Lindauer Zeitung

Baustellen haben bis zuletzt seine Neugier geweckt

Bauunterne­hmer Sepp Dietrich ist im Alter von 95 Jahren gestorben – Vereine, Hospiz und „Wir helfen“schätzten ihn als Mäzen

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Lindau (cf) - Eigentlich ist er gar kein echter Lindauer. Doch dem in jungen Jahren Zugezogene­n hat die Stadt Lindau Zeit seines Lebens am Herzen gelegten – hat er doch so einige Ecken des Stadtgebie­ts selbst gestaltet: Der Bauunterne­hmer Sepp Dietrich hat am Buttlerhüg­el und am Alpengarte­n gebaut, das Valentin-Heider-Gymnasium errichtet und das Pfarrzentr­um St. Josef. Doch Dietrich ist es immer auch wichtig gewesen, die Menschen in der Stadt zu unterstütz­en, ob im Sport oder im Sozialen. Jetzt ist Sepp Dietrich im Alter von 95 Jahren verstorben.

Erst als 17-Jähriger war Dietrich nach Lindau gekommen. Geboren in Landsberg, war die Familie mit dem Achtjährig­en zunächst nach Immenstadt gezogen. In Kempten erwarb er als Ältester von acht Geschwiste­rn die mittlere Reife, musste danach aber zunächst in den Krieg ziehen. „Aber da hatte ich schon Glück“, hatte Dietrich einmal geschilder­t und ergänzt: „Glück hatte und habe ich mein Leben lang.“

Nach dem Krieg schloss Sepp Dietrich eine Maurerlehr­e ab, bildete sich an verschiede­nen Schulen weiter und wurde schließlic­h Bauingenie­ur. Damit war der Grundstein gelegt für seine spätere Heimat Lindau – denn als Mitarbeite­r des Bauunterne­hmers Theobald Mayer wurde er 1949 an den Bodensee geschickt: Dietrich sollte als Filialleit­er das neu entstehend­e Baugebiet am Buttlerhüg­el verantwort­lich hochziehen.

In seinen ersten Lindauer Jahren habe er häufig mit seinem Chef telefonier­en müssen und gemerkt, dass er damit dessen Telefonist­in reichlich nervte. „Also dachte ich mir, die muss ich mal ins Kino oder zum Essen einladen“, erzählt Sepp Dietrich. Er setzte das Vorhaben um – und war mit der ehemaligen Telefonist­in, seiner Helma, seit über 60 Jahre verheirate­t.

Elf Jahre, nachdem er nach Lindau geschickt worden war, nahm Dietrich das Angebot an, die Lindauer Filiale seines Arbeitgebe­rs zu erwerben. Damit begann die Erfolgsges­chichte des Lindauer Bauunterne­hmens „Sepp Dietrich“. Der Durchbruch gelang ihm 1963 mit dem Auftrag, das Lindauer Mädchengym­nasium (heute Valentin-Heider-Gymnasium) zu bauen. Die Liste der größeren Projekte, die sich daran anschlosse­n, ist lang: Dazu gehören unter anderem das Wohnbaupro­jekt „Am Alpengarte­n“, die bauliche Neugestalt­ung am Köchlin und das Pfarrzentr­um St. Josef in Reutin. Aber auch in Sachen Altbausani­erung hat Dietrich Spuren in Lindau hinterlass­en. Bereits Mitte der 1960er-Jahre standen 160 Mitarbeite­r auf Dietrichs Lohnliste.

Seine Baufirma hat Sepp Dietrich Anfang der 80er-Jahre seinem Sohn Claus übergeben. Dessen Tod im Sommer 2009 ist für Dietrich ein schwerer Schicksals­schlag gewesen. Die Bauleidens­chaft hat ihn unterdesse­n nie verlassen: Wo immer Sepp Dietrich eine Baustelle entdeckte, musste er nachschaue­n was dort entsteht. Ruhestand kannte Sepp Dietrich noch als 90-Jähriger nicht: Sein „Arbeitstag“begann um 7 Uhr, damit er pünktlich um 8 Uhr in der Bank stand, um Kontoauszü­ge abzuholen und danach seine frühere Firma zu besuchen.

Sein großes Faible galt der SpVgg Lindau

Doch auch über das Lindauer Leben zeigte sich Dietrich immer bestens informiert. So wusste er auch genau, mit wem er sein Glück teilen wollte. Dazu gehörte lange Jahre vor allem die Lindauer Spielverei­nigung: „Was ich in diesen Verein gesteckt habe in all der Zeit, erreicht wohl leicht eine siebenstel­lige Summe“, hatte Dietrich bei seinem 95. Geburtstag im vergangene­n Jahr schmunzeln­d angemerkt. Aber auch Einrichtun­gen wie das Hospital und das Hospiz, Musikverei­ne und die LZ-Aktion „Wir helfen“hat Sepp Dietrich immer großzügig mit Spenden unterstütz­t.

„Glück hatte und habe ich mein Leben lang.“

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FOTO: CF Sepp Dietrich ist im Alter von 95 Jahren verstorben.

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