Ihr Geheimrezept: „Ab und zu ein Schnäpsle“
Annemarie Wohlgemuth feiert ihren 100. Geburtstag
LINDAU (cf) - „Ich fühle mich noch ziemlich wohl, obwohl alles nun etwas abnimmt“, umschreibt Annemarie Wohlgemuth ihr Befinden. Sie feierte ihren 100. Geburtstag.
Den beiden offiziellen Besuchern, OB Gerhard Ecker und Johann Zeh als stellvertretender Landrat, präsentiert sich das Geburtstagskind als eine im Kopf unglaublich rege ältere Dame. Wenn Annemarie aus ihrer Vergangenheit erzählt, spult sie nicht etwa einen Film ab, den man nicht unterbrechen darf, sonst ginge er wieder von vorne los, nein, da ist sie vollkommen flexibel. Dessen ungeachtet nimmt sie auch am aktuellen Geschehen durchaus regen Anteil, auch wenn die Augen ihr das Zeitungslesen fast unmöglich machen. „Wir lesen dann ihr die Zeitung vor“, sagt eine ihrer beiden Töchter, Liselotte Heim.
In Dresden geboren, hat Annemarie praktisch nichts von dieser Stadt mitbekommen, denn bald ging es nach Lüneburg, da war sie noch ein Baby, wie sie erzählt. Da der Vater Staatsbeamter war, wurde alle drei Jahre gewechselt, von Lüneburg ging es nach Ost- und Westpreußen, diese Zeit hat ihren Dialekt geprägt. Greifswald schloss sich an und danach Eckernförde. Hier lernte sie das Wasser kennen und lieben, lernte segeln und nahm auch begeistert an Regatten teil. Eine Hochzeit führte sie dann im Jahre 1938 nach Hof und von dort direkt nach Lindau. Das heißt, sie kehrte von dieser Hochzeit nicht mehr an die Ostsee zurück. Was war geschehen? Der Bräutigam hatte seinen Hof in Schönau, Annemarie eine landwirtschaftliche Ausbildung und sie sagte spontan zu, als er ihr anbot, hier zu arbeiten. Sie fand dann eine Bleibe in Hörbolzmühle und beschreibt diese Zeit als die schönste in ihrem Leben. Das heißt aber nicht, dass sie über den Rest hadert. Schon gar nicht über die zwei Töchter, die hier das Licht der Welt erblickten. 1964 ging es nach Bodolz. In der Dr.Emil-Hasel-Siedlung verbrachte sie ihr bisher halbes Leben, nämlich 50 Jahre und seit vier Jahren lebt sie wieder in Schönau, ihrer ersten Station, neben ihrer anderen Tochter Elke Schwirtz.
Die hat von der Mutter die Liebe fürs Wasser und das Segeln geerbt, während Annemarie auf dem Bodensee nicht mehr segelte. Da war zum einen die Arbeit, dann die Familie – und vielleicht auch das ruhigere Wasser, wer weiß…
Gespannt aber warteten die beiden Offiziellen auf das Geheimrezept, wie es möglich ist, in diesem Alter noch so fit im Kopf zu sein. Irgendwann kam die Frage auf und sie meint dazu lakonisch: „Jeden Tag ein Glas Rotwein und ab und zu ein Schnäpsle“– Bodenseeobstler natürlich. Das widerspricht nun allen wissenschaftlichen Theorien, mit denen viel Geld verdient wird, aber der Gegenbeweis sitzt lebendig und geistig unbeirrbar vor den beiden Herrn. Aber wie sagte schon der Dr. Moser, ihr früherer Hausarzt: „Wenn die Leut‘ wüssten, wie gut ab und zu ein Schnäpsle ist…“Annemarie Wohlgemuth hat das brav befolgt. Mit Erfolg.