Firmenchefs ärgern sich noch immer über Gewerbesteuer
IHK fordert, dass Stadtrat höheren Steuersatz zurücknimmt oder ausdrücklich befristet
LINDAU (dik) - Die Chefs der Lindauer Unternehmen sind nach wie vor verärgert über die höhere Gewerbesteuer, die sie seit Jahresbeginn zahlen müssen. Dies umso mehr, als die Stadt aus dem vergangenen Jahr Rekordeinnahmen aus der Gewerbesteuer verkündet. Die IHK fordert deshalb, dass der Stadtrat den höheren Steuersatz ausdrücklich befristet oder – besser noch – wieder zurücknimmt. Das weist die Stadt zurück.
Der Finanzausschuss wird sich heute, Dienstag, mit den Abschlussrechnungen des vergangenen Jahres befassen. Nachdem die LZ aus den Sitzungsvorlagen berichtet hatte, aus denen hervorgeht, dass die heimischen Betriebe im vergangenen Jahr mehr als 15 Millionen Gewerbesteuer überwiesen hatten, „sind bei uns die Telefone heiß gelaufen“, wie IHK-Regionalvorsitzender Thomas Holderried im Gespräch mit der Lindauer Zeitung berichtet.
Viele Unternehmer seien sehr verärgert darüber, dass die Stadt 15,4 Millionen Gewerbesteuer verbucht hat und heuer einen ähnlichen Betrag erwarten könne, denn die heimische Wirtschaft gehe mit vollen Auftragsbüchern in das Jahr. Und das sei Oberbürgermeister, Stadtrat und Verwaltung auch bekannt, fügt Holderried hinzu. Dennoch habe man für das laufende Jahr nur knapp elf Millionen Euro eingeplant und durch eine Erhöhung des Steuersatzes zusätzlich 700 000 Euro an Mehreinnahmen verbucht.
„Wir fühlen uns bewusst in die Irre geführt“, sagt Holderried und meint, dass der Stadtrat auf die höheren Steuersätze für die Unternehmen hätte verzichten können, wenn er die Einnahmen so hoch geplant hätte, wie sie wahrscheinlich kommen werden. Die Stadt habe es aber vorgezogen, sich da „künstlich arm zu rechnen“.
Der Eindruck verstärke sich, da die Stadt seit Jahren in der Abrechnung feststellt, dass aus der Gewerbesteuer drei bis fünf Millionen Euro mehr geflossen sind als erwartet waren, ergänzt IHK-Regionalgeschäftsführer Markus Anselment. Auch wenn die Stadt einen Teil dieser Mehreinnahmen über Umlagen wieder abführen muss, liege das Plus dennoch deutlich über den erwarteten Einnahmen aus der erhöhten Gewerbesteuer.
OB Ecker sieht keinen Anlass, die Entscheidung zu ändern
Zudem stimme es nicht, dass das Landratsamt von Lindau eine höhere Gewerbesteuer zur Sicherung des Haushalts gefordert habe, das habe Landrat Elmar Stegmann den IHKVertretern selbst gesagt. Das bestätigt Sibylle Ehreiser, Pressesprecherin des Landratsamtes. Sie erklärt aber auch, dass die Kommunalaufsicht der Stadt Lindau angesichts hoher Schulden und laufender und anstehender Großprojekte gesagt habe, dass sie Einnahmen erhöhen oder Ausgaben streichen müsse. Welche Steuern und Gebühren der Stadtrat anhebt oder welche Leistungen er streicht, das sei Sache der Räte selbst.
Anselment und Holderried äußern vor diesem Hintergrund sogar Verständnis für die Lage der Stadt, zumal Projekte wie Inselhalle, Unterführung oder Therme allesamt auch der Wirtschaft zugute kommen. Deshalb hätte die heimische Wirtschaft Verständnis gehabt, wenn die Stadt auf die Finanzlücke bis 2021 verwiesen und die höhere Gewerbesteuer von Anfang an entsprechend befristet hätte. Die Versprechen der Räte reichen Holderried nicht, denn die Erfahrung zeige, dass die Stadt nicht auf eine einmal erhobene Steuer verzichten werde. Deshalb sagt Holderried: „Wir bitten den Stadtrat, die Gewerbesteuererhöhung zurückzunehmen und die Steuereinnahmen realistisch zu planen.“
OB Gerhard Ecker sieht dazu keinen Anlass. Die Gewerbesteuer treffe nur einen kleinen Teil der Lindauer Betriebe, zudem müsse die Stadt bei den genannten Mehreinnahmen einen großen Teil über Umlagen wieder abführen, während die Mehreinnahmen aufgrund des höheren Steuersatzes voll bei der Stadt bleiben. Zudem gelte der Grundsatz, dass die Stadt alle Steuern und Gebühren alle drei Jahre überprüft, also komme der Hebesatz sowieso auf den Prüfstand. Pressesprecher Jürgen Widmer schließt: „Es ist nicht einzusehen, dass man für die Gewerbesteuer davon abrücken soll.“