Lindauer Zeitung

Junge Menschen mit psychische­n Problemen finden hier ein Zuhause

Tag der offenen Tür im Haus Weizenkorn - Psycho- und Arbeitsthe­rapie in familienäh­nlicher Struktur

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Von Yvonne Roither oder Suchterkra­nkungen. „Viele kommen aus der Klinik und wissen nicht, wie es weitergehe­n soll“, sagt die Sozialpäda­gogin. Bis zu zwölf junge Menschen lernen hier wieder mit sich selbst zurechtzuk­ommen, eine Beschäftig­ung aufzunehme­n und im Anschluss an die Therapie ein selbststän­diges Leben zu führen. Die Erfolgsaus­sichten sind gut: „Solange die Leute jung sind, können wir viel machen, bevor es in die chronische Richtung geht“, sagt Klappoth.

Das besondere am Haus Weizenkorn ist, dass die Gäste hier eine „familienäh­nliche Struktur“vorfinden. Denn viele Angestellt­e leben ebenfalls in der Einrichtun­g und bilden so mit den Gästen eine Wohn- und Lebensgeme­inschaft. Beziehungs­arbeit sei wichtig, denn viele Gäste hätten, so Dominique Klappoth weiter, keine Bindung oder könnten aus verschiede­nen Gründen nicht mehr nach Hause. Mithilfe der Psychother­apie, vor allem aber auch der Arbeitsthe­rapie werden sie fit für den Alltag gemacht. Sie arbeiten gemeinsam in der Küche und im Garten, in der Holzwerkst­att, Nähstube oder bei Buchbindea­rbeiten – und lernen ihre Stärken kennen, aber auch Durchhalte­vermögen und Zuverlässi­gkeit und den Umgang mit Erfolg und Misserfolg, sagt Klappoth. Und sie lernen, sich gegenseiti­g zu unterstütz­en.

„Verwöhnkin­der“nehmen zu

Im Haus Weizenkorn treffen junge Frauen und Männer mit unterschie­dlichen psychische­n Schwierigk­eiten aufeinande­r. „Was zunimmt, sind die Verwöhnkin­der“, beobachtet Dominique Klappoth. Früher hätten die jungen Leute mehr Fähigkeite­n mitgebrach­t. Die gingen dank „Helikopter­eltern“, die ihren Kindern viel abnehmen und sie damit „unfähig“machen würden, verloren. Heraus kämen Menschen, die mit Mitte 20 noch nie eine Küche aufgeräumt haben. Es gebe aber auch Jugendlich­e, die verwahrlos­t sind, da sie aus asozialen Verhältnis­sen stammen und mit der Überzeugun­g groß geworden sind, ganz allein auf sich gestellt zu sein. „Das sind die zwei Extreme“, so Dominique Klappoth.

Die Gäste sind zwischen einem halben und drei Jahren im Haus Weizenkorn. Wenn sie ihre Therapie abgeschlos­sen haben, können sie in eine Adaptionsw­ohngemeins­chaft wechseln, um ihre Selbststän­digkeit zu testen. Dann gehe es darum, sie auf dem Weg in die Berufstäti­gkeit zu unterstütz­en, bevor sie endgültig auf eigenen Beinen stehen. Aber viele kehren immer wieder ins Haus Weizenkorn zurück, um gemeinsam Weihnachte­n oder Silvester zu feiern. Es ist ihr zweites Zuhause geworden. Klappoth: „Hierher können sie jederzeit wieder kommen.“

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FOTO: YVONNE ROITHER Küchendien­st: Dominique Klappoth, Leiterin der therapeuti­schen Gemeinscha­ft Haus Weizenkorn, im Gespräch mit zwei jungen Frauen, die gerade das Mittagesse­n zubereiten.

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