Polizei setzt auf „Super-Recogniser“
Die Münchner Polizei arbeitet mit ausgewiesenen Gesichtsexperten
MÜNCHEN (dpa) - Ein Gesicht nur kurz sehen und es Jahre später inmitten von anderen wiedererkennen – es gibt Menschen, die das können. Diese sogenannten „Super-Recogniser“sollen der Münchner Polizei in Zukunft bei der Aufklärung von Straftaten helfen, wie Polizeipräsident Hubertus Andrä am Mittwoch ankündigte. Nach Angaben des Wissenschaftlers Josh Davis von der University of Greenwich seien Menschen mit dieser Begabung Computern deutlich überlegen. „Wir schätzen, dass ein bis zwei Prozent der Bevölkerung diese Begabung besitzen“, sagte Davis, der das Pilotprojekt in München betreut. Die Fähigkeit werde wohl vererbt.
MÜNCHEN (dpa) - Super-Recogniser: So nennen Wissenschaftler Menschen, die sich Gesichter besonders gut merken können – egal ob diese teilweise verdeckt waren, eine Begegnung Jahre her ist oder das Filmmaterial unscharf. 37 dieser Spezialisten gibt es bei der Polizei in München. Sie sollen etwa Täter auf Überwachungsvideos erkennen – woran andere Menschen und auch Computer oft scheitern.
Gesichtserkennung funktioniere zwar mittlerweile auch elektronisch, aber „Menschen schlagen die Computer bis jetzt um Längen“, sagt Josh Davis, der an der Greenwich University in London zu Super-Recognisern forscht. Der Begriff kommt vom englischen Wort to recognise, das unter anderem wiedererkennen bedeutet. Davis betreut auch das Pilotprojekt in der bayerischen Landeshauptstadt.
Bei der Londoner Polizei fand Da- vis im Jahr 2011 heraus, dass 25 Prozent aller Identifizierungen auf Überwachungsvideos auf das Konto von gerade einmal 20 der etwa 30 000 Beamten gingen. Nach Unruhen in der britischen Metropole im gleichen Jahr erkannten diese Polizisten 600 Verdächtige auf Überwachungsvideos und Fotos. Der Computer fand gerade einmal einen, wie Davis erzählt.
Auch in München hat die besondere menschliche Fähigkeit bereits bei Ermittlungen geholfen, wie Polizeipräsident Hubertus Andrä sagt. Im März 2013 habe ein Beamter einen Täter auf einem Überwachungsvideo erkannt und zudem mit mehreren anderen Straftaten in Verbindung gebracht. Als der Polizist an dem Test von Wissenschaftler Davis teilgenommen habe, sei klar geworden: Er ist ein Super-Recogniser.
Auch Kriminaloberkommissarin Christina W. hat die besondere Gabe und sagt: „Natürlich ist man stolz auf etwas, was nicht jeder hat.“Die 29-Jährige ist seit knapp zehn Jahren bei der Münchner Polizei und nahm wie 5000 ihrer Kollegen an einem freiwilligen Test teil. „Aus Neugierde“, wie sie sagt. Dass ihr Ergebnis gut sein würde, hatte sie bereits vermutet. Sie erkenne Menschen oft noch nach Jahren wieder, und trotzdem begrüße sie diese meist nicht. Denn der andere wisse in der Regel nicht mehr, wer sie sei, erzählt die Kommissarin.
Wie Christina W. und ihre Kollegen künftig eingesetzt werden, soll nun eine Projektgruppe erarbeiten. Auch eine eigene Einheit von SuperRecognisern sei in München möglich, sagt Andrä.
Warum bestimmte Menschen Gesichter besonders gut erkennen, wissen die Wissenschaftler noch nicht genau. Klar sei aber, dass man sich die Fähigkeit nicht antrainieren könne, sagt Davis. Aber Kinder von Super-Recognisern hätten die Fähigkeit oft auch – vermutlich werde sie vererbt. „Wir schätzen, dass ein bis zwei Prozent der Bevölkerung diese Begabung besitzen“, sagt Davis. Einen Test für Super-Recogniser gibt es auf der Internetseite der Greenwich University.