Gerichtshof entscheidet im Juli
Innenministerium hatte Referendum zum Flächenfraß nicht zugelassen
MÜNCHEN (lby) - Das Schicksal des von der Staatsregierung gestoppten Volksbegehrens gegen den Flächenfraß in Bayern entscheidet sich am 17. Juli. An diesem Tag will der Verfassungsgerichtshof sein Urteil über die Klage der Initiatoren gegen die Nichtzulassung des Volksbegehrens verkünden. Die Grünen und ihre Verbündeten wollen den Flächenfraß auf fünf Hektar am Tag begrenzen – halb so viel wie bisher. Das Bündnis hatte 48 000 Unterschriften für die Zulassung des Volksbegehrens gesammelt,
MÜNCHEN (lby) - Das Schicksal des von der Staatsregierung gestoppten Volksbegehrens gegen den Flächenfraß in Bayern entscheidet sich am 17. Juli. An diesem Tag will der Verfassungsgerichtshof sein Urteil über die Klage der Initiatoren gegen die Nichtzulassung des Volksbegehrens verkünden. Das gab Gerichtspräsident Peter Küspert am Montag nach der mündlichen Verhandlung bekannt.
Die Grünen und ihre Verbündeten wollen durchsetzen, den galoppierenden Flächenfraß in Bayern auf fünf Hektar am Tag zu begrenzen – nur noch halb so viel wie bisher. Das Bündnis hatte 48 000 Unterschriften für die Zulassung des Volksbegehrens „Betonflut eindämmen“gesammelt, fast doppelt so viele wie notwendig. Neben den Grünen sind unter anderen der Landesbund für Vogelschutz und die ÖDP beteiligt.
Das Innenministerium hat das Volksbegehren nicht zugelassen – mit dem Argument, dass der Gesetzentwurf offenlässt, wie dieses Ziel konkret umgesetzt werden soll. Das ist aus Sicht des Ministeriums ein Verstoß gegen kommunale Planungshoheit ebenso wie gegen das Bestimmtheitsgebot. Dieses besagt, dass Rechtsvorschriften möglichst eindeutig sein sollen, damit die Folgen eines Gesetzes oder einer Verordnung absehbar sind. „Die Abstimmenden können nicht erkennen, was sich die Antragsteller vorstellen“, sagte Ministerialdirigent Volkhard Spilarewicz nach der Verhandlung.
GrünenFraktionschef Ludwig Hartmann argumentierte eher politisch als rechtlich: In Deutschland würden jährlich 100 Quadratkilometer Fläche zugebaut, davon 45 Quadratkilometer im Freistaat. „Bayern ist fast für die Hälfte des gesamten deutschen Flächenverbrauchs verantwortlich.“Dabei ließe sich die Betonflut leicht reduzieren. Als Beispiele nannte der Grünen-Politiker die häufig großen Parkplätze in Gewerbegebieten, dort ließen sich auch Parkhäuser oder Tiefgaragen bauen. „40 Prozent (der Fläche in Ge- werbegebieten) sind meistens Parkplätze“, sagte Hartmann.
Das Innenministerium verwies auf die rechtlichen und praktischen Probleme, die eine Beschränkung des Flächenverbrauchs auf fünf Hektar nach sich ziehen würde. So sei unklar, wie denn die fünf Hektar erlaubte Bautätigkeit auf die über 2000 bayerischen Gemeinden verteilt werden sollten, kritisierte Spilarewicz. Sein rechtliches Argument: „Der Volksgesetzgeber darf sich seiner Verantwortung nicht entziehen, indem er wesentliche Fragen der Exekutive (also der Staatsverwaltung) überlässt.“
Der Anwalt des Volksbegehrens, Franz Lindner, hielt dagegen: „Die Möglichkeit, ein Volksbegehren zu verhindern, sieht die Verfassung gar nicht vor.“In welche Richtung der Verfassungsgerichtshof tendiert, ließen Küspert und seine Richterkollegen nicht durchblicken. Nicht nur Staatsregierung und CSU lehnen ei-
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann zur Notwendigkeit des Volksbegehrens gegen Flächenfraß
ne Fünf-Hektar-Vorschrift ab, auch Städte- und Gemeindetag, Wirtschaftsverbände sowie Bauernverband sind dagegen.
Der Bauernverband spricht sich zwar immer wieder lautstark gegen Flächenfraß in Bayern aus – will das Volksbegehren in Bayern aber nicht unterstützen. Man könne sich so einer „parteipolitischen Aktion“, die im Prinzip nur auf Stimmen bei der Landtagswahl abziele, einfach nicht anschließen, hatte ein Sprecher des Bauernverbands im vergangenen Jahr gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR) erklärt.
Der Städtetag argumentiert gegen den Volksentscheid mit der Handlungsfähigkeit der Kommunen. Den Flächenverbrauch zu reduzieren sei zwar wichtig, hatte der Augsburger Oberbürgermeister und Städtetagsvorsitzende Kurt Gribl (CSU) im März gegenüber dem BR erklärt. Allerdings schieße das Volksbegehren bei der Wahl der Mittel über das Ziel hinaus. Es berühre verfassungsrechtlich garantierte Ziele wie die Schaffung bezahlbaren Wohnraums oder die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen. Und es würde die kommunale Planungshoheit einschränken.
„Bayern ist fast für die Hälfte des deutschen Flächenverbrauchs verantwortlich.“