Hallo und Halleluja
Auch auf die Gefahr hin, der Pingeligkeit geziehen zu werden, wollen wir uns heute einem speziellen Thema zuwenden: den Umgangsformen beim Schriftverkehr in Zeiten der E-Mails. Denn da ist einiges in Bewegung.
Im Postfach für diese Sprachglosse etwa landen zig Mails, die zwar mit Namen unterzeichnet sind, aber bei denen der Wohnort des Schreibers im Dunkeln bleibt: Mit freundlichen Grüßen Hans Müller. Ob dieser Hans Müller in Biberach wohnt oder in Tuttlingen, in Ellwangen oder Lindau, was uns ja interessieren könnte, erfahren wir nicht. Dabei gibt es eine einfache Lösung: In jedem Mail-System lässt sich leicht eine Signatur einbauen, also ein Block mit Name, Adresse etc., der dann automatisch auftaucht, wenn man in die Tasten greift.
Nun ist dieses Manko eine lässliche Sünde. Schlichtweg unhöflich sind hingegen Mails ohne Anrede, und auch an denen ist beileibe kein Mangel. Schreiben Sie mal etwas über die Artikel von Flussnamen! So fällt da einer sofort mit der Tür ins Haus – und die Lust, hierauf zu reagieren, wird dadurch nicht gefördert.
Generell häufen sich bei uns die Anrede-Varianten. Sehr geehrter Herr Maier ist zwar immer noch die respektvolle Art der Kontaktaufnahme. Aber viele empfinden sie mittlerweile als zu altertümlich-gespreizt, was
Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutungen und Schreibweisen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.
nicht verwundert in einer Gesellschaft des zunehmend lockeren Umgangstons. Liebe Frau Müller ist weiterhin gebräuchlich. Allerdings hat diese Anrede für immer mehr Zeitgenossen eine etwas biedere Anmutung. Das Gleiche trifft übrigens auf eine Form wie Lieber Hans im persönlichen Briefwechsel zu. Als einen Ausweg bei offizieller Korrespondenz sehen heutzutage immer mehr Schreiber die Variante Guten Tag, Frau Müller, wobei sich das etwas sperrig liest – und absurd wirkt, wenn man die Mail um Mitternacht öffnet. Über die flippige Variante Hi – wie so vieles ein Tribut an den American way of life – müssen wir uns nicht lange auslassen. Sie kommt eigentlich nur für sehr private Mails infrage.
Im Vormarsch ist seit geraumer Zeit Hallo, in privaten wie in offiziellen Mails, also auch, wenn der Schreiber den anderen siezt. Ob man sich damit anfreundet, ist Geschmackssache. Früher wurde übrigens bei Guten Tag, Herr Maier auf jeden Fall ein Komma gesetzt und analog dazu auch bei Hallo, Hans. Inzwischen ist der Duden eingeknickt. Man kann das Komma heute also setzen oder auch nicht – wieder ein Beispiel für die unlängst hier beklagte Tendenz zur Wahlfreiheit bei der Rechtschreibung, die eher verunsichert.
Apropos: Woher stammt eigentlich dieses Allerweltswort hallo? Es könnte auf ein althochdeutsches halon für rufen, holen zurückgehen, mit holla (hol über!) zu tun haben, wie man den Fährmann rief, und mit dem englischen hello. Dieses hello war 1877 auch das erste Wort, das Thomas Alva Edison mit dem von ihm erfundenen Phonographen aufzeichnete und das sich dann als Begrüßung am Telefon einbürgerte. Aber auch mit dem hebräischen Wort halal für preisen, loben wird hallo in Verbindung gebracht. Damit wäre es verwandt mit halleluja (preiset den Herrn!).
Das würde dann jede Anrede adeln – ob mit oder ohne Komma.