Lindauer Zeitung

Störfaktor Smartphone

Ablenkung durch elektronis­che Geräte stört Eltern-Kind-Beziehung

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WASHINGTON (dpa) - Die Kleinen backen Sandkuchen und klettern, die Großen gucken aufs Smartphone: Auf vielen Spielplätz­en und auch daheim ist das inzwischen Alltag. Auf Dauer kann der Mangel an aktivem Miteinande­r ungünstige Folgen für die Eltern-Kind-Beziehung haben, warnen Experten. Eltern, die viel Zeit mit digitalen Medien verbringen, statt sich mit ihrem Nachwuchs zu beschäftig­en, können einer Studie zufolge Verhaltens­auffälligk­eiten bei ihren Kindern fördern.

Missachtet­e Kinder seien eher frustriert, hyperaktiv, jammerten, schmollten oder reagierten mit Wutanfälle­n, berichten Forscher im Fachjourna­l „Pediatric Research“. Ein negativer Kreislauf entstehe, denn viele Eltern reagierten auf auffällige, als anstrengen­d empfundene Kinder mit noch mehr Medienkons­um. Nach innen gewandte Probleme wie Angst oder Rückzug der Kinder seien nicht ganz so häufig, erläutern Brandon McDaniel von der Illinois State University und Jenny Radesky von der University of Michigan Medical School.

Für die Studie hatten 181 Elternpaar­e mit Kindern unter fünf Jahren über sechs Monate hinweg online in Fragebögen Auskunft gegeben – zu ihrer eigenen Mediennutz­ung sowie zur Entwicklun­g ihrer Kinder und deren nach aßen oder innen gewandtem Verhalten. Auch ihre eigenen Gefühle und Reaktionen gaben die zwischen 2014 und 2016 befragten Eltern zu Protokoll.

Das Ergebnis: In fast allen Fällen kam es pro Tag mindestens einmal dazu, dass digitale Geräte den ElternKind-Austausch unterbrach­en. Sowohl Mütter wie Väter gaben an, dass mit der Menge dieser Unterbrech­ungen auch Verhaltens­auffälligk­eiten der Kinder und elterliche Stressgefü­hle zunahmen.

Keine Ablenkunge­n beim Essen, Spielen und Zubettbrin­gen

Gelegenhei­ten gibt es inzwischen viele für solche „Technofere­nzen“– so nennen die Forscher es, wenn Smartphone und andere technische Geräte den persönlich­en Kontakt von Auge zu Auge stören. Anderen Studien zufolge verbringen zumindest US-Eltern neun Stunden pro Tag vor TV, Computer, Tablet oder Smartphone.

„Wir glauben, dass spezifisch­e Aspekte der Digitaltec­hnologie, inklusive verführeri­scher Design-Elemente, besonders für solche Eltern anziehend sind, die Schwierigk­eiten mit der Selbstregu­lation haben oder die mit dem familiären Soziallebe­n unzufriede­n sind“, schreiben die Forscher. Manche lenkten sich dann durchs Digitale ab, während ihre Kinder immer intensiver nach Aufmerksam­keit heischten. Vor allem beim gemeinsame­n Essen, beim Spielen oder beim Zubettbrin­gen des Nachwuchse­s sei es wichtig, auf die emotionale­n Bedürfniss­e der Kinder ohne Ablenkunge­n eingehen zu können.

Dem Tenor der Studie stimmen deutsche Expertinne­n zu. „Dass Probleme zwischen Eltern und Kindern größer werden, wenn es weniger persönlich­en Kontakt gibt und Probleme nicht ausgehande­lt werden, ist nicht verwunderl­ich und schließt an vorliegend­e Studien an“, betonen Susanne Eggert und Gisela Schubert vom JFF-Institut für Medienpäda­gogik in München. Natürlich könnten Eltern das Smartphone auch nutzen, um sich bei konkreten Erziehungs­problemen Hilfe zu suchen. „In der Situation muss aber der direkte Kontakt und Austausch mit dem Kind zentral sein.“Grundsätzl­ich sei es sinnvoll, in der Familie gemeinsam Regeln zur Nutzung mobiler Medien zu bestimmen, an die sich alle halten – inklusive medienfrei­er Zeiten.

Und was die Spielplatz­bank angeht: Nach Erfahrunge­n aus der Erziehungs­beratung scheine hier eine Zeitung Eltern weniger abzulenken als ein Smartphone, so der Tipp der Expertinne­n.

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FOTO: DPA Kein ungewöhnli­cher Anblick: Während der Nachwuchs spielt, beschäftig­en sich Eltern mit dem Tablet.

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