frost oder eine trockene Hitzewelle gibt, werden im Juni extrem viele Früchte am Baum hängen. Das Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee empfiehlt auf seiner Webseite den Landwirten, im Juni die noch unreifen Früchte per Hand zu reduzieren. Michael Zoth warnt vor Qualitätseinbußen, falls die Bauern die Empfehlung nicht umsetzen: „Wenn beispielsweise zu viele Äpfel an einem Baum hängen, fallen sie kleiner aus und die Geschmacksstoffe in den Äpfeln können nicht ausreichend gebildet werden.“
Auch Helmut Jäger, Vorsitzender der Obstregion Bodensee, hält eine Ausdünnung der Bäume für sinnvoll: „Wenn die Bäume im einen Jahr brechend voll sind, machen sie im nächsten Jahr ein Erholungsjahr, weil sie verausgabt sind. Das heißt, dass es dann wieder viel weniger Früchte gibt.“Durch die Ausdünnung können die Bauern besser kontrollieren, wie viele Früchte im nächsten Jahr kommen. Laut Jäger wird vor allem bei Apfelbäumen die Menge der Früchte durch Ausdünnung geregelt: „Ein Apfel sollte zwischen 65 bis 85 Zentimeter Umfang haben. Hängen zu viele Früchte am Baum, ist diese Größe nicht möglich.“
Feuerbrandrisiko erhöht
Der Blütenrekord birgt zudem ein weiteres Risiko. Je mehr Blüten es gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Baum von Feuerbrandbakterien befallen wird. Die Blätter und Blüten des befallenen Baumes welken und werden braun oder sogar schwarz. „Das warme Wetter in den vergangenen Tagen und der Regen der darauf gefolgt ist, begünstigen den Befall. Feuerbrandbakterien mögen es warm und feucht. Deshalb müssen die Bauern die Pflanzen mit bestimmten Mitteln wie LMA oder „Blossom Protect“schützen“, sagt Michael Zoth. LMA (Wirkstoff: Aluminiumkaliumsulfat) ist ein Salz, das auf die Blüte gesprüht wird und die Bakterien abtötet. „Blossom protect“ist ein alternatives Hefe-Präparat für Bio-Bauern, das sich auf die Blüte setzt und das Wachstum der Bakterien blockiert.