Schulschwänzer am Flughafen abgepasst
Polizei entlarvt Schulschwänzer an den Flughäfen Memmingen und Nürnberg
MEMMINGEN (AFP) - Weil sie ihre Kinder für einen vorzeitigen Start in den Urlaub die Schule schwänzen ließen, hat die Polizei in Memmingen zehn Eltern bei den zuständigen Landratsämtern angezeigt. Die Familien seien vor Beginn der Pfingstferien am Allgäu Airport bei der Ausreise überprüft worden und konnten keine Schulbefreiung vorweisen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Den Eltern droht ein Bußgeld.
MEMMINGEN/NÜRNBERG (dpa) Zu Beginn der Pfingstferien hat die Polizei an Flughäfen in Bayern rund 20 Familien erwischt, die ihre Kinder die Schule schwänzen ließen. Am Allgäu Airport in Memmingen zählten Polizisten zehn Fälle, bei denen Kinder unentschuldigt der Schule fernblieben. In Nürnberg entlarvten Beamte in elf Fällen Eltern, die mit dem Nachwuchs lieber in den Urlaub flogen, statt die Kinder in den Unterricht zu schicken.
Gegen die Eltern ist bei den zuständigen Landratsämtern Anzeige erstattet worden. Diese entscheiden nun, ob ein Bußgeld gegen die Eltern verhängt wird, wie ein Sprecher des für den Allgäu Airport zuständigen Polizeipräsidiums Schwaben Süd/ West am Montag sagte. Wie hoch dieses dann ausfällt, entscheidet die Behörde selbst.
Am größten Flughafen des Freistaats in München erwischte die Polizei in den vergangenen Tagen keine Unterrichtsünder. Wie an den beiden anderen Airports habe die Bundespolizei bei der Passkontrolle und die Landespolizei bei allgemeinen Kontrollen darauf geachtet, ob zu normalen Schulzeiten Eltern mit schulpflichtigen Kindern unterwegs waren, sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion Flughafen München. Eine Straftat ist das unerlaubte Fernbleiben vom Unterricht in Bayern nicht, aber eine Ordnungswidrigkeit.
Bei Verdachtsfällen an allen Flughäfen ließen sich die Beamten Genehmigungen der Schulen zeigen. Konnten Eltern ein solches Dokument nicht vorzeigen, erkundigte sich die Polizei bei der Schule. Ob in Einzelfällen Kinder vom Flughafen zurück in die Schule mussten, blieb zunächst unklar.
Gerade vor Beginn der Ferien kommt es immer wieder vor, dass Eltern ihre Kinder die Schule schwänzen lassen. Gründe sind etwa günstigere Flüge oder weniger volle Straßen. Bayerns Kultusminister Bernd Sibler bezeichnete die Schulpflicht am Montag als hohes Gut. „Deswegen appelliere ich an alle Eltern, sich bei der Frage nach dem persönlichen Urlaubsbeginn ihrer Vorbildrolle bewusst zu sein“, sagte der CSU-Politiker. In einigen der 16 deutschen Bundesländer gibt es Pfingstferien, die längsten in Bayern und Baden-Württemberg. Hier einige Fragen und Antworten zum Thema:
Seit wann gilt in Deutschland die allgemeine Schulpflicht?
Seit 1919. Damals wurde der regelmäßige Besuch der Schule in die Weimarer Verfassung aufgenommen. Höhere Bildung sollte nicht länger das Privileg der Reichen und Mächtigen sein, sondern allen zugute kommen. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende des Kaiserreichs wollten die Schulreformer neue Impulse für die Demokratisierung von Staat und Gesellschaft setzen.
Gibt es heutzutage eine bundesweite Regelung?
Nein. Nur der staatliche Erziehungsauftrag findet sich im Grundgesetz, Details sind Sache der Länder. Dauer und Inhalt der Schulpflicht regelt das jeweilige Schulgesetz – ebenso die Strafen, mit denen Verstöße gegen die Schulpflicht sanktioniert werden können.
Welche Strafen drohen denn, wenn ein Schüler unentschuldigt fehlt?
Eltern, deren Kinder ohne Zustimmung der Schule fehlen, drohen Verwarn- oder Bußgelder. Deren Höhe legen Städte und Kommunen selber fest. Das beginnt bei wenigen Euro pro Tag und kann bis zu insgesamt 2500 Euro reichen – wie zum Beispiel in Berlin. 2013 wurde dort eine Mutter sogar zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt – wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Ihr Sohn hatte an fast tausend Tagen die Schule geschwänzt.
Wie häufig sind solche Bußgeldverfahren?
Im Schuljahr 2016/17 wurden allein in der Hauptstadt in mehr als 860 Fällen Bußgelder verhängt. In der Regel gehen Gespräche mit den Eltern voraus. Erst wenn die erfolglos bleiben, flattert der Bußgeldbescheid ins Haus. Mitunter versuchen die Vollziehungsbeamten vergeblich, das Geld bei den Familien einzutreiben. Oft seien die Betroffenen zu arm, um die Strafe zu begleichen, heißt es.