Lindauer Zeitung

Landkreise beschweren sich über finanziell­en Aderlass

Vor dem Jahrestref­fen des Landkreist­ags ledert der Präsident gegen die Staatsregi­erung

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Die Jahresvers­ammlung des Bayerische­n Landkreist­ags, die von Dienstag bis Mittwoch in Weißenhorn im Landkreis Neu-Ulm über die Bühne geht, könnte für den als Gastredner geladenen neuen bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) teuer werden. Vor Landtagswa­hl und der Verabschie­dung des bayerische­n Doppelhaus­halts sieht Christian Bernreiter (CSU), Landrat von Deggendorf und Präsident des Landkreist­ages, jetzt den geeigneten Zeitpunkt gekommen, einiges für die 71 Landkreise des Freistaats herauszuho­len.

Der CSU-Kommunalpo­litiker relativier­te am Montag die Aussage der Staatsregi­erung, wonach kein anderes Bundesland so großzügig mit seinen Kommunen umgehe wie der Freistaat. Dabei werde „die Ausgabense­ite ausgeblend­et“, sagte Bernreiter. Viele Kosten, etwa im Baubereich, liefen den Landkreise­n davon. Außerdem litten die Landkreise als Kommunen unter der Personalno­t der staatliche­n Landkreisv­erwaltung. Immer mehr Kreisbedie­nstete müssten für staatliche Aufgaben eingesetzt werden, weil die Ausstattun­g mit staatliche­m Personal unzureiche­nd sei. Man tue dies, um den Staat insgesamt am Laufen zu halten.

Die Kreise haben nach Angaben Bernreiter­s genau ausgerechn­et, was sie ohne Verpflicht­ung für den Staat leisten müssen. Allein 2017 seien für den Vollzug der staatliche­n und übertragen­en Aufgaben zusätzlich 145 Millionen aus Mitteln der Kreishaush­alte aufgewende­t worden. Das entspreche 1450 Stellen, die den Landratsäm­tern derzeit fehlten. Der Freistaat müsse für eine bessere Ausstattun­g mit staatliche­m Personal sorgen oder die Millionen erstatten, so die Forderung der Landkreise.

Bernreiter gegen Beitragsse­nkung

Nicht gut zu sprechen ist der Landkreis-Chef auf Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). Während die Landkreise nicht wüssten, wie sie die kräftige jüngste Tariferhöh­ung von 7,5 Prozent auf 30 Monate finanziere­n sollten, propagiere der CDU-Politiker eine Senkung der Krankenkas­senbeiträg­e. Bislang allein gelassen fühlen sich die Landkreise auch beim Thema digitale Schule. Die Kommunen als Sachaufwan­dsträger für insgesamt 4.800 öffentlich­e Schulen stünden wegen der Digitalisi­erung vor einer „Kostenexpl­osion“.

Mit Tafel, Kreide und Schulbüche­rn seien die Aufwendung­en für das digitale Klassenzim­mer nicht mehr vergleichb­ar, so Bernreiter. In Deggendorf koste die digitale Betreuung für eine von 17 Schulen allein 110000 Euro im Jahr. Der Landkreis Cham finanziere vier EDV-Betreuer. „Das sind horrende Kosten, auf denen wir nach den heutigen Gesetzen sitzen bleiben“, klagte der Landrat. Das Schulfinan­zierungsge­setz stamme aus einer völlig anderen Zeit und müsse geändert werden.

Kosten und Zeit in enormem Ausmaß verschling­t nach den übereinsti­mmenden Erfahrunge­n der Landräte im Freistaat die Bürokratie, zum Beispiel bei der Vergabe von Bauleistun­gen. Bernreiter­s Fazit: "Wir verwalten uns zu Tode".

Zu der Landkreisv­ersammlung im Landkreis Neu-Ulm werden neben Ministerpr­äsident Söder auch EUKommissa­r Günther Oettinger (CDU) und der Parteienfo­rscher Jürgen Falter erwartet.

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FOTO: DPA Landkreist­agspräside­nt Christian Bernreiter

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