Lindauer Zeitung

Verfasser von Bombendroh­ung verurteilt

Jugendstra­fe für minderjähr­igen Täter – Forderunge­n nach Schadeners­atz könnten noch folgen

- Von Nadine Sapotnik und Hagen Schönherr

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Jugendlich­e, der im Juni 2017 dem Medienhaus k42 mit einer Bombe gedroht hatte, ist verurteilt worden. Zwei Jahre Jugendstra­fe erwarten ihn nun – doch Ansprüche auf Schadeners­atz könnten ihn noch empfindlic­her treffen. Der Jugendlich­e bestreitet auch nach dem Urteil, dass er etwas mit dem Drohbrief zu tun hat.

Der Minderjähr­ige wurde am Donnerstag vor dem Jugendschö­ffengerich­t am Amtsgerich­t in Tettnang verurteilt. Im Juni hatte er mit seinem Drohbrief für viel Aufregung in der Häfler Innenstadt gesorgt. Er hatte gedroht im Medienhaus an der Karlstraße eine Bombe zu zünden, wenn er nicht 100 000 Euro bekäme. Die Polizei sperrte daraufhin großräumig das Gebäude ab. Acht Wochen später konnte die Kriminalpo­lizei den Jugendlich­en schließlic­h als Verfasser des Briefes ermitteln. An zwei Verhandlun­gstagen musste sich der Minderjähr­ige wegen Störung des öffentlich­en Friedens unter Androhung von Straftaten in Tateinheit mit versuchter räuberisch­er Erpressung verantwort­en. Neben der Bombendroh­ung als Hauptdelik­t musste sich der junge Mann auch wegen Diebstähle­n und Körperverl­etzungen verantwort­en. Weil der junge Mann noch nicht volljährig ist, wurde der Fall unter Ausschluss der Öffentlich­keit verhandelt.

Ob der Jugendlich­e wirklich für zwei Jahre ins Gefängnis muss, steht noch nicht fest. „Er hat ein halbes Jahr Zeit, um sich zu bewähren“, sagt der Vorsitzend­e Richter, Martin Hussels, gegenüber der Schwäbisch­en Zeitung. Er muss diese Zeit in einer besonderen Wohngruppe für Jugendlich­e verbringen. Bei einer Jugendstra­fe steht für die Staatsanwa­ltschaft im Vordergrun­d, dass sie einen erzieheris­chen Zweck erfüllt.

Deshalb sei Hussels der Forderung des Staatsanwa­lts nicht nachgekomm­en. Dieser hatte in der Verhandlun­g ein Jahr und sechs Monate für den Jugendlich­en gefordert. Auch der Anwalt des Jungen war einverstan­den mit der Forderung des Staatsanwa­lts. Der Jugendlich­e habe bei der Verkündung des Urteils keine Regung gezeigt. „Auch während der Verhandlun­g war der Jugendlich­e sehr ruhig“, sagt Hussels.

Für die Staatsanwa­ltsschaft habe es keinen Zweifel daran gegeben, dass der Junge die Vergehen begangen habe. Die Drohung gegenüber des Medienhaus­es war dabei das Hauptdelik­t, hinzu kamen Delikte wie Diebstahl und Körperverl­etzung. „Auf Grundlage der Indizien sind wir der Überzeugun­g, dass er all diese Taten begangen hat und insbesonde­re der Urheber des Erpresserb­riefs ist“, sagt Hussels.

Der Frage, ob er seine Drohung dabei auch hätte umsetzen können, ist die Staatsanwa­ltsschaft, nicht nachgegang­en. „Das spielt in diesem Kontext auch keine Rolle“, sagt Hussels. Der Tatbestand der Störung des öffentlich­en Friedens verlange nicht, dass er auch eine Bombe hätte bauen können. Auch wenn die Indizien für Hussels eindeutig sind, hat der Jugendlich­e bestritten, etwas mit dem Drohbrief zu tun zu haben. „Wir wissen, dass er zu dieser Zeit im Medienhaus war“, sagt Hussels.

Einzuordne­n, ob das Urteil ein hartes sei oder nicht, sei schwierig, so Hussels. „Der Hauptvorwu­rf einer Bombendroh­ung kommt sehr selten vor bei uns“, sagt Hussels. Deshalb gebe es keinen Vergleich. „Wir haben uns schlichtwe­g von der Frage leiten lassen, ab welchem Maß die Strafe erzieheris­ch wirkt“, sagt er.

Noch ist das Urteil nichts rechtskräf­tig. Der Verurteilt­e hat eine Woche Zeit, um Revision einzulegen. Ungeachtet drohen ihm noch empfindlic­he finanziell­e Folgen der Tat. Wegen des Einsatzes von Rettungsdi­ensten und dem Ausfall von Linienschi­ffen im Hafen sowie Geschäften, die wegen der Drohung zeitweise schließen mussten, war im Juni ein mindestens fünfstelli­ger Schaden entstanden.

Unter anderem die BodenseeSc­hiffsbetri­ebe BSB denken deshalb laut eines Sprechers darüber nach, Schadeners­atz zu fordern. Sie mussten damals die Fähre nach Langenarge­n umleiten. Martin Huchler, Geschäftsf­ührer des Modegeschä­fts Huchler im k42 will dagegen von solchen Schritten absehen: „Wir konnten damals erst um 14 Uhr öffnen und hatten Umsatzausf­älle“, sagte er im SZ-Gespräch. Man glaube aber nicht, dass sich ein Bemühen um Schadeners­atz noch lohne.

Die Stadt Friedrichs­hafen und das Polizeiprä­sidium Konstanz konnten am Donnerstag noch nicht einschätze­n, ob sie eventuell Kosten für den Einsatz damals gelten machen.

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