Kempten sichert Immenstädter Geburtshilfe
Ab Herbst gibt es eine gemeinsame Hauptabteilung – Die Belegstation hat Personalprobleme
KEMPTEN/IMMENSTADT - Mitunter ist es gut, zu einer größeren Organisation zu gehören. Im Fall der Geburtsstation im Krankenhaus von Immenstadt ist das der Klinikverbund Kempten-Oberallgäu. So sichern künftig Ärzte aus Kempten die Zukunft der Immenstädter Geburtshilfe. In einer gemeinsamen Hauptabteilung sollen ab Herbst insgesamt 25 Ärzte – sechs mehr als jetzt – die beiden Standorte betreuen. Wobei in Immenstadt mindestens ein Mediziner und eine Hebamme rund um die Uhr vertreten sein werden. Für die Kemptener Ärzte stellt der Klinikverbund sogar eine Dienstwohnung bereit.
„Während an anderen Krankenhäusern die Geburtshilfen geschlossen werden, gehen wir den umgekehrten Weg – das ist wohl einmalig in Bayern“, sagte gestern stolz der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikverbunds, Gebhard Kaiser. Denn am Immenstädter Krankenhaus versorgen bisher Belegärzte die Mütter und helfen ihnen, ihre Kinder auf die Welt zu bringen. Am 1. Oktober gründen Kempten und Immenstadt die standortübergreifende Hauptabteilung. Dann stellen sieben Fachärzte in Vollzeit rund um die Uhr Gynäkologie und Geburtshilfe in Immenstadt sicher. „Eine von uns sieben Hebammen ist ebenfalls immer da“, sagt Sabine Anwander. Wobei die Hebammen freiberuflich tätig sind.
Nachdem 2005 die Geburtshilfen in Sonthofen und Oberstdorf geschlossen wurden, sicherten sechs Belegärzte deren Bestand in Immenstadt. Doch ihre Zahl nahm in den vergangenen Jahren beständig ab – bis auf derzeit drei Gynäkologen, die zudem ihre eigenen Praxen betreiben. „Es ist immer schwieriger geworden, Kollegen zu finden“, erklärten Dr. Jürgen Mende und Dr. Günther Schönfelder.
Gründe dafür gebe es genug: Bürokratie und Dokumentationsaufwand hätten genauso zugenommen wie die Anforderungen an die Behandlungsqualität. „Auch die Haftpflichtprämien sind derart stark angestiegen, dass die Einnahmen durch die Belegarzttätigkeit die Kosten für die Versicherung kaum noch decken“, erläuterte Mende. Hinzu komme laut Schönfelder, dass viele jüngere Frauenärzte den zusätzlichen Zeitaufwand und die ständigen Bereitschaftsdienste – auch nachts und an den Wochenenden – scheuten. Dies gilt offenbar nicht für die beiden langjährigen Geburtshelfer Mende und Schönfelder. Sie wollen auch künftig an der Immenstädter Klinik Babys zur Welt bringen.
Mehr Sicherheit für Schwangere
Hinzu komme eine höhere Sicherheit für die werdenden Mütter, sagte Professor Ricardo Felberbaum, künftig Chefarzt der gemeinsamen Hauptabteilung: Für Frauen, die eine problemlose Schwangerschaft erlebt haben und bei denen keine Komplikationen zu erwarten sind, „ist die Immenstädter Geburtshilfe der optimale Ort für eine Entbindung“. Dort würden zudem „gynäkologische Operationen bei gutartiger Indikation“erfolgen, entweder durch Felberbaum oder die leitende Oberärztin Dr. Marita Anwander. Ihr Oberarzt-Kollege Dr. Alexander Puhl sei für die Geburtshilfe und pränatale Untersuchungen zuständig. Bei Risikoschwangerschaften oder Frühgeburten würden die Frauen in Kempten versorgt.
Der höhere Aufwand und die größere Anzahl von Ärzten kostet den Klinikverbund auch mehr Geld. Bei der Finanzierung setzt Vorsitzender Kaiser auf einen Zuschuss durch den Freistaat Bayern. Dort gibt es ein neues Förderprogramm mit einem Topf von insgesamt 25 Millionen Euro, das die Geburtshilfen im ländlichen Raum stärken soll. So hofft Kaiser, dass ab nächstem Jahr bis zu einer halben Million Euro für die neue Hauptabteilung abfallen könnte.