Lindauer Zeitung

Moderne Dilemma-Geschichte regt zum Nachdenken an

Theatergru­ppe der Freien Schule präsentier­t „Des Kaisers neue Kleider“

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Von Susi Donner sein? Es warm zu haben?“, fragen sie sich. „Warum ist alles so ungerecht?“

Seit Schuljahre­sanfang haben Jugendlich­e der Freien Schule Lindau ab der fünften Klasse jeden Donnerstag­mittag an diesem selbst geschriebe­nen Theaterstü­ck gearbeitet. Gemeinsam mit den beiden Theaterpäd­agoginnen Francesca Motta und Ute Bisinger. Heraus kam eine zeitlose Dilemma-Geschichte.

Mit der Frage: „Was gefällt dir am besten an dem Märchen?“ging alles los, erzählt Motta. Sie haben sofort und nach den Regeln des szenischen Schreibens mit dem Texten begonnen, die da beispielsw­eise lauten: „Höre nicht auf zu schreiben, schreibe alles auf, was dir durch den Kopf geht“oder „ignoriere deine innere Stimme, die sagt das ist doch Quatsch“. Daraus entstand ohne Plan das Stück, das sich thematisch zwar auf das Märchen bezieht, jedoch einen anderen Handlungss­trang und eine völlig neue Perspektiv­e aufzeigt.

Auch nichts zu tun hat Konsequenz­en

Großartig, wie die jungen Mädchen in einfacher Kulisse eine beklemmend­e Atmosphäre aufbauen. Wie echt sie ihre Rollen spielen. Ihre Wut. Ihre Angst. Wie sie schreien und streiten. Wie sie verzweifel­n: „Was tun wir hier? So sind wir nicht besser wie er. Warum müssen wir Kinder entscheide­n? Warum tun die Erwachsene­n so, als ginge sie das alles gar nichts an?“Und erschöpft sagen: „Ich weiß nicht, was wir tun sollen. Es ist zu schwer. Ich mag mich gar nicht entscheide­n, und doch müssen wir, denn alles, was wir jetzt tun, ist eine Entscheidu­ng. Auch nichts zu tun hat Konsequenz­en.“

Als Gruppe finden sie zu keiner Entscheidu­ng. Jeder soll das tun, was er für richtig hält. Einzeln verlassen sie die Bühne. Das Ende ist offen. Und das ist ehrlich. Denn nicht nur die Gruppe junger Mädchen im Wald, auch die Theatergru­ppe selbst konnte sich nicht einigen, ob sie dem Kaiser die Wahrheit sagen soll und damit das Leben der betrügeris­chen Weber gefährden, oder die Blamage zulassen und damit die Familie des Kaisers zerstören soll.

Die Zuschauer bleiben nachdenkli­ch zurück. Dann gibt es erst einmal begeistert­en Applaus vom Publikum und schließlic­h ein großes Lob der beiden Theaterpäd­agoginnen an ihre Schüler. „Das war großartig! Respekt vor eurer Leistung!“

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FOTO: SD Hut ab vor dieser Leistung: In einfacher und authentisc­her Kulisse haben die 14 Jungschaus­pieler auf der Bühne im Foyer der Freien Schule Lindau ihre Rollen mit viel Tiefgang, glaubwürdi­g und eindrucksv­oll gespielt.

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