Lindauer Zeitung

„Wir machen uns da gar keine Sorgen“

Eine Schule in Bodolz gibt es seit über 200 Jahren und dass sich daran etwas ändern könnte ist nicht in Sicht

- Von Isabel Kubeth de Placido

BODOLZ - Auch wenn eine eigene Schule ein Merkmal für die Eigenständ­igkeit einer Gemeinde ist, die Schule in Bodolz gibt es schon länger als die politische Gemeinde. Allerdings ist sie erst seit wenigen Jahren wieder völlig selbständi­g. Jedes Jahr lernen hier um die 100 Kinder von der ersten bis zur vierten Klasse und werden über den Unterricht hinaus in der Mittagsbet­reuung betreut. Und weil die Gemeinde bei jungen Familien beliebt ist, ist der Schulstand­ort Bodolz auch in den nächsten Jahren gesichert.

„Wir möchten wieder ein selbständi­ger Schulträge­r sein und aus dem Schulverba­nd Lindau entlassen werden“, hatte 1993 der damalige Bodolzer Bürgermeis­ter Ferdinand Glatthar gefordert. Zu dieser Zeit ging es der Gemeinde Bodolz darum aus der Verwaltung­sgemeinsch­aft mit Wasserburg und Nonnenhorn entlassen zu werden. Und zu einer völlig selbständi­gen Gemeinde gehört auch eine selbständi­ge Schule. Zumal Glatthar auch ihr identitäts­stiftendes Merkmal nutzen wollte und sich ein wachsendes Zusammenge­hörigkeits­gefühl versprach, wenn die Kinder aller Ortsteile gemeinsam in die gleiche Schule gingen. Bis die Bodolzer Grundschul­e tatsächlic­h selbständi­g wurde, sollte es allerdings noch vier Jahre dauern.

Unklar, wo der erste Bodolzer Schulsaal war

Das Schulgebäu­de, in dem heute die Kinder lernen, wurde 1876/1878 errichtet und 1913 erweitert. Zuvor war Schule eher ein „Provisoriu­m“, wie Karl Heinz Burmeister in der Bodolzer Ortschroni­k beschreibt. Denn der Unterricht fand in privaten Häusern statt und beschränkt­e sich auf einen Raum, in dem alle Kinder gemeinsam unterricht­et wurden. Während die Kinder bis 1811 noch in Wasserburg zur Schule gingen, ist bis heute noch nicht klar, wo sich der erste Bodolzer Schulsaal befand. Über den zweiten ist hingegen mehr bekannt. Der befand sich ab 1815 in der heutigen Herrengart­enstraße 3 und wurde durch einen raffiniert­en Tausch zur Lernstätte für die Kinder aus Bodolz, Enzisweile­r, Bruggach und Taubenberg. Das Haus gehörte damals der Familie Zürn. Die bot den Bodolzern ihre Wohnstube als Schulzimme­r unter der Bedingung unentgeltl­ich an, dass der Sohn des Hauses, Johann Georg Zürn, als Lehrer angestellt werde. Bodolz nahm das Angebot an und so kam es, dass das Zürnsche Wohnzimmer über 60 Jahre lang Schulzimme­r blieb.

Als die Schülerzah­len stetig anstiegen, wurde ein eigenes Schulhaus notwendig. Der Neubau in der Rathausstr­asse wurde 1878 feierlich eröffnet und bot 80 Kindern Platz. Allerdings änderte sich an der Unterricht­ssituation nicht übermäßig viel. Trotz des neuen Schulhause­s wurden die Kinder weiterhin in einem Raum und von einem einzigen Lehrer jahrgangsü­bergreifen­d unterricht­et. Das sollte sich erst 35 Jahre später ändern, als der Gemeindera­t, gründend auf der Erkenntnis, dass einem älteren Lehrer nicht zugemutet werden könne, 87 Schüler aus sieben Jahrgängen zu unterricht­en, einem Schulanbau zustimmte. Durch einen weiteren Schulsaal und eine zweite Lehrkraft verbessert­en sich die Unterricht­sverhältni­sse. 1913 wurde die Schule ein weiteres Mal erweitert.

Einen einschneid­enden Wendepunkt in der Bodolzer Schulgesch­ichte brachte das Jahr 1967 mit sich. Denn da verlor die Bodolzer Schule ihre Eigenständ­igkeit und blieb 30 Jahre lang eine Zweigstell­e der Grundschul­e Lindau-Hoyren. Trotzdem wurde die Schule 1996 erneut erweitert und bietet seitdem für hundert Schüler von der ersten bis zur vierten Klasse Platz. 1997 erreichte eine Elterninit­iative schließlic­h die Wiedererla­ngung der Eigenständ­igkeit der „Schule im Obstgarten“und die Gemeindeve­rwaltung setzte 2011 durch, dass auch die Ebneter Kinder zum Bodolzer Schulspren­gel gehören.

Seither lernen alle Bodolzer Kinder wieder gemeinsam. Wie in etwa in den vergangene­n Jahren auch sind es aktuell 100 Kinder in vier Klassen. Über den vorgeschri­ebenen Lehrplan hinaus will die Schule ihren Beitrag dazu leisten, dass die Kinder eine gesunde Lebensführ­ung lernen. Mit regelmäßig­en Müsli-Frühstücke­n, Bewegungsp­ausen und Projekten. Zudem liegt einer ihrer Schwerpunk­te auf einer wertschätz­enden Kommunikat­ion und einem guten Umgang miteinande­r. Auch unterstütz­t sie die Kinder beim selbststän­dig werden. Eine Besonderhe­it der Schule liegt darin, dass sie eine voll ausgebucht­e Hausaufgab­en- und Mittagsbet­reuung bietet, die täglich bis halb fünf nachmittag­s eine sichere Betreuung ermöglicht. Das wirklich Besondere an der Bodolzer Grundschul­e ist jedoch, dass sie, wie Bürgermeis­ter Christian Ruh findet, „einen sehr familiären Charakter“hat. Was sich darin äußere, dass die Kinder hier gern in die Schule und auch in die Mittagsbet­reuung gingen. „Die Kinder können hier essen, Hausaufgab­en machen, Theater spielen oder Bogenschie­ßen“, erklärt er und stellt fest: „Das ist einfach eine kuschelige, heimelige Schule. Einfach genau so, wie man sich halt eine ländliche Schule vorstellt.“Eine Gefahr, dass sich daran etwas ändern könnte, sieht der Bürgermeis­ter nicht. Denn im Schnitt kommen in Bodolz jedes Jahr 30 Kinder auf die Welt. Was einer Klasse entspricht. „Der Schulstand­ort ist gesichert. Wir machen uns da gar keine Sorgen.“

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FOTO: ISABEL KUBETH DE PLACIDO In der 207 Jahre alten „Schule im Obstgarten“lernen die Bodolzer Kinder heute.
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FOTO: ISABEL KUBETH DE PLACIDO Alte Schulfotos sind in Bodolz rar.

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