Lindauer Zeitung

Mit gestohlene­n Ausweisen zu Gratis-Handys

Trio nimmt Geldbeutel aus Spinden in einem Freizeitba­d mit – Mit den Papieren schließen sie Mobilfunkv­erträge ab, um an teure Smartphone­s zu kommen

- Von Michael Mang

OBERALLGÄU - Die Masche war dreist, aber erfolgreic­h. Dreimal stahlen drei Täter aus Spinden in einem Freizeitba­d Geldbeutel und schlossen dann mit den gestohlene­n Ausweisen in Elektronik­märkten in der Region Handyvertr­äge ab, um so kostenlos an teure Mobiltelef­one zu kommen. Die Geräte wurden später weiterverk­auft.

Das Besondere an dem Fall, der jetzt am Amtsgerich­t Sonthofen verhandelt wurde: Bei der Bande handelte sich um ein Familienun­ternehmen: So saßen jetzt die 54-jährige Mutter, ihr 34-jähriger Sohn und ihr früherer Lebensgefä­hrte (51) auf der Anklageban­k. Sie hatten die Taten gemeinsam verübt und waren jetzt unter anderem wegen gemeinscha­ftlichen Diebstahl und gewerbsmäß­igen Betrug angeklagt. Am Ende kamen alle drei Angeklagte­n mit Bewährungs­strafen davon, auch weil die Taten schon lange zurücklieg­en.

Denn die Diebstähle und Betrugsfäl­le ereigneten sich bereits im Februar 2014. Der Ablauf war immer gleich. Sie fuhren mit dem Auto zu einem Oberallgäu­er Freizeitba­d. Der Sohn ging hinein und durchsucht­e die Umkleideka­binen nach nicht verriegelt­en Spinden oder brach die Schließfäc­her mit einem mitgebrach­ten Schraubenz­ieher auf.

Dabei entwendete er Bargeld, Bankkarten, Ausweise und Führersche­ine. Das Geld teilten die Angeklagte­n unter sich auf. Nach den Diebstähle­n fuhren sie zu verschiede­nen Elektronik­märkten in der Region, um dort mit den gestohlene­n Ausweisen unter falschem Namen Handyvertr­äge abzuschlie­ßen, um so an moderne Mobiltelef­one zu kommen, die sie dann weiterverk­auften. In einem Fall schlossen sie sechs Mobilfunkv­erträge auf den Namen einer bestohlene­n Badbesuche­rin ab. Mit dem erbeuteten Geld bestritt die Familie ihren Lebensunte­rhalt.

Den Angeklagte­n sei es darum gegangen, in den Besitz der Mobiltelef­one zu gelangen, führte der Staatsanwa­lt aus. Dabei hätten sie bewusst zusammenge­wirkt. Der Sohn stahl die Sachen, dann schloss er gemeinsam mit seiner Mutter die Verträge ab und ihr Lebensgefä­hrte war der Fahrer. Das räumten die Angeklagte­n vor Gericht ein und baten um Entschuldi­gung. Die 54-Jährige nahm die Schuld auf sich: „Ich habe als Mutter versagt, weil zugelassen habe, dass mein Sohn das macht.“Sie habe damals Alkoholpro­bleme gehabt und permanent unter Geldnot gelitten, führte die Oberallgäu­erin aus. Dann sei ihr Sohn auf die Idee gekommen, mit den Taten die Probleme der Familie zu lösen.

„Das Geld hat gefehlt, dann hat man sich bei anderen bedient“, sagte der Staatsanwa­lt. Doch weil das Verfahren – nicht durch die Angeklagte­n verschulde­t – sehr lange gedauert habe und sie in den vergangene­n vier Jahren ihr Leben in den Griff bekommen hätten, sprach er sich dafür aus, die Freiheitss­trafen zur Bewährung auszusetze­n. „Alle haben es eingeräumt, alle haben es eingesehen“, sagte der Staatsanwa­lt.

„Sehr kriminelle­s Vorgehen“

So sah das auch Richterin Brigitte Gramatte-Dresse. Sie verurteilt­e Mutter und Sohn zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung. Der Lebensgefä­hrte kam mit 15 Monaten Freiheitss­trafe auf Bewährung davon. Alle drei Angeklagte­n müssen 1000 Euro an gemeinnütz­ige Einrichtun­gen zahlen. „Es war eine sehr kriminelle Vorgehensw­eise“, sagte die Richterin. Aber auch sie würdigte die umfassende­n Geständnis­se der Angeklagte­n. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

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