Bayerisches Kabinett beschließt Asylplan
Zentrales Element der bayerischen Flüchtlingspolitik sind die Ankerzentren
MÜNCHEN - Der Freistaat Bayern macht ernst mit der Umsetzung der neuen Möglichkeiten, die der Koalitionsvertrag auf Bundesebene für den Umgang mit Asylbewerbern eröffnet. Mit dem vom Landeskabinett am Dienstag verabschiedeten Asylplan mache man „Tempo für eine Asylpolitik, die Probleme nicht auf die lange Bank schiebt, sondern anpackt und löst“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in München. Der Asylplan sei auch als Blaupause für andere Bundesländer gedacht.
Ziel der Maßnahmen sei es einerseits, das Asylverfahren „jenseits des Gesetzgebungsprozesses in Berlin“erheblich zu beschleunigen und andererseits den Anreiz, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen, zu reduzieren, sagte Söder. Leider sei es noch nicht möglich, Asylbewerber an der Grenze durch die am Dienstag ebenfalls beschlossene bayerische Grenzpolizei zurückzuweisen. Bis es soweit sei, gehe der Freistaat in Vorleistung.
Zentrales Element des bayerischen Flüchtlingsplans sind die Ankerzentren, die im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbart wurden. Bayern will sieben davon errichten – eines in jedem Regierungsbezirk und das größte für bis zu 1500 Menschen in Bamberg. Jeder Asylbewerber, der Bayern zugewiesen wurde, soll dort bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Verfahrens untergebracht werden, jedoch maximal 18 Monate. Im letzten halben Jahr habe es das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) geschafft, Asylanträge nach spätestens drei Monaten zu verbescheiden, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Selbst bei einer Überprüfung durch Verwaltungsgerichte komme man zu einer durchschnittlichen Dauer von weniger als einem Jahr.
In den Ankerzentren sollen Außenstellen des Bamf sowie der Ausländer- und Sozialbehörden untergebracht werden, die bei einem erfolglosen Asylverfahren dem Betroffenen auch eine freiwillige Ausreise schmackhaft machen sollen. Anerkannten Asylbewerbern soll dort gleich der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden.
Die zweite Säule des Asylplans ist die Forcierung von Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. Der Rechtsstaat müsse dabei „genauso konsequent sein wie in anderen Bereichen“, sagte Söder. Dazu sollen zusätzliche Abschiebehaftplätze, auch in Form von Containern, entste- hen. Die damit bisher nicht befassten bayerischen Polizeibeamten sollen geschult werden, um Abschiebeflüge in von Bayern gecharterten Flugzeugen begleiten zu können. Die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern in Linienflügen scheiterten oft an Sicherheitsbedenken der Besatzung, sagte Herrmann.
SPD spricht von „Unfug“
Die Umschulung von Polizeibeamten auf „Flugbegleiter“sei „der dritte Unfug nach den angekündigten zusätzlichen Reiterstaffeln und der Wiederbelebung der bayerischen Grenzpolizei“, erklärte der Generalsekretär der Bayern-SPD, Uli Grötsch: „Wir brauchen unsere vor Ort, auf den Straßen und bei den Menschen.“
Söder hat in diesem Zusammenhang ganz andere Probleme. Vor allem viele Staaten Afrikas, die als sichere Herkunftsländer gelten, nähmen ihre Staatsbürger nicht mehr auf. Die Bundesregierung, insbeson- dere das Auswärtige Amt, sollten den Ländern klar machen, dass „Solidarität keine Einbahnstraße“sei, sagte der bayerische Regierungschef.
Schließlich will die bayerische Staatsregierung den Asylbewerbern das „Asylgehalt“, wie es im offiziellen Kommuniqué der Staatsregierung heißt, zusammenstreichen und durch Sachleistungen ersetzen. Die Anreizwirkungen, die von den Barauszahlungen an Asylbewerber in Deutschland ausgingen, sollten nicht unterschätzt werden, so Ministerpräsident Söder. In Wirklichkeit sei es eine „absolute Schlüsselfrage“.
Söder will den Asylbewerbern anstelle von Geld beispielsweise Monatskarten für den Nahverkehr oder ein kostenloses WLAN zur Verfügung stellen. Auch Chipkarten, mit denen die Asylbewerber im Einzelhandel einkaufen könnten, seien eine Möglichkeit, den Bargeldbezug zu reduzieren. Bayern will außerdem 5000 Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber schaffen und mangelnde Mitwirkung durch Reduzierung des Taschengelds sanktionieren. Andererseits entschied sich das Söder-Kabinett gegen eine reguläre Arbeitsaufnahme durch Flüchtlinge. Das würde den Anreiz noch verstärken, sagte Söder.
Söders Asylplan sei „eine Schreckensliste für Hilfesuchende, die vielleicht dem einen oder anderen Asylgegner gefällt, aber nichts effektiver, rechtsstaatlicher, schneller oder günstiger macht – und schon gar nichts menschlicher“, erklärte die asylpolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag Christine Kamm.