Viel Grund, wenig Möglichkeiten
Wenn Bauern die Landwirtschaft aufgeben und den Hof umnutzen wollen, gibt ihnen der Gesetzgeber für den Umbau Grenzen vor
OBERALLGÄU - Der alte Bauer kann nicht mehr, die Jungen wollen nicht mehr – oder aber die Landwirtschaft trägt sich nicht mehr. Diese Situation führt im Oberallgäu immer wieder dazu, dass die Landwirtschaft aufgegeben wird und Familien vor die Frage stellt: Was machen wir mit Tenne und Stall? Liegt der Hof außerhalb einer geschlossenen Siedlung – was oft der Fall ist – dann sind den Möglichkeiten der weiteren Nutzung enge Grenzen gesetzt, erklären Landratsamt und Kommunen. Wie viele der 1300 Baugesuche im Oberallgäu vergangenes Jahr den Außenbereich betrafen und wie viele Höfe anders genutzt werden sollen, darüber gibt es nach Angaben der Behörden keine Zahlen.
Die Bauverwaltungen beschäftigen sich mit Fällen wie diesem: Ein ehemaliger Bauernhof, der zu Obereinharz bei Immenstadt gehört, soll in ein Mehrgenerationenhaus umgewandelt werden. In Tenne und Werkstatt sind Wohn- und Gemeinschaftsräume für zehn bis zwölf Menschen geplant. Zulässig oder nicht? Diese Frage sei noch nicht entschieden, berichtet Sebastian Wolf von der Immenstädter Bauverwaltung. Die Stadt befürworte das Vorhaben. Was möglich ist und was nicht, regle das Baugesetzbuch. „Der Gesetzgeber gibt da keinen großen Spielraum“, stellt Wolf fest.
Und doch gibt es auf die Frage, was gestattet wird, keine einfache Antwort, wie Markus Haug, Abteilungsleiter Bauen am Landratsamt, erklärt. Rechtlich festgelegt sei, wie viele vermietete Wohnungen an der Hofstelle entstehen können: drei zusätzliche Wohnungen. Das Landratsamt gehe davon aus, dass in der Landwirtschaft bereits eine Betriebsleiterund eine Austragswohnung bestehen. Das ergibt zusammen fünf zulässige Wohneinheiten. Diese müssten aber zwingend an der bisherigen Hofstelle entstehen, also rund um Wohnhaus, Tenne und Stall. In abseits gelegenen Stadeln sei es nicht erlaubt, Wohnungen einzubauen. Ob der frühere Landwirt weiter in dem Gebäude wohnt, sei egal. Haug: „Die Umnutzung ist unabhängig vom Eigentümer.“
Nicht so eindeutig sei die Lage, wenn Ferienwohnungen entstehen sollen. Denn dabei handle es sich um eine gewerbliche Nutzung. „Dafür gibt es keine festen Regelungen“, erklärt der Baufachmann. Das sei eine Einzelfallentscheidung. Als Kriterien nennt Haug, dass das Gebäudeensemble zweckmäßig genutzt werde – und dass dies „außenbereichsverträglich“geschehe. Also dass die Frequentierung des Gebäudes und der Neubauten sich an dem orientieren müssen, was bisher für die Landwirtschaft nötig war. Für Ferienwohnungen bedeute das, es würden maximal so viele genehmigt, wie fest vermietete Wohnungen möglich sind – also fünf. „Es gibt aber keine strikten Grenzen“, sagt Haug. Auch andere gewerbliche Aktivitäten müsse man im Einzelfall prüfen.
Für den Bauernverband ist wichtig, dass die Einzelfallentscheidungen großzügig ausgelegt werden, sagt Geschäftsführer Erich Krug. Man müsse beachten, dass im Oberallgäu der Tourismus eine starke Rolle spielt und diesen fördern. Schwierig werde es, wenn aktive Landwirte die Vermietung als zweites Standbein aufbauen wollen. Da ihre Betriebsgebäude nicht leer stehen, wollen sie meist zusätzliche Gebäude errichten. Und das sei im Außenbereich nur schwer durchzusetzen. Unterm Strich ist Krug aber mit der Auslegung der Gesetze durch das Oberallgäuer Landratsamt zufrieden. Andere Landkreise würden die Grenzen der Bauordnung weit enger ziehen, sagt er.
Traum vom Haus in Grün
In Oberstdorf hat man laut Bauamtsleiter Marcus Ludwig immer wieder mit Höfen zu tun, die umgenutzt werden sollen. Meist seien Wohnungen geplant, ergänzt Bauverwaltungsmitarbeiter Philipp Kyewski. Ihn erreichen immer wieder auch Anfragen von Auswärtigen, die sich in Oberstdorf auf der grünen Wiese ihr Traumhaus hinstellen wollen. „Da fallen unsere Antworten kurz und bündig aus“, sagt Kyewski: Ohne landwirtschaftliche Privilegierung seien Neubauten im Außenbereich nicht möglich.
In Sonthofen hat man laut Andrea Sichler von der Sonthofer Bauverwaltung nur mehr selten mit aufgelassenen Höfen zu tun. Meist sei dann der Wunsch, dass der Hof in der Familie aufgeteilt werde.