Angeklagter wurde von „türkischem Mann“geführt
Fünf Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung für 38-jährigen Speicher-Karten-Dieb aus Georgien
FRIEDRICHSHAFEN/TETTNANG (sig) - Zweieinhalb Wochen nachdem er in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte, ist ein 38-jähriger Georgier zum Dieb – und verhaftet worden. Er hatte im Media-Markt in Friedrichshafen Speicherkarten für über 4700 Euro mitgehen lassen. Fast drei Monate saß er deshalb in Hinzistobel in Untersuchungshaft. Wegen gemeinschaftlichen schweren Diebstahls in einem besonders schweren Fall stand er am Donnerstag vor dem Tettnanger Amtsrichter, der ihn auf Bewährung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilte.
Die Überwachungskamera hat aufgezeichnet, was am 30. Januar, kurz vor 14 Uhr, im Häfler MediaMarkt in der Meistershofenerstraße vor sich ging. Eine später mehrfach als „türkischer Mann“bezeichnete Person telefonierte via Headset vermutlich mit dem Angeklagten und zitierte ihn in die Kleingeräteabteilung. Als der dort eingetroffen war, zeigte ihm der Unbekannte Auslagen, gab Anordnungen und verließ den Markt. Der Georgier tat wie ihm geheißen, steckte massenhaft Speicherkarten in Taschen oder versteckte sie unter seinem Pullover. Im Begriff, mit dem Diebesgut von über 4700 Euro, durch den Info-Ausgang den Markt verlassen zu wollen, stellte ihn der Detektiv – und fand 150 Speicherkarten. Kunden waren auf den Diebstahl aufmerksam geworden und hatten den Mitarbeiter informiert.
Den Pass wegwerfen
Schon vor der Polizei hatte der verheiratete Angeklagte, Vater eines mit der Mutter in Georgien lebenden 14jährigen Sohnes, die Tat eingeräumt, hat damals aber aus Angst noch nichts vom „türkischen Mann“erzählt, der mittlerweile auf dem Video als weiterer Anführer von Diebstählen in weiteren deutschen Städten ausgemacht worden ist, aber noch nicht festgenommen werden konnte. Dessen Namen kennt der Angeklagte nicht. „Muhamed“hat er sich angeblich nennen lassen.
Warum der georgische Staatsbürger nach Deutschland gekommen ist, blieb nebulös. Am 11. Januar will er in Stuttgart gelandet sein. Die gut verdienende Ehefrau blieb mit dem Sohn in Georgien. Beide planten nicht nach Deutschland zu kommen. Von Stuttgart aus sei er zu einem Besuch nach Barcelona aufgebrochen, ließ er die Dolmetscherin übersetzen. Dort habe er den „türkischen Mann“getroffen, der ihn überredet habe, nach Deutschland zu kommen, er könne ihm mit Arbeit auf der Baustelle, Geld und einem Zimmer helfen. Wieder kam der Georgier nach Stuttgart, wo der „türkische Mann“mit dem Auto auf ihn wartete. Gemeinsam fuhr man ins Aufnahmelager nach Ellwangen, wo der Angeklagte einen Asylantrag stellen wollte. Der „türkische Mann“empfahl ihm, seinen Pass wegzuwerfen und einen falschen Namen anzugeben. Es sei besser, sich mit anderen Personalien anzumelden. „Wenn du alles machst, was ich dir sage, bekommst du Arbeit“, ließ er ihn hoffen.
„Ich hätte dem ‚türkischen Mann‘ nicht vertrauen dürfen, ich bin schuldig, ich habe geklaut“, räumte der Angeklagte ein, der in Georgien angeblich die Hochschulreife erworben hat und Jura studierte, später aber nicht als Jurist arbeitete, sondern vier Jahre lang gebrauchte Autoteile verkaufte. Mit der Polizei habe er in Georgien noch nie etwas zu tun gehabt. Was er mit den gestohlenen Speicherkarten machen wollte? Der „türkische Mann“habe sie verkaufen wollen, der habe schon Abnehmer gehabt, der habe ihm gesagt, was er einstecken sollte. Der Erlös sollte nach der Übergabe – 15 Minuten vom MediaMarkt entfernt – verteilt werden.
Die Video-Aufnahmen aus dem Markt bestätigten die Aussagen des Angeklagten. Ähnliche Fälle in ganz Deutschland sind Tage später bekannt geworden. Dabei wurde bei einem Diebstahl in einem Freiburger Markt auch der „türkische Mann“erkannt, von dem man nur weiß, dass er ein weißes Auto fährt und einen Aluminium-Koffer mitführt.
Der Anklagevorwurf habe sich bestätigt, beantragte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten, zur Bewährung ausgesetzt. Verteidiger Gerd Pokrop plädierte auf nur vier Monate, sah klar erwiesen, dass der „türkische Mann“seinen Mandanten geführt habe. Auf fünf Monate Freiheitsstrafe, drei Jahre zur Bewährung und die Auferlegung der Verfahrenskosten erkannte das Gericht, das den Haftbefehl aufhob und nach den Hand- auch die Fußfesseln des Angeklagten lösen ließ. Auch Richter Pfuhl glaubte ihm, von dem „türkischen Mann“geführt worden zu sein. Der angekündigten Rückreise des 38-Jährigen nach Georgien stand nichts mehr im Weg.