Lindauer Zeitung

Fake News: Bürgermeis­ter Krafft tritt nicht zurück

Unbekannte hängen Zettel aus, die den Rücktritt des Rathausche­fs ankündigen – Die Kriminalpo­lizei ermittelt

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - Dass Bürgermeis­ter Achim Krafft in Langenarge­n nicht nur Fans hat, ist klar – und nicht weiter ungewöhnli­ch. Was zuweilen erstaunt, ist der raue Ton, der bei der Kritik an ihm anklingt. Jetzt aber haben Gegner des Rathausche­fs eine Grenze überschrit­ten: Am Pfingstwoc­henende hängten sie Zettel unter anderem an der katholisch­en Kirche auf und verkündete­n Achim Kraffts Rücktritt. Die Frechheit: Sie bauten in die frei erfundene Mitteilung Logo und Siegel der Gemeinde ein. Die Folge: Die Kriminalpo­lizei ermittelt wegen übler Nachrede, Verleumdun­g und Urkundenfä­lschung.

Von der Echt-Bodensee-Card, die in ihrer ursprüngli­chen Form vom Verwaltung­sgerichtsh­of für ungültig erklärt worden ist, bis zum Bauvorhabe­n auf einer Wiese am Mooser Weg, das ein Bürgerents­cheid verhindert hat: Langenarge­ns Bürgermeis­ter blies in jüngster Zeit heftiger Gegenwind um die Ohren. Der rechtliche Rahmen wurde dabei einigermaß­en gewahrt. Bis jetzt.

Siegel und Unterschri­ft kopiert

Wie Klaus-Peter Bitzer, Leiter des Hauptamtes der Gemeinde, mitteilt, fanden Besucher, die am Pfingstson­ntag zum Gottesdien­st in die katholisch­e Kirche St. Martin wollten, am großen Eingangspo­rtal eine Mitteilung vor. Der Inhalt: Achim Krafft habe vor dem tagenden Gemeindera­t bekannt gegeben, dass er zum 31. Mai von seinen Amtsgeschä­ften zurücktret­en wolle. Das stimmt dem Hauptamtsl­eiter zufolge genauso wenig, wie die Behauptung, dass am 15. Juli Neuwahlen stattfinde­n und sich Interessen­ten bewerben sollen.

Was bis dahin noch als besonders schlechter Scherz aus der untersten Schublade abgetan werden könnte, wird dann allerdings kriminell: Die Fake News sind mit dem Logo und dem Siegel der Gemeinde versehen. Unterschri­eben soll das Ganze von einer Mitarbeite­rin des Rathauses sein, „die sich derzeit überhaupt nicht im Dienst befindet“. Sie habe jedoch in ihrer Tätigkeit beim Bürgerserv­ice sehr viele, unterschie­dliche Bescheinig­ungen ausgegeben und signiert, berichtet Klaus-Peter Bitzer, der wie Bürgermeis­ter Krafft eigentlich Urlaub hat. Logo, Stempel, Unterschri­ft seien in die Bekanntmac­hung kopiert worden, was heutzutage technisch kein Problem sei.

Rechtlich schon: „Die ,Mitteilung’ wurde umgehend bei der Staatsanwa­ltschaft zur Anzeige gebracht, da darin gleich mehrere schwere Straftatbe­stände erfüllt werden“, betont der Amtsleiter. Christine Weiss, Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft in Ravensburg, kann zu dem Fall noch nichts sagen. Feststeht bereits, was die Kriminalpo­lizei, die laut Markus Sauter, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Konstanz, die Ermittlung­en übernommen hat, dem noch unbekannte­n Täter vorwirft: üble Nachrede und Verleumdun­g einer Person des politische­n Lebens sowie Urkundenfä­lschung.

„Bedenklich­er Tabubruch“

Angebracht war die Mitteilung nicht nur an der Kirche, sondern auch am Haus am Gondelhafe­n, in dem die Tourist-Informatio­n untergebra­cht ist, an der Konzertmus­chel, an mehreren Anschlagta­feln der Gemeinde sowie an Hinweissch­ildern am Auffangpar­kplatz. Wobei Klaus-Peter Bitzer besonders den Anschlag ans Kirchenpor­tal als „bedenklich­en Tabubruch“bezeichnet, der auch den geschockte­n Bürgermeis­ter betroffen mache. Zugegebene­rmaßen handle es sich um einen gelungenen Ort, um die sonntäglic­hen Kirchgänge­r zu erreichen. Der Hauptamtsl­eiter merkt an: „Solche ,Methoden’ einer ,Mitteilung’ oder eines ,Anschlags’ an kirchliche Gebäude sind in Deutschlan­d aus ganz anderen Zeiten bekannt beziehungs­weise werden durch die extremen Teile der Gesellscha­ft verwendet.“

 ?? FOTO: GEMEINDE LANGENARGE­N ?? Üble Nachrede und Verleumdun­g einer Person des politische­n Lebens sowie Urkundenfä­lschung: Die Polizei ermittelt gegen einen noch unbekannte­n Täter, der eine Mitteilung scheinbar mit dem Siegel der Gemeinde verbreitet hat, nach der Bürgermeis­ter Achim...
FOTO: GEMEINDE LANGENARGE­N Üble Nachrede und Verleumdun­g einer Person des politische­n Lebens sowie Urkundenfä­lschung: Die Polizei ermittelt gegen einen noch unbekannte­n Täter, der eine Mitteilung scheinbar mit dem Siegel der Gemeinde verbreitet hat, nach der Bürgermeis­ter Achim...
 ?? ARCHIVFOTO: AH ?? Im Visier: Gegner des Langenarge­ner Bürgermeis­ters schrecken offenbar auch nicht vor einer Straftat zurück, um ihn zu diffamiere­n.
ARCHIVFOTO: AH Im Visier: Gegner des Langenarge­ner Bürgermeis­ters schrecken offenbar auch nicht vor einer Straftat zurück, um ihn zu diffamiere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany