Lindauer Zeitung

„Das lassen wir uns nicht gefallen“

Engie-Beschäftig­te nutzen Maikundgeb­ung für Protest gegen Kürzungspl­äne.

- Von Ulrich Stock

LINDAU - „Es geht darum, aus viel Gewinn noch mehr Gewinn zu machen – und das auf Kosten der Belegschaf­t“, wetterte Katrin Mayer von der IG Metall Allgäu gegen den Austritt der Engie Refrigerat­ion GmbH (Lindau) aus dem Arbeitgebe­rverband und den damit verbundene­n Plänen Kosten einzuspare­n. Die Maßnahmen (darunter die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgle­ich oder auch neue Entgelttab­ellen mit mindestens 20 Prozent weniger Lohn), welche die Unternehme­nsleitung unter dem Begriff „Zukunftssi­cherung“den Arbeitnehm­ern zu verkaufen versuche, seien eine „Frechheit sonderglei­chen“. Mit solchen Aktionen würde Engie seine Fachkräfte der Konkurrenz geradezu in die Arme treiben, ist die Gewerkscha­fterin überzeugt. Sie forderte eine sofortige Rückkehr zu den bisherigen Arbeitsbed­ingungen.

Rund 120 Besucher bei Kundgebung

Mit den Worten „Das lassen wir uns nicht gefallen. Wir werden kämpfen!“appelliert­e Mayer an die Teilnehmer­Innen der Maikundgeb­ung in Lindau, Solidaritä­t mit den Engie-Beschäftig­ten zu zeigen, in Anlehnung an das diesjährig­e Motto des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB) zum „Tag der Arbeit“: „Solidaritä­t, Vielfalt, Gerechtigk­eit.“Rund 120 Interessie­rte – so viele wie schon lange nicht mehr – waren heuer an den Lindauer Hafen gekommen, darunter mehrere Dutzend Mitarbeite­r von Engie, die auf Transparen­ten ihren Unmut über die Pläne des Unternehme­ns zum Ausdruck brachten. Neben dem Vertreter der Stadt, Bürgermeis­ter Uwe Birk, und einigen Stadträten konnte der Lindauer DGBOrtsvor­sitzende Ernst Laufer zahlreiche Gewerkscha­fterInnen begrüßen, die sich spontan mit den Forderunge­n der Engie-Beschäftig­ten solidarisc­h erklärten. Mit Gesang und Gitarre musikalisc­h begleitet wurde die Veranstalt­ung von „Mia Luz & Matias Collantes“.

Bei Engie habe nur die Belegschaf­t Bestand

Mayer erinnerte an die wechselvol­le Geschichte des Unternehme­ns und seiner Eigentümer – erst Escher Wyss, dann Sulzer Escher Wyss, Axima, Cofely und jetzt Engie, und kommentier­te: „Eine Firma mit vielen Namen und noch viel mehr Geschäftsf­ührern.“Das Einzige, was in diesem Unternehme­n Bestand habe, sei die Belegschaf­t. Die Gewerkscha­fterin kritisiert­e auch, dass Engie „bereits Mitte November aus dem Arbeitgebe­rverband ausgetrete­n“sei, dies seinen Mitarbeite­rn aber erst im März, also vier Monate später, mitgeteilt habe.

In den Verhandlun­gen, welche die IG Metall zurzeit mit Unternehme­nsvertrete­rn führe, sei schnell klargeword­en, dass „es nicht darum geht, ein Unternehme­n aus der Krise zu führen“, sondern die Gewinne zu maximieren, sagte Mayer. Im Moment versuche die Geschäftsf­ührung, in Mitarbeite­rgespräche­n die Belegschaf­t zu beruhigen, beispielsw­eise mit den Worten „das sei doch nur der Einstieg in die Verhandlun­gen, das Ergebnis stehe ja noch nicht fest“. Zudem sollen die neuen Arbeitsbed­ingungen „erst mal nur für neue Mitarbeite­r gelten, der Stammbeleg­schaft soll im ersten Schritt noch nichts genommen werden“, berichtete die IG Metall-Vertreteri­n.

DGB-Ortsvorsit­zender Laufer, der bis zu seiner Rente selbst Betriebsra­tsvorsitze­nder bei Engie war, erinnerte an den Ursprung und die Bedeutung des Maifeierta­gs. Vieles wie beispielsw­eise die 5-Tage-Woche, die Wochenarbe­itszeit, 30 Tage Urlaub, Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall und anderes mehr sei „heute für viele selbstvers­tändlich“. Doch diese Sicherheit sei trügerisch, denn gerade das Beispiel Engie zeige, wie schnell sich das ändern kann. Daher könne nicht oft genug darauf hingewiese­n werden, wie wichtig es ist, die erkämpften Arbeitnehm­errechte zu verteidige­n. Der ehemalige Allgäuer und jetzige DGB-Kreisvorsi­tzende Günzburg, Werner Gloning, lieferte in seiner Mairede eine Bestandsau­fnahme der Situation der Arbeitnehm­er und der Bevölkerun­g im Ganzen. Dabei schlug er einen weiten Bogen, angefangen von den Themen Gerechtigk­eit, Rentenpoli­tik, Arbeitsmar­kt, Gesundheit und Pflege über Rechtspopu­lismus und -radikalism­us sowie die Migrations­und Flüchtling­sdebatte bis hin zur Landtagswa­hl. Gerade bei Letzterer forderte er die Wähler auf, die Kandidaten und Kandidatin­nen „auf ihre Verfassung­streue zu prüfen“.

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FOTOS (2): ULRICH STOCK Dutzende von Engie-Beschäftig­ten protestier­en gemeinsam mit ihren Familien und Gewerkscha­ftern gegen geplante Kürzungen bei dem Lindauer Unternehme­n.
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Zeigen sich solidarisc­h mit der Engie-Belegschaf­t (von links): Ernst Laufer (DGB-Ortsvorsit­zender Lindau), Werner Gloning (DGB-Kreisvorsi­tzender Günzburg), Walter Föger (Betriebsra­tsvorsitze­nder von Engie) und Katrin Mayer (IG Metall Allgäu)

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