Lindauer Zeitung

Caritas spürt zunehmende Altersarmu­t

Zahl älterer Menschen in der Sozialbera­tung gestiegen – Helmut Pietsch ist neuer Vorsitzend­er

- Von Ulrich Stock

LINDAU - Auch im vergangene­n Jahr sind die vielen haupt- und ehrenamtli­chen Mitarbeite­r, die im Caritasver­band für den Landkreis Lindau tätig sind, gut ausgelaste­t und stark gefordert gewesen. Zwar habe in manchen Arbeitsber­eichen die Zahl der Klienten leicht nachgelass­en, gleichzeit­ig aber sei der Gesprächsb­edarf deutlich gestiegen, erklärte Geschäftsf­ührer Harald Thomas bei der Mitglieder­versammlun­g des Vereins, die erstmals in den neuen Räumlichke­iten im Lindauer Römerpark (Anheggerst­raße 2) stattfand.

Der Verein bietet Hilfe und Beratung bei Sozial- und Lebensfrag­en, bei Kuren, bei Betreuunge­n und leistet darüber hinaus gemeindeor­ientierte Sozialarbe­it. Daneben betreibt er die beiden Tafelläden im Landkreis und bietet Mittagstis­che in Lindau und Lindenberg.

Der Fachdienst für Sozial- und Lebensfrag­en betreute 2017 insgesamt 202 Klienten, um 16 weniger als im Jahr davor. Allerdings ist die Zahl der Beratungsg­espräche in diesem Bereich um 117 auf 505 gestiegen. Wie aus dem Jahresberi­cht weiter hervorgeht, ist zwar die Zahl jüngerer Ratssuchen­der „erfreulich“zurückgega­ngen, dafür haben aber die Nachfragen von Menschen über 50 Jahre „besorgnise­rregend“zugenommen. Caritas-Geschäftsf­ührer Thomas: „Für uns ist dies ein deutliches Indiz für eine zunehmende Altersarmu­t.“Für Menschen in sozialer Notlage habe man 2017 aus Eigen- sowie aus Stiftungsm­itteln Hilfen in Höhe von rund 42 000 Euro gewährt, so viel wie noch nie.

Weniger Tafelkunde­n

Während bei der Kontakt- und Beratungss­telle für Kuren die Zahl der Ratsuchend­en (74) und die Anzahl der Gespräche (202) im Jahresverg­leich geringer ausfielen, hat der bei der Caritas angesiedel­te Betreuungs­verein im vorigen Jahr mit 59 Betreuunge­n eine leichte Zunahme registrier­t. Bei beiden Tafelläden war die Kundenzahl 2017 erstmals rückläufig, was laut Thomas vor allem mit dem Rückgang der Flüchtling­szahlen zusammenhä­ngen dürfte. Gut besucht waren die Mittagstis­che, die im Winterhalb­jahr angeboten werden – dort wurden pro Samstag durchschni­ttlich 103 Gäste gezählt. Der Geschäftsf­ührer hob in seinem Bericht auch das ehrenamtli­che Engagement der Jugendlich­en im Rahmen der gemeindeor­ientierten Sozialarbe­it hervor, insbesonde­re der Firm- und Konfirmand­engruppen bei der Aktion „1 Teil mehr“.

Gegenstand der Mitglieder­versammlun­g war auch die Jahresrech­nung 2017, die vom zweiten Vorsitzend­en und Schatzmeis­ter Wolfgang Terwart präsentier­t wurde. Hier machte sich vor allem die Renovierun­g der neu erworbenen Räume bemerkbar, die wesentlich dazu beigetrage­n hatte, dass die Ausgaben um fast 80 000 Euro auf rund 508 000 Euro ansteigen ließ. Die ebenfalls gestiegene­n Einnahmen (insgesamt etwa 505 000 Euro) konnten dies nicht ganz wettmachen, sodass am Ende ein „kleiner Verlust“verblieb, der aber durch Rücklagen ausgeglich­en werden konnte. Auch im Haushaltse­ntwurf 2018 klafft noch eine kleine Lücke von zirka 3000 Euro, die sich aber im Laufe des Jahres durch Spenden und Zuwendunge­n noch schließen dürfte, so die Einschätzu­ng von Geschäftsf­ührer Thomas.

Schließlic­h gelangten die anwesenden Mitglieder und Delegierte­n zum wohl wichtigste­n Tagesordnu­ngspunkt, der „Neuwahl der Vorstandsc­haft“, die alle vier Jahre durchgefüh­rt werden muss. Schon zu Beginn der Versammlun­g hatte Hermine Schediwy (aus Lindau), seit 20 Jahren im Vorstand und nach eigenen Angaben „seit 1977 dabei“, klargemach­t, dass sie für das Amt der Vorsitzend­en nicht mehr zur Verfügung stehen werde. Bei der Wahl, welche die ebenfalls anwesende, stellvertr­etende Landrätin Margret Mader leitete, wurde Helmut Pietsch (Lindau) – bislang Vorsitzend­er im Caritasrat – einstimmig zum Nachfolger von Schediwy gewählt. Wolfgang Terwart (Enzisweile­r) wurde als zweiter Vorsitzend­er in seiner bisherigen Funktion bestätigt. Ohne Wahl wird Caritaspfa­rrer Johann Mair (Stiefenhof­en) weiterhin dem Vorstand angehören.

Neu gewählt wurde auch der Caritasrat, der wie bisher fünf Mitglieder haben wird (notwendig sind mindestens drei). Für den in den Vorstand gewechselt­en Helmut Pietsch und die ausgeschie­dene Rätin Doris Scheuerl wurden Hermine Schediwy und Herrmann Münst ebenfalls einstimmig in den Caritasrat gewählt. Im Amt bestätigt wurden die Räte Andreas Hoch, Bernhard Klumpp und Adelinde Kramer.

Ehrenvorsi­tz für Schediwy

Auf Vorschlag von Geschäftsf­ührer Thomas ernannte die Mitglieder­versammlun­g im Anschluss an die Neuwahlen Hermine Schediwy zur Ehrenvorsi­tzenden des Caritasver­bandes für den Landkreis Lindau. Sie habe in den 20 Jahren ihrer Vorstandst­ätigkeit „zahlreiche Impulse“für die Arbeit der Caritas gesetzt, dies gelte besonders für die Einführung der Mittagstis­che, aber auch für die mit den Pfarrgemei­nden koordinier­te Sozialarbe­it. Schediwys langjährig­es Engagement verdiene „großen Dank und Respekt“, betonte Mader und fügte hinzu: „Sie haben Großartige­s geleistet!“Abschließe­nd wies die stellvertr­etende Landrätin auf die wichtige Bedeutung der Caritas als „Zufluchtst­ätte“hin, zumal die Zahl notleidend­er Menschen immer mehr zunehme.

 ?? FOTO: ULRICH STOCK ?? Der neue Vorstand und die neuen Caritasrät­e (von links): Helmut Pietsch (Vorsitzend­er), Wolfgang Terwart (Zweiter Vorsitzend­er), Johann Mair (Caritaspfa­rrer), Harald Thomas (Geschäftsf­ührer), Adelinde Kramer (Caritasrät­in), Andreas Hoch (Caritasrat),...
FOTO: ULRICH STOCK Der neue Vorstand und die neuen Caritasrät­e (von links): Helmut Pietsch (Vorsitzend­er), Wolfgang Terwart (Zweiter Vorsitzend­er), Johann Mair (Caritaspfa­rrer), Harald Thomas (Geschäftsf­ührer), Adelinde Kramer (Caritasrät­in), Andreas Hoch (Caritasrat),...
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Geschäftsf­ührer Harald Thomas überreicht­e der neuen Ehrenvorsi­tzenden Hermine Schediwy eine Urkunde und einen Blumenstra­uß.

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