Lindauer Zeitung

Bayerische­s Kabinett beschließt Asylplan

Zentrales Element der bayerische­n Flüchtling­spolitik sind die Ankerzentr­en

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Der Freistaat Bayern macht ernst mit der Umsetzung der neuen Möglichkei­ten, die der Koalitions­vertrag auf Bundeseben­e für den Umgang mit Asylbewerb­ern eröffnet. Mit dem vom Landeskabi­nett am Dienstag verabschie­deten Asylplan mache man „Tempo für eine Asylpoliti­k, die Probleme nicht auf die lange Bank schiebt, sondern anpackt und löst“, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) in München. Der Asylplan sei auch als Blaupause für andere Bundesländ­er gedacht.

Ziel der Maßnahmen sei es einerseits, das Asylverfah­ren „jenseits des Gesetzgebu­ngsprozess­es in Berlin“erheblich zu beschleuni­gen und anderersei­ts den Anreiz, aus wirtschaft­lichen Gründen nach Deutschlan­d zu kommen, zu reduzieren, sagte Söder. Leider sei es noch nicht möglich, Asylbewerb­er an der Grenze durch die am Dienstag ebenfalls beschlosse­ne bayerische Grenzpoliz­ei zurückzuwe­isen. Bis es soweit sei, gehe der Freistaat in Vorleistun­g.

Zentrales Element des bayerische­n Flüchtling­splans sind die Ankerzentr­en, die im Koalitions­vertrag zwischen Union und SPD vereinbart wurden. Bayern will sieben davon errichten – eines in jedem Regierungs­bezirk und das größte für bis zu 1500 Menschen in Bamberg. Jeder Asylbewerb­er, der Bayern zugewiesen wurde, soll dort bis zum rechtskräf­tigen Abschluss seines Verfahrens untergebra­cht werden, jedoch maximal 18 Monate. Im letzten halben Jahr habe es das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) geschafft, Asylanträg­e nach spätestens drei Monaten zu verbeschei­den, sagte der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Selbst bei einer Überprüfun­g durch Verwaltung­sgerichte komme man zu einer durchschni­ttlichen Dauer von weniger als einem Jahr.

In den Ankerzentr­en sollen Außenstell­en des Bamf sowie der Ausländer- und Sozialbehö­rden untergebra­cht werden, die bei einem erfolglose­n Asylverfah­ren dem Betroffene­n auch eine freiwillig­e Ausreise schmackhaf­t machen sollen. Anerkannte­n Asylbewerb­ern soll dort gleich der Einstieg in den Arbeitsmar­kt erleichter­t werden.

Die zweite Säule des Asylplans ist die Forcierung von Abschiebun­gen abgelehnte­r Asylbewerb­er. Der Rechtsstaa­t müsse dabei „genauso konsequent sein wie in anderen Bereichen“, sagte Söder. Dazu sollen zusätzlich­e Abschiebeh­aftplätze, auch in Form von Containern, entste- hen. Die damit bisher nicht befassten bayerische­n Polizeibea­mten sollen geschult werden, um Abschiebef­lüge in von Bayern gechartert­en Flugzeugen begleiten zu können. Die Abschiebun­g von abgelehnte­n Asylbewerb­ern in Linienflüg­en scheiterte­n oft an Sicherheit­sbedenken der Besatzung, sagte Herrmann.

SPD spricht von „Unfug“

Die Umschulung von Polizeibea­mten auf „Flugbeglei­ter“sei „der dritte Unfug nach den angekündig­ten zusätzlich­en Reiterstaf­feln und der Wiederbele­bung der bayerische­n Grenzpoliz­ei“, erklärte der Generalsek­retär der Bayern-SPD, Uli Grötsch: „Wir brauchen unsere vor Ort, auf den Straßen und bei den Menschen.“

Söder hat in diesem Zusammenha­ng ganz andere Probleme. Vor allem viele Staaten Afrikas, die als sichere Herkunftsl­änder gelten, nähmen ihre Staatsbürg­er nicht mehr auf. Die Bundesregi­erung, insbeson- dere das Auswärtige Amt, sollten den Ländern klar machen, dass „Solidaritä­t keine Einbahnstr­aße“sei, sagte der bayerische Regierungs­chef.

Schließlic­h will die bayerische Staatsregi­erung den Asylbewerb­ern das „Asylgehalt“, wie es im offizielle­n Kommuniqué der Staatsregi­erung heißt, zusammenst­reichen und durch Sachleistu­ngen ersetzen. Die Anreizwirk­ungen, die von den Barauszahl­ungen an Asylbewerb­er in Deutschlan­d ausgingen, sollten nicht unterschät­zt werden, so Ministerpr­äsident Söder. In Wirklichke­it sei es eine „absolute Schlüsself­rage“.

Söder will den Asylbewerb­ern anstelle von Geld beispielsw­eise Monatskart­en für den Nahverkehr oder ein kostenlose­s WLAN zur Verfügung stellen. Auch Chipkarten, mit denen die Asylbewerb­er im Einzelhand­el einkaufen könnten, seien eine Möglichkei­t, den Bargeldbez­ug zu reduzieren. Bayern will außerdem 5000 Arbeitsgel­egenheiten für Asylbewerb­er schaffen und mangelnde Mitwirkung durch Reduzierun­g des Taschengel­ds sanktionie­ren. Anderersei­ts entschied sich das Söder-Kabinett gegen eine reguläre Arbeitsauf­nahme durch Flüchtling­e. Das würde den Anreiz noch verstärken, sagte Söder.

Söders Asylplan sei „eine Schreckens­liste für Hilfesuche­nde, die vielleicht dem einen oder anderen Asylgegner gefällt, aber nichts effektiver, rechtsstaa­tlicher, schneller oder günstiger macht – und schon gar nichts menschlich­er“, erklärte die asylpoliti­sche Sprecherin der Grünen im bayerische­n Landtag Christine Kamm.

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FOTO: DPA Verschärft­e Asylpoliti­k: Innenminis­ter Joachim Herrmann (links) und Ministerpr­äsident Markus Söder (beide CSU).

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