Bildungsplattform ist kaum zu retten
Gutachten beschreibt gravierende Mängel bei Entwicklung der Südwest-Bildungsplattform Ella
STUTTGART (kab) - Die Entwicklung der Bildungsplattform „Ella“hat laut einem Gutachten massive Mängel. Bereits im Februar sollten die Schulen in Baden-Württemberg auf das Netzwerk zugreifen können. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte die Einführung kurzfristig gestoppt. Laut der Studie sind die Mängel so gravierend, dass ein Neustart sinnvoller sein könnte. Es mangele an Transparenz, Dokumentation und Qualitätssicherung, zudem gebe es Virenschutzprobleme. Die Opposition im Landtag kritisiert Eisenmann und Digitalminister Thomas Strobl (CDU) scharf.
STUTTGART - Die baden-württembergische Bildungsplattform Ella hat gravierende Mängel, die – wenn überhaupt – nur mit großem Aufwand zu beheben sind. Zu diesem Ergebnis kommt ein externes Gutachten im Auftrag der baden-württembergischen Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. In dem Papier spricht der IT-Dienstleister DST IT-Services von zwei Möglichkeiten: entweder weiter an Ella arbeiten, oder zurück auf Anfang. Für Eisenmann ist klar: „Wir müssen im Grunde bei null anfangen.“
Bereits Ende Februar sollte Ella starten, wurde aber kurz zuvor von der Kultusministerin wegen technischer Probleme gestoppt. Aus ihrem Ärger über die unfertige Bildungscloud machte sie keinen Hehl. Ella steht für „elektronische Lehr- und Lernassistenz“. Mit ihr sollen Lehrer landesweit mit Kollegen Unterrichtsmaterial austauschen und auf digitale Medien auf dem gemeinsamen Speicher im Netz zugreifen können. Erstmals bekommen auch alle Lehrer einheitliche E-Mail-Adressen. In anderen Bundesländern gibt es digitale Infrastrukturen bereits – beispielsweise seit 2014 in Bayern.
Dokumentation: Mangelhaft
Im Gutachten beschreibt Autor Sebastian Kern Licht und Schatten. Die Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF) ist für die Entwicklung verantwortlich, arbeitete aber mit Sub- und zum Teil mit Subsubunternehmen. Den Auftrag dazu hat sie von der BitBW bekommen – einer obersten Landesbehörde, die dem Innenministerium unterstellt ist. Sie muss laut Gesetz die digitale Infrastruktur für die Landesverwaltung bereitstellen.
Was die KIVBF selbst erarbeitet hat, scheint zu funktionieren. So spricht Kern von einer soliden Cloud, das Betriebssystem und die Basisdienste seien gut realisiert. An anderer Stelle verweist er auf fehlende Transparenz und Virenschutzprobleme, Dokumentation und Qualitätssicherung seien mangelhaft. Kern wirft der KIVBF vor zu mauern. „Aktuell werden in Gesprächen Abgrenzung und Zurückhaltung signalisiert.“
Sollte an Ella festgehalten werden, sei völlig unklar, wann die Plattform eingeführt werden könne und wie leistungsstark sie sei. Er scheint kein Fan dieser Lösung zu sein, wenn er sagt, dass Ella „trotz der Maßnahmen ein Kompromiss einer potenziell besseren anderen Lösung“wäre.
Die Alternative: Alles zurück auf Anfang. Das würde laut Kern aber eine lange Phase der Neuausschreibung und Projektierung bedeuten. Auch seien die Kosten hierfür völlig unklar, so Kern. Und: „Ein anderer, neuer Partner ist auch keine Garantie für die erfolgreiche Umsetzung.“Bereits jetzt ist viel Geld geflossen. Bei der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses des Landtags erklärte Kultusministerin Eisenmann, dass Ella 2017 bereits 8,7 Millionen Euro gekostet habe. Weitere Zahlungen seien im Frühjahr gestoppt worden.
Für Eisenmann ist nach der Prüfung des Gutachtens klar: „Auf dieser Basis ist Ella gar nicht umsetzbar. Von dem Ergebnis des Gutachtens angesichts der technischen Umsetzung bin ich schlichtweg entsetzt.“Eine Prognose, wann die Schulen mit der versprochenen Bildungsplattform arbeiten können, wage sie nicht. Sie wolle nun mit dem Innenministerium prüfen, ob auf dem Entwicklungsstand aufgebaut werden könne, oder ob ein Neustart die bessere Lösung sei. „Das würde bedeuten, dass wir acht Millionen Euro abschreiben können“, sagte Eisenmann am Donnerstag in Stuttgart.
Der für die Digitalisierung zuständige Ministerialdirektor im Innenministerium Stefan Krebs erklärt, dass die Prüfung des Gutachtens noch nicht abgeschlossen sei. „Es ist übrigens alles andere als ungewöhnlich, dass es bei einem derart anspruchsvollen und ambitionierten IT-Projekt zu Herausforderungen kommt“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“.