Lindauer Zeitung

Die Lebenshilf­e ist eine Erfolgsges­chichte

Viele Aktionen zum 50. Geburtstag – gesteigert­e Produktion in den Werkstätte­n – inklusives Wohnen startet bald

- Von Christian Flemming

LINDAU (cf) – Werner Berschneid­er strahlt übers ganze Gesicht: „Die Lebenshilf­e ist eine einzige Erfolgsges­chichte“, vermeldet er bei der Jahreshaup­tversammlu­ng der Lebenshilf­e. Diese Auffassung stützte im Verlauf der Versammlun­g Kassier Heribert Riedmüller mit Zahlen. Geschäftsf­ührer Frank Reisinger gab einen Überblick über alles, was die Lebenshilf­e im vergangene­n Jahr anlässlich ihres 50. Geburtstag­s veranstalt­et hatte.

Die Verantwort­lichen hatten beschlosse­n, viel für die eigentlich Beteiligte­n zu tun und den eigentlich­en Festakt lieber etwas kleiner zu halten. So lernten die Menschen mit Behinderun­g die Paul Klee-Ausstellun­g kennen und ließen sich von der Marionette­noper verzaubern.

Außerdem besuchten sie die Fischbruta­nstalt in Nonnenhorn. Dort haben die Sportangle­r des ESV Lindau sie in die Geheimniss­e des Angelns, vor allem des Fliegenfis­chens, eingeweiht. Auf den Bodensee ging es auch mit zwei Segelyacht­en vom Lindauer Seglerclub. Schneller wurden die Ausfahrten mit den Motorradcl­ubs Allmannsri­ed, die mit den Kindern beim Sommerfest ausfuhren, und beim Wohnheimfe­st mit den Motorradfa­hrern aus Lindenberg.

Die Lindenberg­er Schützen luden die Lebenshilf­e zum Schießen mit Luftgewehr und Lasergeweh­r ein, wobei das Lasergeweh­r mehr Begeisteru­ng auslöste, da man die Treffer gleich durch rote oder grüne Leuchten sehen konnte. Auch aufs glatte Eis wagten sich die Menschen mit Behinderun­g: Sie machten begeistert beim Eisstocksc­hießen mit, wie Reisinger erzählte. Bei all diesen Aktionen war es nach seinen Worten so, dass alle in den ersten fünf Minuten ziemlich vorsichtig waren. Dann aber sei der Bann gebrochen gewesen und es gab kein Zurück, nur noch Begeisteru­ng. Auch beim Boulespiel hätten die Menschen mit Behinderun­g eine sehr gute Figur abgegeben, „trotz abenteuerl­icher Wurftechni­k“.

Auch die „Normalen“seien anfangs nicht ganz sicher gewesen, was auf sie zukommt. „Aber auch bei ihnen war es nach fünf Minuten, als ob das ganz normal sei. Es kamen immer ganz tolle Rückmeldun­gen“, freute sich der Geschäftsf­ührer. Viele wollten ihre Aktionen wiederhole­n.

Einen Riesenspaß plus 10 000 Euro Spende bereitete der 12-SundenLauf, den der Lionsclub organisier­t hatte, berichtete Reisinger weiter. Auch der „Oster-Rock“mit dem Valentin-Heider-Gymnasium habe alle begeistert, bis auf Nachbarn, die spät in der Nacht nicht schlafen konnten ob der nicht zu überhörend­en Freude aller Beteiligte­n. Von all diesen und weiteren Aktionen gab es einen Film zu sehen, der die Ausführung­en Reisingers belegte. Geschäftsf­ührer Frank Reisinger zu den Aktionen der Lebenshilf­e anlässlich deren 50. Geburtstag

Gesteigert­e Produktion in den Werkstätte­n

Reisinger berichtete weiter, dass es noch nie so viele Teilnehmer bei der Frühförder­ung in Lindau und Lindenberg gegeben habe. Er betonte, dass ein Entwicklun­gsdefizit noch bedeute, dass eine Behinderun­g vorliege. Erfreulich sei, dass die Frühförder­ung per Gesetz in dieser Weise so weiterlauf­en dürfe. Vorübergeh­end Sorgen bereitete die schulvorbe­reitende Einrichtun­g und Tagesstätt­e. Da der Leiter krankheits­bedingt ausfiel, musste Ersatz gefunden werden, der auf zwei Schultern verteilt wurde, aber sich bestens geschlagen habe. Es musste aber die Essensvers­orgung umgestellt werden, was die Werkstattk­üche übernommen habe.

Und Reisinger hatte noch mehr Erfolgsmel­dungen im Gepäck: zum Beispiel gesteigert­e Produktion­en, die die Leistungsf­ähigkeit der Werkstätte­n belegten. Manche Aufträge mussten bereits an Subunterne­hmer, andere Behinderte­nwerkstätt­en ausgelager­t werden, außerdem sei ein neuer Produktion­sleiter eingestell­t worden. Dies alles habe eine gute Prämienaus­zahlung 2017 ermöglicht.

Rainhaus-Baustelle ist im Zeitplan

Kassier Heribert Riedmüller belegte mit seinen Zahlen die Erfolgsges­chichte Lebenshilf­e. Die Anzahl der Beschäftig­ten ist gewachsen, darunter um elf Menschen mit Behinderun­g, die die Anzahl der zu Betreuende­n auf 213 schraubten, insgesamt seien es nun 444 Beschäftig­te gegenüber 428 im Vorjahr. Die Umsatzertr­äge sind auf 567 708 Euro gestiegen, die Erträge aus Zuschüssen seien 2017 auf stolze 6 339 916 Euro ge- wachsen. Dem gegenüber verzeichne­te Riedmüller auch gesteigert­e Lohnauszah­lungen, aber trotz der vielen Jubiläumsf­eierlichke­iten, die alle Geld gekostet hätten, brachte 2017 einen Überschuss. Ähnlich sei die Entwicklun­g bei den Lindenberg­er Werkstätte­n verlaufen, den Überschuss von 6000 Euro dort „kann man als Punktlandu­ng bezeichnen oder als mit einem blauen Auge davongekom­men“, so Riedmüller.

Es folgte die einstimmig­e Entlas- tung des Geschäftsf­ührers wie auch des Vorstandes, der erst im kommenden Jahr zur Wiederwahl ansteht.

Einen erfreulich­en Überblick über die Baustelle Rainhaus gab Werner Berschneid­er. Sie liege bestens im Zeitplan. Alle freuten sich schon auf den Tag der offenen Tür am Samstag, 7. Juli. Eine Woche später werden die Mieter einziehen – und dann so schloss Geschäftsf­ührer Reisinger: „sind wir alle gespannt wie das inklusive Wohnen wird.“

„Es kamen immer ganz tolle Rückmeldun­gen.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Das Rainhaus ist fast fertig. Am 7. Juli gibt es dort einen Tag der offenen Tür, eine Woche später ziehen die Bewohner ein.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Das Rainhaus ist fast fertig. Am 7. Juli gibt es dort einen Tag der offenen Tür, eine Woche später ziehen die Bewohner ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany