Lindauer Zeitung

Alter Brief setzt Söder unter Druck

Die EU soll dem Freistaat den Kauf von 33 000 Wohnungen der GBW nicht grundsätzl­ich verboten haben

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MÜNCHEN (lby) - Ein bislang unbekannte­r Brief zum Verkauf der staatliche­n Wohnungsba­ugesellsch­aft GBW durch die Bayerische Landesbank sorgt für neuen Ärger für Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Dem zweiseitig­en Schreiben des früheren EU-Wettbewerb­skommissar­s Joaquín Almunia vom Dezember 2013 zufolge hatte – anders als bislang von Söder und der Staatsregi­erung behauptet – die Europäisch­e Union dem Freistaat nicht grundsätzl­ich verboten, die GBW mit ihren 33 000 Wohnungen von der eigenen Landesbank zu kaufen.

Man habe „lediglich darauf hingewiese­n“, dass es kein „überhöhtes Angebot seitens der öffentlich­en Hand geben dürfe“, schrieb Almunia an den damaligen Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer (CSU). Zunächst hatte die „Süddeutsch­e Zeitung“über den Brief, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, berichtet.

Im Januar 2012 hatte Söder, der damals als Finanzmini­ster für die Sanierung der angeschlag­enen Landesbank zuständig war, gesagt: „Die EUKommissi­on verbietet, dass der Freistaat die Wohnungen kauft.“

Dem hatte die EU bereits im November 2013 schriftlic­h widersproc­hen: Die Idee des GBW-Verkaufs sei nicht von der Kommission gekommen, „die Kommission hat von der BayernLB nur gefordert, dass sich die Bank auf ihr Kerngeschä­ft konzentrie­rt, um wieder rentabel zu werden.“

„Söders Falschspie­l ist mit Bekanntwer­den dieses Schreibens offiziell aufgefloge­n. Und damit ist auch klar: Bezahlbare Mieten sind dem CSU-Ministerpr­äsidenten ziemlich wurscht“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. Söder sei es nur um die Rettung der Bank und nicht um die Mieter gegangen.

SPD spricht von „Lüge“

„Herr Söder hat gelogen und die Mieterinne­n und Mieter verkauft“, sagte SPD-Landeschef­in Natascha Kohnen. Seine Behauptung, der Freistaat hätte die GBW-Wohnungen nicht übernehmen können, sei nun schwarz auf weiß widerlegt.

Das Finanzmini­sterium wies die Kritik umgehend zurück: „Der Erwerb der GBW-Anteile durch den Freistaat Bayern war nicht möglich.“Dann hätte ein neues Beihilfeve­rfahren gedroht. „Die Staatsregi­erung hat zum Verkauf der GBW-Anteile durch die Bayerische Landesbank im April 2013 immer die Wahrheit gesagt“, betonte der Ausschussv­orsitzende Alexander König (CSU). Das habe die Vernehmung der ersten sieben Zeugen des Ausschusse­s in dieser Woche erneut bestätigt.

Im Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags zum GBW-Verkauf spielte der Brief keine bedeutende Rolle. „Almunia ist, glaube ich, Sozialist“, von daher sei der Brief sicher politisch motiviert gewesen, um wegen des Verkaufs von Sozialwohn­ungen nicht selbst in die Schusslini­e zu geraten, sagte der frühere Vorstandsc­hef der Landesbank, Michael Kemmer, am Freitag im Zeugenstan­d des Landtags.

Kemmers Einschätzu­ng nach war der Verkauf der GBW im Jahr 2013 unvermeidb­ar und sei trotz der politische­n Brisanz in den Jahren zuvor bereits in Planungen aufgetauch­t. In einem EU-Beihilfeve­rfahren sei die Trennung der Bank von Beteiligun­gen, die nicht zum Kerngeschä­ft der Bank gehörten, zwingend vorgeschri­eben. Rund 130 Beteiligun­gen hätten neben der GBW auf der Verkaufsli­ste gestanden, „nur die zum Kerngeschä­ft gehörenden Beteiligun­gen waren vom Verkauf ausgeschlo­ssen“, betonte Kemmer.

Auch der ehemalige Vorstand Stefan Ermisch teilte Kemmers Meinung. Alles, was nicht zum Kerngeschä­ft gehörte, darunter die GBW, habe im Beihilfeve­rfahren von der Bank abgestoßen werden müssen, damit die Rentabilit­ät der Bank wieder den EU-Anforderun­gen entspreche.

Knapp sechs Wochen nach der Einsetzung des Untersuchu­ngsausschu­sses sind am Freitag neben Kemmer und Ermisch noch zwei weitere ehemalige und amtierende Vorstände der Bayerische­n Landesbank als Zeugen geladen. Das Gremium erhofft sich von den Managern Informatio­nen zu dem Verkauf.

Wegen der finanziell­en Schieflage der Landesbank nach dem Kauf der österreich­ischen Bank Hypo Alpe Adria hatte sich die Staatsregi­erung damals für den Verkauf der Landesbank­anteile an der GBW mit ihren 33 000 Wohnungen ausgesproc­hen. Die Opposition will im Ausschuss beweisen, dass die EU nicht den GBWVerkauf vorgeschri­eben habe.

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FOTO: DPA Der Kauf war im Jahre 2012 gescheiter­t.

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