Ohne Fahrer durch Allgäuer Täler
Oberstdorf plant den Bus der Zukunft – Laserscan-Auto vermisst Teststrecken
OBERSTDORF (mun) - Ein im Oberallgäu gestartetes Modellprojekt soll das autonome Fahren von elektrisch betriebenen Bussen ein Stück weiter voranbringen. Im Rahmen des mit EU-Geld geförderten Vorhabens war jüngst ein spezielles Messfahrzeug im Hintersteiner Tal bei Bad Hindelang sowie im Stillachtal bei Birgsau, südlich von Oberstdorf, unterwegs.
Die Aufzeichnungen des Messfahrzeugs dienen dazu, die beiden Streckenabschnitte in den Gebirgstälern virtuell darstellen zu können. „Mit der genauen Kartierung und Bewertung der Strecken, wie sie im Rahmen des Interreg-Kleinprojekts geschieht, kann die Straße am Computer simuliert und Fahrzeuge können zunächst virtuell getestet werden“, erklärt Simon Steuer. Er ist Klimaschutzbeauftragter im Oberallgäuer Landratsamt.
Strecken für Autos gesperrt
Die Messungen mit dem kamerabepackten Auto machte im Oberallgäu die Firma 3-D-Mapping aus Holzkirchen bei München – kostenlos. Wie andere mittelständische Unternehmen arbeitet die Firma an neuen Mobilitätslösungen und hat deshalb Interesse an einem Testgebiet. Die beiden Strecken bei Oberstdorf und Hinterstein sind wegen des Naturschutzes für Autos gesperrt. Nur öffentliche Busse verkehren dort – derzeit noch mit Dieselmotoren.
Mit dem autonomen Fahren könnte sich die Mobilität im ländlichen Raum in absehbarer Zeit grundlegend verändern, heißt es aus dem Oberallgäuer Landratsamt. Die Kosten für einen Personentransport in einem elektrisch betriebenen, fahrerlosen Verkehrsmittel seien sehr gering. Heutige Elektroautos verbrauchen auf 100 Kilometer 15 bis 20 Kilowattstunden Strom – das entspricht Energiekosten von vier bis sieben Euro. Ein denkbares Zukunftsmodell sieht so aus: Autonom fahrende Elektroautos oder Busse könnten in Zukunft auch abgelegenere Ortsteile anfahren und Gäste abholen oder dort aussteigen lassen.
Auch für den Tourismus gut
Wenn eine Umsetzung sinnvoll erscheint und technisch möglich ist, ginge es in einem Nachfolgeprojekt um die Realisierung. Wann das sein könnte? „Ich gehe davon aus, dass das in absehbarer Zeit sein wird“, sagt der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU). Wenn möglicherweise bald im Hintersteiner Tal und im Birgsautal umweltfreundliche, autonome Busse verkehren würden, wäre das „ein Highlight für das Oberallgäu als Tourismusregion“, sagt Klotz.
Auf der Suche nach einem Beispiel wird man im niederbayerischen Thermalkurort Bad Birnbach (Landkreis Rottal-Inn) fündig: Dort verkehrt seit einem halben Jahr ein Elektrobus ohne Fahrer. Die Bilanz des bundesweiten Pilotprojekts der Deutschen Bahn fällt positiv aus. Bad Birnbach profitiere vom Medienecho, heißt es aus der Kurverwaltung. Die Gäste hätten das Angebot gut angenommen. Sie sind in Bad Birnbach allerdings entschleunigt unterwegs: Auf TÜV-zertifizierten Teststrecken darf in Deutschland nur mit maximal 15 Kilometern pro Stunde gefahren werden.
Bad Birnbach hat schon profitiert
Dies sei natürlich noch keine Option für einen flächendeckenden Einsatz oder die Befahrung der Gebirgstäler, heißt es aus dem Oberallgäuer Landratsamt. Immerhin: Nach dem Start des Projekts verbuchte man in Bad Birnbach im Dezember die höchste Übernachtungszahl seit Gründung der Therme vor 40 Jahren.
An dem Projekt im Oberallgäu sind neben dem Landkreis die Uni Innsbruck, die Hochschule Kempten und die Marktgemeinde Oberstdorf beteiligt.