Lindauer Zeitung

Der Wohnungsst­reit schwelt weiter

Hätte Bayern die GBW-Wohnungen kaufen dürfen? Ein Brief aus Brüssel klärt die Frage nicht

- Von Ralf Müller und unseren Agenturen

MÜNCHEN/BRÜSSEL - Der Streit zwischen CSU und Opposition über den Verkauf der einst staatliche­n Wohnungsba­ugesellsch­aft GBW durch die Bayerische Landesbank (BayernLB) im Jahr 2013 geht unaufhörli­ch weiter – befeuert durch eine neue Stellungna­hme der Europäisch­en Kommission. In dem Schreiben an den Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags, das am Dienstag publik wurde, nimmt EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager ausführlic­h zu den damaligen Abläufen Stellung. Vertreter von CSU und Opposition interpreti­erten den Brief unterschie­dlich.

Die BayernLB musste verkaufen

In dem siebenseit­igen Schreiben heißt es, zur „Wiederhers­tellung der Lebensfähi­gkeit“der BayernLB sei damals „eine Konzentrat­ion auf Kernkompet­enzen“der Bank erforderli­ch gewesen, zu denen der soziale Wohnungsba­u nicht gehört habe. Alle Beteiligun­gen, „die nicht zur Erhaltung der Lebensfähi­gkeit der Bank notwendig sind“, sollten verkauft werden, „damit die Kommission zu einem positiven Ergebnis bei der Prüfung der Zulässigke­it einer Beihilfe kommen kann“. Sich von den GBW-Anteilen zu trennen, habe die BayernLB dann „selbststän­dig entschiede­n“und vorgeschla­gen, „um eine Genehmigun­g der Beihilfe zu erreichen“. Die Frage der Notwendigk­eit des Verkaufs habe sich für die Kommission deshalb „zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens gestellt“.

Dann aber betont die EU-Kommissari­n auch, der Verkauf der GBWAnteile an den Freistaat Bayern sei damals „nicht zwingend ausgeschlo­ssen“worden. Im Rahmen eines „an Wettbewerb­sgrundsätz­en orientiert­en Bieterverf­ahrens“wäre auch der Freistaat als Käufer in Betracht gekommen. Allerdings verweist Vestager auf die damalige „Gefahr“eines neuen Beihilfeve­rfahrens im Falle eines überhöhten Kaufpreise­s.

Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der SPD, Volkmar Halbleib, kritisiert­e: „Die EU-Kommission bestätigt unseren Verdacht: Der frühere Finanzmini­ster Markus Söder hat die Wohnungen verscherbe­lt ohne Zwang durch die EU.“Dagegen betonte Alexander König (CSU), der Vorsitzend­er des Untersuchu­ngsausschu­sses ist, unter Verweis auf das Schreiben, der Verkauf sei unausweich­lich gewesen. „Die EU hat die BayernLB faktisch gezwungen, die Anteile zu verkaufen“, sagte er.

Es geht um 33 000 Wohnungen

Seit Jahren wird zwischen CSU und Opposition darüber gestritten, ob der Freistaat Bayern die GBW mit ihren fast 33 000 Wohnungen von der Bayerische­n Landesbank (BayernLB) hätte übernehmen können – anstatt die 90 000 GBW-Mieter vor dem Hintergrun­d der angespannt­en Wohnungssi­tuation den Kräften des freien Marktes zu überlassen.

Die BayernLB war im Zuge der Finanzkris­e 2008 in erhebliche Schieflage geraten und musste vom Land Bayern mit Hilfen von insgesamt rund 15 Milliarden Euro gerettet werden. Das wiederum rief die Wettbewerb­shüter der EU auf den Plan. Im Zuge eines langwierig­en Beihilfeve­rfahrens gab Brüssel schließlic­h grünes Licht für die Staatshilf­e. Voraussetz­ung damals: Die BayernLB musste sich von allen Aktivitäte­n trennen, die nicht zu ihrem Kerngeschä­ft gehören.

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FOTO: DPA CSU und Opposition streiten darüber, ob der Freistaat die GBW-Mieter den Kräften des freien Marktes überlassen musste.

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