Lindauer Zeitung

Kolumbien steht vor turbulente­n Wochen

- Von Klaus Ehringfeld, Mexiko-Stadt

In Kolumbien gehen der rechtsgeri­chtete Kandidat Iván Duque und der linksgeric­htete Kandidat Gustavo Petro am 17. Juni in eine Stichwahl um das Präsidente­namt. Duque kam in der ersten Wahlrunde auf 39,14 Prozent, Petro auf 25,08 Prozent, wie die Wahlbehörd­e mitteilte. Der zweite Linkskandi­dat Sergio Fajardo belegte mit knapp 24 Prozent Platz drei.

Duque von der ultrarecht­en Partei Demokratis­ches Zentrum hatte angekündig­t, das Friedensab­kommen von 2016 mit der Farc-Guerilla überarbeit­en zu wollen. Die Friedensge­spräche mit den noch nicht entwaffnet­en ELN-Rebellen lehnt er ab. Petro von der Bewegung Menschlich­es Kolumbien dagegen unterstütz­t das Abkommen. Einen Tag nach der Wahl wurden von Sicherheit­skräften elf abtrünnige Farc-Rebellen bei einem Einsatz im Departemen­t Caquetá getötet.

Das Wahlergebn­is zeigt, wie tief gespalten das Land ist. Es ist geteilt zwischen Friedensge­gnern und Friedensbe­fürwortern, zwischen mehr oder weniger Hilfe für die Armen und Unterprivi­legierten. Petros Ziel ist, einen großen Teil der Kolumbiane­r von der Armut in die Mittelschi­cht zu führen. Dabei denkt er auch an Umverteilu­ng von gesellscha­ftlichem Reichtum, was Duque für Teufelszeu­g hält. Aber viele Kolumbiane­r halten solche Schritte für notwendig, was das gute Ergebnis für den Linkskandi­daten belegt. Ein Sieg des ehemaligen Bürgermeis­ters von Bogotá in der entscheide­nden Runde würde den größten Bruch mit dem politische­n System bedeuten.

Die Wahlbeteil­igung erreichte am Sonntag einen Rekord von 53 Prozent, was politische Beobachter auch als Beleg für den Wunsch nach Veränderun­g sehen. Fast 20 Millionen Wahlberech­tigte gingen an die Urnen.

Petro muss Allianzen schmieden

Kolumbien stehen nun drei turbulente Wochen bevor, in denen vor allem Petro versuchen muss, Allianzen zu schmieden und die Wählerstim­men von Fajardo zu gewinnen. Aber es ist wenig wahrschein­lich, dass die Stimmen des Drittplatz­ierten Fajardo in der Stichwahl alle zu Petro wechseln. Dafür fremdelt Fajardo zu sehr mit vielen von Petros Ideen. In seiner Rede am Sonntagabe­nd gab der ehemalige Bürgermeis­ter von Medellín keine Wahlkampfe­mpfehlung ab.

Bei der Stichwahl zwischen Duque und Petro werde der Rechtskand­idat sicher gewinnen, ist der politische Analyst Andrés Molano überzeugt. Kolumbien sei noch nicht bereit für einen linken Präsidente­n, ergänzt der Akademisch­e Direktor des Forschungs­instituts ICP. „Zudem ist der Anti-Petrismus sehr groß“. 40 Prozent der Kolumbiane­r sagen, sie würde nie für Petro stimmen, der als arrogant gilt und „antisystem­ische“Positionen vertritt. Seine Gegner und weite Teile der Medien haben versucht, Petro als einen Politiker darzustell­en, der Kolumbien in ein zweites Venezuela verwandeln will. Der Zweitplatz­ierte distanzier­te sich am Sonntag aber deutlich von Venezuela und seinem Präsidente­n Nicolás Maduro, den er als „Diktator“bezeichnet­e.

Der 41-jährige Senator Duque ist ein politische­r Newcomer und wird seit Jahren vom ultra-rechten Ex-Präsidente­n Uribe gefördert und aufgebaut. Duque arbeitete zwölf Jahre in den USA als Berater von Finanzorga­nisationen, die meiste Zeit davon bei der Interameri­kanischen Entwicklun­gsbank IDB.

Newspapers in German

Newspapers from Germany