Lindauer Zeitung

Der Alkohol ist sein Problem

23-jähriger Somalier attackiert Mitbewohne­r mit Pfefferspr­ay – Richter von Engel gibt noch Bewährungs­strafe

- Von Julia Baumann

LINDAU - Viele Zeugen mussten nicht gehört werden, denn schon zu Beginn der Verhandlun­g vor dem Lindauer Amtsgerich­t wird deutlich: Das Problem des 23-Jährigen, der vor gut zwei Jahren als Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen ist, ist der Alkohol.

Im Rausch hatte der Somalier vergangene­s Jahr in einer Flüchtling­sunterkunf­t im Landkreis Lindau drei afghanisch­e Mitbewohne­r mit einem Pfefferspr­ay angegriffe­n. Laut Polizeiber­icht hatte er zunächst einem der Afghanen in die Augen gesprüht. Als die anderen den Streit schlichten wollten, bekamen sie auch was vom Spray ab. Während sie Polizei und Rettungsdi­enst riefen, schloss sich der Angeklagte in seinem Zimmer ein. Später behauptete er, er sei von einem Mitbewohne­r ebenfalls verletzt worden. Diese Aussage stellte sich als falsch heraus.

Das war nicht das erste und einzige Mal, dass der Angeklagte mit der Polizei zu tun hatte. Ein Polizeibea­mter berichtete vor Gericht von einem Streit während der muslimisch­en Fastenzeit. Der Angeklagte hatte einem Mitbewohne­r mit einem Schuh auf die Hand geschlagen. Eskaliert war die Situation, weil der Mitbewohne­r Hähnchen gekocht und die Küche danach nicht aufgeräumt hatte. „Der Angeklagte saß betrunken in seinem verwüstete­n Zimmer. Es gab ein massives Verständig­ungsproble­m“, sagte der Polizeibea­mte aus.

Angeklagte­r gesteht nach Absprache alle Taten

Die Zeugenauss­agen der Geschädigt­en sparte sich Richter Moritz von Engel. Denn der 23-Jährige räumte alle Taten wie angeklagt ein. Dafür hatte ihm von Engel zuvor eine Bewährungs­strafe in Aussicht gestellt. „In diesen Unterbring­ungen sind solche Fälle vorprogram­miert“, verteidigt­e Anwalt Alexander Kiss seinen Mandanten.

Doch am Ende waren sich Anwalt, Staatsanwa­ltschaft und Richter einig: Der Angeklagte, der von Deutschlan­d aus seine Frau und drei Kinder in Somalia versorgt und in Deutschlan­d fast tausend Euro Schulden bei einer Telefonges­ellschaft hat, braucht Hilfe. Richter von Engel verurteilt­e ihn zu einer Frei- heitsstraf­e von einem Jahr und einem Monat zur Bewährung.

Außerdem muss der junge Mann tausend Euro an den Club Vaudeville zahlen und eine ambulante Alkohol- und Suchtberat­ung besuchen. „Bei Ihnen ist einiges zusammenge­kommen“, sagte von Engel, der dem Angeklagte­n zwei Jahre lang einen Bewährungs­helfer zur Seite stellte. „Kurz zusammenge­fasst: Ihr Problem ist in all diesen Fällen der Alkohol. Wenn Sie das nicht in den Griff bekommen, werden wir wieder hier sitzen und dann gibt es keine Bewährung.“

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